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Stahltrichter bedeckt das "Horizon"-Leck

8. Mai 2010

Der Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko ist einen wichtigen Schritt vorangekommen: Experten ist es gelungen, eine Stahlkuppel über dem Leck auf dem Meeresgrund zu platzieren. Dicht ist es damit aber noch nicht.

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Stahlkuppel (Foto: AP)
Sitzt jetzt fest auf dem Leck: die StahlkuppelBild: AP

Es ist geschafft. Erstmal. Nach einem tagelangen Manöver sitzt die gigantische Stahlglocke jetzt auf den sprudelnden Bohrlecks im Golf von Mexiko. Sie soll den anhaltenden Ölaustritt nach dem Untergang der Plattform "Deepwater Horizon" eindämmen. Die Experten hoffen, dass die wie ein Trichter funktionierende Kuppel Anfang kommender Woche einsatzbereit ist. Die 100 Tonnen schwere Kuppel soll rund 85 Prozent des Öls der beiden noch offenen Lecks sammeln. Aus der Stahlglocke könnte dies dann in Frachter abgesaugt werden. Allerdings ist der Ausgang der Mission ungewiss, da die Experten bisher noch keine Erfahrung mit dem Einsatz solch einer Kuppel in so großer Wassertiefe haben.

Das Experiment mit der Stahlkuppel gestaltete sich am Ende immer schwieriger. Je näher die Kuppel am Samstag (08.05.2010) ihrem Ziel kam, desto komplizierter und damit auch langwieriger wurde die Arbeit: Schließlich musste der Stahlbehälter genau über die undichte Stelle im Meeresboden manövriert werden – eine ferngesteuerte Präzisionsarbeit mit Hilfe von Robotern.

Ölteppich (Foto: AP)
Der Ölteppich hat Land erreicht: ausgerechnet in einem empfindlichen NaturschutzgebietBild: AP

Öl im Naturschutzgebiet

Dabei wird es immer dringender, das Hauptleck abzudichten: Am Donnerstag hatte der Ölfilm erstmals Land erreicht. Eine rosafarbene dünne Brühe aus Öl, Wasser und Chemikalien, die BP zum Zersetzen des Ölteppichs einsetzt, erreichte die Chandeleur Islands. Das ist eine kleine unbewohnte Inselkette vor Louisiana mit einem reichen Vogelbestand. Das Öl schwappte zunächst auf Uferteile der Freemason-Insel an der Südspitze der Kette, etwa 45 Kilometer vom Festland entfernt.

"Auch wenn das Ausströmen des Öls jetzt aufgehalten werden kann, wird die Ölpest einen beträchtlichen Einfluss auf die Umwelt haben", sagte der stellvertretende Leiter der Umweltschutzbehörde EPA, Bob Perciasepe. "Wir können nur versuchen, das Ausmaß der Schäden zu verkleinern." Nach Angaben der US-Küstenwache wurde bei Beobachtungsflügen in der Nähe der Chandeleur Islands auch "schwereres Öl" entdeckt. Helfer hatten unmittelbar nach Entdeckung der ersten Ölspuren an den Ufern mit dem Auslegen schwimmender Barrieren begonnen.

So groß wie ein Mehrfamilienhaus

Das Hauptaugenmerk galt aber dem Manöver mit der Kuppel auf dem Meer: Derartige Stahlkonstruktionen sind zwar in der Vergangenheit schon einige Male eingesetzt worden, aber noch nie in einer solchen Tiefe - 1500 Meter unter dem Meeresspiegel.

Stahlkuppel (Foto: AP)
Gelingt das Experiment mit dem Trichter?Bild: AP

Die Kuppel ist etwa so hoch wie ein vierstöckiges Haus. Geht alles glatt, wollen Experten sie mit einem Bohrschiff verbinden. Dann würde das in dem Behälter aufgefangene Öl durch ein Rohr aufgesaugt. Gelingt das Manöver, will BP eine weitere kleinere Kuppel über ein zweites Leck in der Tiefseeleitung stülpen. Ein kleiner Riss war bereits von einem Unterwasser-Roboter geschlossen worden.

Kosten: Mehrere hundert Millionen Euro

Seit die von BP geleaste Bohrinsel am 22. April gesunken ist, sprudeln täglich mindestens 700 Tonnen Rohöl ins Meer. Der Rückversicherer Munich Re schätzte am Freitag, dass der Untergang der Ölplattform einen niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag kosten werde, davon 60 Millionen Euro für den reinen Sachschaden.

Der BP-Konzern sagte wegen der Ölpest die Jahrespressekonferenz seiner deutschen Tochter ab. Auch in Deutschland müssten einige Ressourcen auf die Bewältigung der Situation ausgerichtet werden.

Die Ölpest hat auch Auswirkungen auf die Energiepolitik von US-Präsident Barack Obama. Er hatte kurz vor dem Unglück eine energiepolitische Kehrtwende vollzogen und nach jahrelangen Debatten doch Ölbohrungen vor den Küsten genehmigt. Das Innenministerium legte nun am Donnerstag öffentliche Anhörungen zu geplanten Probebohrungen und seismischen Tests vor der Küste des Bundesstaates Virginia auf Eis.

Autor: Manfred Götzke (dpa, afp, rtr)

Redaktion: Martin Schrader