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Deutsche eroberten 1985 den Weltraum

30. Oktober 2010

Vor 25 Jahren startete die US-Raumfähre Challenger ins All. An Bord befand sich das in Deutschland entwickelte "Spacelab". Heute laufen deutsche Experimente auf der Weltraumstation ISS - bis 2015.

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Die künstlerische Darstellung zeigt einen Planeten, der seinen Heimatstern umkreist (Foto: dpa)
Fremde Galaxien bleiben TraumBild: picture alliance/dpa

Den Touchdown, die erfolgreiche Landung der "Challenger" nach genau 10 Tagen, 7 Stunden, 47 Minuten und 33 Sekunden verfolgte und koordinierte das Kontrollzentrum im bayrischen Oberpfaffenhofen ebenso wie den gesamten Flug nach dem Start in Cape Canaveral am 30.10.1985. Es gab lange Beifall und aus Houston, dem amerikanischen Kontrollzentrum, ein großes Lob für die erste Mission unter deutscher Regie mit deutscher Beteiligung an Bord. Es war die Sensation des Jahres 1985.

Die D1 Weltraum-Mission machte zwei deutsche Wissenschaftler berühmt: Ernst Messerschmid und Reinhard Furrer. Sie arbeiteten im Labor der US-Weltraumfähre. Bereits in den 1970er Jahren überlegten die Amerikaner, was den Apollo-Programmen nachfolgen könnte. Klar war damals schon, dass man aus Kostengründen Europa beteiligen musste. Frankreich und England waren noch unschlüssig, da ergriff die deutsche Politik unter Willy Brandt und Franz Josef Strauß die Chance.

Bundeskanzler Willy Brandt beim Vortragen einer Regierungserklärung (Foto: AP)
Wollte bei den USA wieder Vertrauen gewinnen: Willy BrandtBild: AP

Politik ermöglicht Weltraumforschung

Brandt wollte bei den USA wieder Vertrauen gewinnen, nachdem seine Ostpolitik, die Annäherung an die damalige Sowjetunion, in Washington für Irritation gesorgt hatte, und Strauß wollte Bayern zum Hightech-Standort ausbauen. Deutschland sollte ganz vorne mitmischen. Es ging um viel, wie Ulrich Walter, einer der späteren deutschen Weltraum-Wissenschaftler, sich erinnert, nämlich um Europas Beitrag: "Die Amerikaner haben gesagt: dann baut doch so ein Raumlabor."

Ulrich Walter schwärmt heute noch von der Ausstattung dieses Labors. Die Wissenschaftler hingen, in Schlaufen und Gürteln befestigt, vor leicht zugänglichen Regalen mit auswechselbaren Einschüben, in denen alle Experimente vorbereitet waren. Es ging um Materialforschung mit Halbleiterkristallen und seltenen Metalllegierungen. Viele Experimente sollten untersuchen, welchen Einfluss die Schwerelosigkeit auf den Körper des Menschen hat. Unvergessen sind die Bilder von Flüssigkeiten, die im Weltraumlabor herumwaberten, während die Wissenschaftler versuchten, diese nur mit dem Mund wieder einzufangen.

Über 70 Experimente in zehn Tagen

Crew der Challenger mit Ernst Messerschmid und Reinhard Furrer (Foto: NASA)
Crew der Challenger mit Ernst Messerschmid und Reinhard FurrerBild: NASA-JSC

Ernst Messerschmid erinnerte sich auf einer Jubiläumsveranstaltung zur D1 Mission in Bremen: "Wenn ich an die Mission vor 25 Jahren denke, dann habe ich zwar überwiegend gute und schöne Erinnerungen in meinem Kopf, aber auch ein Stress, den ich in meinem Leben vorher nie zuvor erfahren hatte. Ulrich Walter, heute Leiter des Lehrstuhls für Raumfahrttechnik der Technischen Universität München, wird noch deutlicher: "Es gab einen Tagesplan, da war jede Minute verplant, jede Minute in den 24 Stunden. Es wurde rund um die Uhr gearbeitet, um wirklich das Allerletzte aus so einer Mission rauszuquetschen."

