Strategiespiel Go: Mensch gegen Maschine
9. März 2016Strategiespiele sind so alt wie die Menschheit selbst. Dem Spiel "Wei-qi" widmeten sich kluge Köpfe im alten China schon vor 4000 Jahren. Daraus entwickelte sich das heute in Japan und Korea populäre "Go". Bisher war dieses komplexe Strategiespiel mit seinen 361 schwarzen und weißen Steinen eine rein menschliche Domäne. Softwareentwickler waren immer wieder daran gescheitert, ein Computerprogramm zu entwickeln, das den enormen Kombinationsmöglichkeiten des Spiels gewachsen ist. Doch im Januar schlug die von Googles Tochterunternehmen DeepMind entwickelte künstliche Intelligenz "AlphaGo" den europäischen Meister Fan Hui. In Wettkämpfen vom 9. bis zum 15. März, die live via Youtube gestreamt werden, trifft der Computer nun auf den südkoreanischen "Go"‑Großmeister Lee Sedol.
Fortuna kann nicht helfen
Mensch gegen Maschine – das ist im Bereich des Strategiespiels nichts Neues: Der Schachcomputer Deep Blue schlug vor 19 Jahren den damals amtierenden Schachweltmeister Garri Kasparow. Gerade in Strategiespielen sind künstliche Intelligenzen dem Menschen mittlerweile meist überlegen. Aus naheliegendem Grund: Strategiespiele haben nichts mit Zufall oder Glück zu tun. Stattdessen hängt der Erfolg von einer langfristigen Planung der eigenen Spielzüge ab, bei der man vor allem auch die Handlungsmöglichkeiten des Gegenübers berücksichtigen muss. Das Ganze hat also mehr mit Mathematik zu tun als mit Intuition oder gar Glück.
Uralte Traditionen
Strategiespiele sind tief in der menschlichen Kultur verwurzelt. Schon vor Jahrtausenden bewiesen Menschen einander in Spielen ihr taktisches Vermögen und strategisches Geschick. Und zwar in aller Welt. Als eines der ältesten Strategiespiele gilt das vermutlich aus dem afrikanischen Raum stammende "Mancala", bei dem in Mulden liegende Spielstücke, zum Beispiel Bohnen, umverteilt werden müssen. Das in Afrika und Asien beliebte Spiel fand auch seinen Weg in die moderne, westliche Spielkultur: Vor allem das an "Mancala" angelehnte Spiel "Kalaha", das Mitte des 20. Jahrhunderts in den USA entwickelt wurde, ist in Deutschland bekannt. Beworben wird es von den Herstellern oft als "ältestes Brettspiel der Welt", doch der tatsächliche Ursprung der sogenannten Bohnenspiele ist wissenschaftlich nicht geklärt. Dass sie "5000 Jahre alt" seien, wie die Spielhersteller gern behaupten, ist ein werbewirksamer Mythos. Erstmals schriftlich erwähnt wird "Mancala" tatsächlich erst in dem Text eines arabischen Gelehrten aus dem 10. Jahrhundert. Spielbretter aus dem 6. bis 8. Jahrhundert wurden unter anderem in Äthiopien und Sri Lanka gefunden.
Schach: ein kriegerisches Spiel
Ähnlich alt – oder sogar noch älter – ist das vielleicht berühmteste Strategiespiel der Welt: Schach. Jahrzehntelang herrschte unter Wissenschaftlern ein Streit um die Herkunft des Schachspiels. Überzeugende Erkenntnisse förderte die Münchner Indologin und Kulturhistorikerin Renate Syed im Jahr 2002 zutage: Schach sei um 450 nach Christus in Indien entwickelt worden – und zwar auf der Basis von militärischen Lehrmethoden, stellt Syed fest. Die indischen Gelehrten hätten "im Sandkasten" komplizierte Kriegstheorien mit Figuren nachgestellt. Ursprünglich also ein militärisches Planspiel. Irgendwann habe dann einer der Gelehrten das damals in Indien gebräuchliche mit 64 Quadraten gezeichnete Spielbrett Astapada als Unterlage dafür benutzt. Von da aus war es nur noch ein Katzensprung bis zur Geburt des Schachspiels.
Digitale Spielkultur
Die Simulation von Kriegssituationen ist aber nicht nur der Ausgangspunkt von Schach, sondern typischerweise auch die Basis der meisten modernen Strategiespiele, gerade im digitalen Zeitalter. Dawn of War, Command & Conquer, Age of Empire: So heißen einige Strategiespiele der digitalen Spielwelt – und man hört ihren Titeln den Kriegsbezug an. Das taktische Spielen ist aus der Videospielindustrie seit den 1980er Jahren nicht mehr wegzudenken. Anfang der 1990er boomte beispielsweise das in der Branche legendäre Spiel "Civilization", zu dem mittlerweile der fünfte Teil erschienen ist. Auch die Strategie-Klassiker wie Schach, Dame, Schiffe versenken und Risiko haben ihren Weg in die virtuelle Welt gefunden.
Mensch gegen Maschine
Schon bald werden selbst die klügsten Strategiker wohl keine Chance mehr gegen Computer haben – zumindest nicht in "reinen" Strategiespielen. Nur bei Spielen, bei denen auch der Zufall und das Glück ein wenig mitmischen, kann der Mensch noch punkten.