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Straßburger Richter verurteilen Italien

2. März 2017

Die italienischen Behörden seien für das tragische Ende eines Falls häuslicher Gewalt verantwortlich, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.

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Europaeischer Gerichtshof- Strassburg Gerichtshofs für Menschenrechte
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in StraßburgBild: picture alliance/dpa/W. Rothermel

In Italien geht ein Mann mit einem Messer auf seine Ehefrau los. Der gemeinsame Sohn, der die Mutter schützen will, wird dabei erstochen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat nun entschieden, dass Italien mitschuldig an dem tragischen Vorfall ist und der Klägerin eine Entschädigung von insgesamt 40.000 Euro zahlen muss. Trotz langer Vorgeschichte von Misshandlungen und Anzeigen in dem Fall seien Polizei und Justiz ihrer Verpflichtung, die Familie zu schützen, nicht nachgekommen, so die Richter.

Der Ehemann konnte seine Frau unbehelligt verfolgen

Die im nordöstlichen Remanzacco lebende Frau hatte sich erstmals im Juni 2012 bei der Polizei gemeldet, weil ihr Ehemann die Tochter geschlagen habe. Im August desselben Jahres bat sie erneut um Hilfe: Ihr Mann soll sie mit einem Messer bedroht und zum Geschlechtsverkehr mit seinen Freunden gezwungen haben. Die Polizei sah den Fall mit einem Bußgeld als erledigt an. Einen Monat später zeigte die Klägerin ihren Ehemann wegen Körperverletzung, Misshandlung und Bedrohung an. Auch das führte lediglich zu einer Geldstrafe von 2000 Euro wegen Körperverletzung. Nachdem die Behörden trotz wiederholter Bitten der Klägerin um Schutz passiv blieben, ereignete sich im November 2013 schließlich das Drama, das zum Tod des Sohnes führte. 

Tötungen von Frauen durch Partner in Italien weit verbreitet

Mittlerweile wurde der Mann zu lebenslanger Haft wegen Mordes und Mordversuchs verurteilt. Seine Tat hätte durch die italienischen Behörden verhindert werden können, so der EGMR in seinem Urteil. Stattdessen habe man "de facto eine Situation der Straflosigkeit geschaffen, die zur Wiederholung der Gewaltakte beitrug".

Die Straßburger Richter werteten den Fall auch als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot. Häusliche Gewalt, deren Opfer meist Frauen seien, würden in Italien immer noch sozial und kulturell akzeptiert. Der Nachrichtenagentur Ansa zufolge kamen 2016 in Italien 120 Frauen durch die Hand ihrer Ex-Freunde, Ehemänner oder Geliebten um. Zum Vergleich: In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 74 Frauen von ihren Partnern umgebracht, so das Bundeskriminalamt. 

ie/uh (afp/dpa)