Zwangspause nach Absturz der "Challenger"

Die D1 Mission war erfolgreich und sollte fortgesetzt werden. Doch nur wenige Wochen, nachdem die US-Raumfähre die deutschen Forscher ins All transportierte, explodierte sie mit einer amerikanischen Besatzung. Ernst Messerschmid war erschüttert: "Das hat uns vor Augen geführt, welches persönliches Glück wir hatten und für die Menschen allgemein, dass Raumfahrt eben nach wie vor gefährlich ist." Erst fünf Jahre nach diesem Unglück konnten die ersehnten Fortsetzungen der deutschen Weltraummission erfolgen.

Raumfähre Challenger 73 Sekunden vor der Explosion (Foto: AP)
Raumfähre Challenger 73 Sekunden vor der ExplosionBild: AP/NASA

Für das deutsche Forschungslabor "Spacelab" gab es in 15 Jahren 22 Einsätze. 1997 installierte der deutsche Astronaut Reinhold Ewald das erste im All verbleibende Labor direkt an der Raumstation ISS. Seitdem laufen dort auch in Deutschland entwickelte Experimente. Zunächst ging dies nur per Fernsteuerung halbautomatisch, weil zur Bedienung des Labors nur ein Wissenschaftler bereit stand, während die anderen beiden Personen der ISS-Besatzung sich um die Raumstation selbst kümmern mussten. Seit der Aufstockung der ISS-Crew auf sechs Personen sind jetzt gut überwachte Langzeitexperimente möglich.

Die Zukunft steht in den Sternen

Derzeit verfolgen deutsche Wissenschaftler den Test mit einem Roboter für die Lebensfähigkeit von fernsteuerbaren technischen Hilfen im All. Großes Interesse gilt auch dem Einfluss einer dauerhaften Strahlung auf den Menschen. Für das Experiment wurde ein menschliches Skelett mit Sensoren versehen und in Harz eingegossen. Das Harz simuliert Haut und Fleisch, die normalerweise ein Skelett umgeben. Die Konstruktion wurde direkt der Strahlung aus dem All ausgesetzt. Etliche Versuche galten den Aggregatzuständen. Wir kennen "fest", "flüssig" und "gasförmig". Unter Leitung der deutschen Max Planck Gesellschaft wurde der Zustand "Plasma" entdeckt und beschrieben.

Ein Astronaut mit Helm (Foto: DW)
Deutsche Wissenschaftler wollen auch nach 2015 im Weltraum forschen

Im nächsten Jahr werden die Amerikaner die Space Shuttle Flüge einstellen. Dann würden russische und japanische Trägersysteme die deutschen Experimente hin und hertransportieren. Bis 2015 profitiert die deutsche Weltraumforschung von nationalen Mitteln aus dem Forschungsetat von rund 150 Millionen Euro und einem europäischen Budget von rund 500 Millionen Euro.

Die Fördermittel werden nicht nur im All verwendet. Am Boden entwickelte das deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) neue ultraleichte, gesteuert auffaltbare Sonnen- und Energiesegel. Denkbare Einsatzgebiete wären Flüge zum Merkur, also in die inneren Bereiche des Sonnensystems, aber auch in den Asteroidenhauptgürtel. Was zunächst nur auf Parabelflügen ausprobiert wurde, müsste noch im All getestet werden. Von der Politik erwarten wir dazu grünes Licht, sagt Professor Joachim Block von der DLR. Einen deutschen Raumgleiter wird es auf jeden Fall nicht geben und so werden die nächsten Countdowns wohl in Japan oder Russland stattfinden.

Autor: Wolfgang Dick

Redaktion: Pia Gram