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Schwuppdiwupp durchs Fenster

21. Mai 2010

Haben die Museumsmacher es auf einen Kunstraub angelegt? Seit Monaten war die Alarmanlage im Pariser Kunstmuseum defekt. Und die fünf geklauten Bilder von Matisse, Picasso und Co. waren wohl noch nicht mal versichert.

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"La Femme a l'Eventail" von Modigliani (Foto: AP)
Sie ist weg: "La Femme a l'Eventail" von ModiglianiBild: picture-alliance/dpa

Der spektakulärste Kunstraub der letzten 20 Jahre: Da denkt man an High-Tech-Diebe, die unzählige Sicherheitsstufen überwinden, verzwickte Codes knacken und sich durch Laser-Bewegungsmelder winden. Der Kunstraub im städtischen Museum für Moderne Kunst in Paris erinnert dagegen eher an einen Kiosk-Diebstahl: Fenster einschlagen, schnell rein, Vorhängeschloss weg und mit den teuersten Exponaten wieder raus. Genau das hat die Kamera – immerhin war sie funktionsfähig, wurde aber von niemandem angeschaut – aufgenommen.

Bilderrahmen (Foto: AP)
Die Rahmen hat er da gelassenBild: AP

Möglich wurde der Museumsgau, weil die Alarmanlage in einigen Räumen des Gebäudes defekt war – und zwar schon seit zwei Monaten. Bereits Ende März sei eine Störung des Systems in einem Teil des Museums festgestellt worden, teilte Bürgermeister Bertrand Delanoë mit. Noch am gleichen Tag, dem 30. März, sei Ersatzmaterial angefordert worden. Bisher sei das Alarmsystem jedoch nicht repariert worden, erklärte Delanoë. Er sei "traurig und schockiert". Der Einbruch sei ein "Angriff auf das kulturelle Erbe" seiner Stadt, der nicht hinzunehmen sei.

Versicherung? Fehlanzeige

Doch die defekte Alarmanlage ist nicht der einzige Skandal: "Diese Objekte sind nach unserem Kenntnisstand nicht versichert", sagte Stefan Horsthemke, Managing-Direktor beim größten Kunstversicherer Axa-Art der "Frankfurter Rundschau". Die Axa-Art sei vom Museum angefragt worden, den Diebstahl mit aufzuklären. Das Museum habe die Gemälde aber nicht gegen Diebstahl versichert.

Das Fehlen der fünf Bilder im geschätzten Wert von 90 bis 100 Millionen Euro wurde nach Angaben der Ermittler am Morgen vor der Öffnung des Museums bemerkt. Unter den gestohlenen Bildern ist eines des spanischen Malers Pablo Picasso und ein Bild des Franzosen Henri Matisse. Die anderen drei Werke stammen von dem italienischen Maler Amedeo Modigliani, dem französischen Künstler Georges Braque und seinem Landsmann

Fernand Léger. Sie waren in unterschiedlichen Sälen des Museums ausgestellt. Das wertvollste ist wahrscheinlich das kubistische Bild "Le pigeon aux petits pois" ("Taube mit Erbsen") von Picasso, das auf mehr als 20 Millionen Euro geschätzt wird.

Wie im schlechten Film

Die Behörden verbreiteten die Daten der Bilder umgehend weltweit über die internationale Polizeibehörde Interpol. Ermittler verwiesen darauf, dass es sich bei Diebstählen bekannter Künstler regelmäßig um Auftragsaktionen handelt.

Polizeiauto vor Museum (Foto: AP)
Das Museum war über Monate nicht gesichertBild: AP

Die Frage ist allerdings, wozu diese Meisterwerke geklaut wurden. Denn Experten sind sicher: Die Bilder mit einem so großen Bekanntheitsgrad sind absolut unverkäuflich. Der neue Besitzer kann die fünf Bilder wegen ihrer Bekanntheit niemandem zeigen, ohne sofort aufzufliegen. Und dass ein romantischer Kunstfan hinter dem Raub steckt, ist auch so gut wie ausgeschlossen, sagen Experten. Thomas Seydoux vom Kunstauktionshaus Christie's meint, es sei schlicht eine Legende, dass Sammler Ganoven beauftragen.

In Frankreich sorgen immer wieder spektakuläre Kunstdiebstähle für Aufsehen. So konnten Unbekannte im Juni 2009 während Bauarbeiten ein kostbares Skizzenbuch von Pablo Picasso aus dem ihm gewidmeten Museum in Paris entwenden. In der Nacht zu Silvester wurde in Marseille das Bild "Les Choristes" ("Die Chorsänger") von Edgar Degas gestohlen.

Autor: Manfred Götzke (afp, dpa)

Redaktion: Sabine Oelze