Europa träumt vom Mond
20. Juli 200940 Jahre nachdem der erste Mensch seinen Fuß auf den Mond setzte, haben die Europäer den hell leuchtenden Erdtrabanten wieder ins Visier genommen. Europäische Astronauten träumen schon lange von einer eigenen Expedition zum Mond. Die könnte jetzt Realität werden.
Die Europäische Raumfahrtagentur (ESA), die von den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union finanziert wird, hat im Mai 2009 sechs neue Astronauten rekrutiert. Sie sollen bis 2013 für Flüge zur internationalen Raumstation (ISS) ausgebildet werden. ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain kündigte bei der Vorstellung der Weltraum-Rekruten an, dass diese Astronauten "für eine Generation stehen, die den Schritt von der der erdnahen Umlaufbahn zum Mond machen wird."
Das beste Raumschiff, das die europäischen Staaten bislang entwickelt haben, ist das Automatische Transport Vehikel (ATV), mit dem bis zu zehn Tonnen Nutzlast zur Internationalen Raumstation gebracht werden können. Das ATV kann allerdings bislang nur Material ins All transportieren. Der Rückweg - vom All auf die Erde - funktioniert noch nicht.
Kapsel statt Zylinder
Evert Dudok, Präsident der Firma EADS Astrium, geht davon aus, dass der Transport von Lasten aus dem Weltall zurück auf die Erde bald möglich sein wird. Astrium ist ein Ableger des Europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS. Astrium-Chef Evert Dudok glaubt, dass man die heutige zylindrische Form des europäischen Raumschiffs in eine Kapselform ändern könnte. Diese Kapsel könnte dann, ähnlich wie Apollo 11, zur Erde zurückkehren. "Die Kapsel würde mit Fallschirmen abgebremst und dann im Ozean landen", sagt Evert Dudok.
Die größte technische Herausforderung ist die Entwicklung eines Hitzeschildes, das die Kapsel beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre vor dem Verglühen bewahren würde. Es gibt bereits erste Pläne für einen solchen Schild. In der so geschützten Kapsel sollen dann auch Menschen transportiert werden.
Unabhängige europäische Expeditionen ?
Der Bau eines bemannten Raumschiffs wäre die Voraussetzung für unabhängige europäische Raumflüge. Europa wäre dann nicht mehr von den USA oder Russland abhängig, um Astronauten ins All zu schicken. Johann-Dietrich Wörner, Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, geht davon aus, dass Amerika und Russland bald eingeholt werden könnten, wenn sich die Europäer ein wenig mehr anstrengten: "Eine weitere Entwicklung auf dieses Niveau hin würde natürlich bedeuten, dass wir uns klar als Partner für künftige Reisen im Weltall positionieren." Es sei wichtig, diesen Schritt genau jetzt zu machen, glaubt Professor Wörner.
Deutschland hat eigene Pläne für eine Mission zum Mond wegen der hohen Kosten auf Eis gelegt. Deutsche Wissenschaftler hegen aber nach wie vor großes Interesse daran. Der frühere deutsche Astronaut Ernst Messerschmid, der 1985 mit dem US-Space-Shuttle unterwegs war, sagt, der Mond berge noch viele Geheimnisse, auch nach den Apollo-Landungen. Er ist der Ansicht, dass Apollo fast zu schnell und zu erfolgreich war. Danach wurden alle Pläne für weitere Mondlandungen aufgegeben. "Dabei wäre ein Trip zum Mond der nächste logische Schritt nach der Einrichtung der permanenten Weltraumstation ISS", sagt Ernst Messerschmid.
Bei der nächsten Reise zum Mond hoffen die europäischen Wissenschaftler, dann mit dabei sein zu können.
Autor: Dirk Lorenzen/Bernd Riegert
Redaktion: Julia Kuckelkorn