Somalia kämpft noch immer mit den Tsunami-Folgen
26. Dezember 2005Somalia und der Tsunami werden wohl eher als "Fußnote" in die Geschichte eingehen. Im Verhältnis zu den vielen Toten und schweren Verwüstungen in Asien scheint die Anzahl der Opfer und das Ausmaß an Zerstörung am Horn von Afrika verhältnismäßig gering. "Wir gehen von 300 Toten aus", sagt Susanne Kamp, Regionalexpertin für Ostafrika beim Deutsche Roten Kreuz. Etwa 33.000 Menschen seien direkt von der Katastrophe betroffen.
Erst Dürre, dann Flut, dann Tsunami
Doch für Somalia, das sich bereits in einer Notlage befand, waren die Auswirkungen des Tsunami verheerend. Nach einer langen Dürre-Periode hatte es wegen starker Regenfälle Überschwemmungen gegeben, von denen sich die Menschen noch nicht erholt hatten. Viele waren gerade wegen der Dürre an die Küste gezogen. Dann kam am 26. Dezember 2004 die Flut-Katastrophe.
Das UN-Welternährungs-Programm, WFP (World Food Programme), war von Nairobi aus als erste Hilfsorganisation zur Stelle, auch in Puntland, einer autonomen Region im Nordosten Somalias. "Am stärksten betroffen war die Halbinsel Hafun, die beinahe völlig überschwemmt wurde", berichtet Leo van der Velden, Stellvertretender Landesdirektor des WFP. "Häuser wurden zerstört und die Lebensgrundlage der Menschen, die Boote und Fischerei-Ausrüstung weggeschwemmt."
Schlechte Infrastruktur
Die Flutwelle hatte nicht nur ganze Ortschaften zerstört, sondern auch die ohnehin schlechte Infrastruktur. Hilfsorganisationen versuchten per Schiff und dann über weggespülte Straßen hinweg mit allradgetriebenen Lastwagen Nahrungsmittel, Medikamente und Decken in die entlegenen Gebiete zu transportieren.
Trotz dieser widrigen Umstände kamen die ersten Hilfslieferungen bereits nach zehn Stunden an. "Ich glaube, die Menschen waren sehr froh, als UNICEF und das Welternährungs-Programm direkt am Anfang erste Hilfe brachten", sagt van der Velden. "Sie wussten, dass sie nicht vergessen worden waren, während die Aufbauhilfe länger brauchte, um anzukommen."
Die Regierung regiert nicht
Bis heute sind Hilfsorganisationen in Somalia aktiv, neben dem WFP und UNICEF auch Care. Allerdings haben die Helfer mit vielen Hindernissen zu kämpfen. "Es gibt praktisch keine Regierung und keine lokalen Behörden, da regieren Clanchefs und Sippen", berichtet Axel Rottländer, Tsunami-Referent bei Care Deutschland. Wenn die Helfer zum Beispiel eine Schule bauen wollten, würden viele Fragen offen bleiben: Wem gehört das Grundstück - nicht dass man das Gebäude hinterher wieder abreißen muss? Gibt es Lehrer? Für wie viele Kinder müssen Räume eingeplant werden?
"Man kann auch kaum Nahrungsmittel verteilen, weil es keine Transportwege gibt", sagt Rottländer. "Und wenn man sich doch auf die Straße wagt, wird man oft überfallen, und die Hilfsgüter sind weg." Außerdem finde Care zu wenig lokale Mitarbeiter, die sich in Somalia auskennen: "Die wenigen, die eine Ausbildung haben, sind meistens in die arabischen Länder abgewandert."
Hilfe geht - aber nur im Kleinen
Aber sowohl das DRK, das mit dem somalischen Roten Halbmond kooperiert, als auch Care betonen: Der Aufbau macht Fortschritte. "Wir betreiben acht Kliniken in Puntland und Somaliland", erklärt Kamp. Und die seien auf sehr gutem Weg. Außerdem bilde das Deutsche Rote Kreuz Hebammen und Krankenpfleger aus. Auch Rottländer hat Positives zu berichten: "Dadurch, dass sehr viele Spenden geflossen sind, können wir mit Fischerei-Ausrüstung helfen, mit Netzen, Booten, Lagerung, Kühlung." Allerdings würden ausländische Flotten die Schwäche der somalischen Regierung ausnutzen und in Somalias Gewässern fischen.
Beide Hilfsorganisationen wollen erst mal fünf Jahre bleiben. "Man kann auf der Mikro-Ebene was tun", sagt Rottländer. "Aber ob einem hier das große Konzept gelingt, ist fraglich."