Springer hofft nun auf die Politik
24. Januar 2006Das Bundeskartellamt hat am Montag (23.01.) wie erwartet die Übernahme der Fernsehgruppe ProSiebenSat.1 AG durch den Verlag Axel Springer untersagt. Die Kartellwächter hatten ihr Veto gegen den Einstieg des Springer-Konzerns in das Fernsehgeschäft mit einer dann zu großen Medien- und Werbemacht des Zeitungsverlages begründet.
Nicht genehmigungsfähige Marktmacht
Die Übernahme von ProSiebenSat.1 habe der Axel Springer AG, dem größten deutschen Zeitungshaus, daher aus Wettbewerbssicht untersagt werden müssen, sagte Kartellamtspräsident Ulf Böge am heutigen Dienstag (24.1.) in Bonn. Eine Fusion des Springer-Konzerns mit dem größten privaten deutschen TV-Konzern hätte auf dem Fernseh-Werbemarkt, dem Lesermarkt für Boulevardzeitungen sowie dem Zeitungs-Anzeigenmarkt zu einer "nach dem Kartellrecht nicht genehmigungsfähigen Marktmacht" geführt.
Springer gibt nicht auf
Nach dem Fusionsverbot durch das Bundeskartellamt hat Springer-Chef Mathias Döpfner nun angekündigt, alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel und Optionen zu prüfen. Dazu gehört, binnen vier Wochen Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf einzureichen. Ein Rechtsstreit könnte bis zum Bundesgerichtshof gehen. Daneben hat Springer die Option, bei Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) eine so genannte "Ministererlaubnis" zu beantragen, mit der der Beschluss des Kartellamts außer Kraft gesetzt werden könnte.
Ministererlaubnis politisch umstritten
Eine Ministererlaubnis kann nach Paragraf 42 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf Antrag der fusionswilligen Unternehmen durch den Bundesminister für Wirtschaft beantragt werden. Das Kartellamt betrachtet allein die Wettbewerbsbeschränkungen. Dagegen stehen bei der Entscheidung durch den Minister auch mögliche gesamtwirtschaftliche Vorteile des Zusammenschlusses im Vordergrund.
Hier geht es zum Beispiel um die Frage, ob Arbeitsplätze geschaffen werden, die die Wirkungen der Wettbewerbsbeschränkungen aufwiegen oder ob ein überragendes Interesse der Allgemeinheit an einem Zusammenschluss besteht.
Den Antrag auf die Sondererlaubnis müsste Springer innerhalb der nächsten vier Wochen stellen. Vor seiner Entscheidung, die Michael Glos innerhalb von vier Monaten zu fällen hätte, müsste unter anderem ein Gutachten der unabhängigen Monopolkommission eingeholt werden. Diese besteht aus Wirtschafts- und Sozialexperten. An deren Votum wäre Glos jedoch nicht gebunden.
Seit Einführung der Fusionskontrolle 1973 sind insgesamt 18 Anträge auf die weltweit einmalige Ministererlaubnis gestellt worden. Wegen des erheblichen Ermessensspielraums ist die Möglichkeit des Wirtschaftsministers, ein Veto der Kartellwächter auszuhebeln, seit langem umstritten. Im Bundestag ist bereits ein Streit zwischen den Parteien über eine etwaige Springer-Ministererlaubnis entbrannt.