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Schwieriger Start für neue Regierung im Libanon

Mona Naggar, Beirut 21. Februar 2014

Wenige Tage nach der Bildung einer neuen Einheits-Regierung explodierten in Beirut wieder Autobomben. Für Sicherheit zu sorgen wird die größte Herausforderung des neuen Kabinetts sein.

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Bombenanschlag in Beirut am 19.02.2014 - Feuerwehrleute löschen Brand (Foto: AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo

"Diese Bombenanschläge machen mich ganz nervös", sagt Nada Khalid. Am meisten sorgt sie sich um ihre beiden Kinder und deren Freunde, wenn sie ausgehen. Die 59-Jährige ist froh, dass es nach einer zehnmonatigen Blockade endlich wieder eine Regierung gibt: "Jemand muss doch die Verantwortung übernehmen."

Nada Khalid setzt wie viele andere Libanesen große Hoffnungen in das neue Kabinett, das aus Vertretern von rivalisierenden politischen Lagern besteht. Nach den vielen Autobombenanschlägen in Beirut und anderen libanesischen Städten sind die Bürger besonders besorgt über die Sicherheitslage. Doch die erste Enttäuschung musste Nada Khalid bereits am Mittwoch (19.02.2012) erleben, nur vier Tage nach der Bildung der neuen Regierung: Zwei Selbstmordattentäter sprengten sich an einer belebten Kreuzung in der Nähe des iranischen Kulturinstituts im Süden Beiruts in die Luft. Zwölf Menschen starben - darunter auch die beiden Attentäter. Die radikale sunnitische Brigade Abdallah Azzam, die Verbindungen zu Al-Kaida hat, übernahm die Verantwortung für den Anschlag.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Die politischen Entwicklungen im Zedernstaat werden vom Engagement libanesischer Gruppierungen im Syrien-Konflikt beeinflusst. Die Hisbollah gehört zu den wichtigsten militärischen Verbündeten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad: Mitglieder der schiitischen Partei kämpfen an der Seite der syrischen Armee. Junge Sunniten aus dem Libanon dagegen werden von radikalen sunnitischen Gruppierungen für den Kampf an der Seite islamischer Rebellen in Syrien rekrutiert. Einige verüben Selbstmordattentate in libanesischen Gebieten, die mehrheitlich von Schiiten bewohnt werden.

Neuer libanesischer Premier Tammam Salam (Foto: EPA)
Neuer Premier: Tammam SalamBild: picture-alliance/AA

Die letzten Monate waren von gegenseitigen Schuldweisungen zwischen den politischen Kontrahenten - der Allianz des 8. März und dem Bündnis 14. März - geprägt, die jetzt die Regierung bilden. Die Allianz des 8. März besteht aus der schiitischen Hisbollah und der christlichen Freien Patriotischen Front. Das Bündnis 14. März ist eine Koalition aus sunnitischen und christlichen Kräften. Die Hisbollah beschuldigte sie, radikale Sunniten zu decken. Im Gegenzug beschuldigte die Zukunftsbewegung - ein Mitglied des Bündnisses 14. März - die Hisbollah, den Libanon in den Krieg in Syrien hineinzuziehen. Trotz dieser Konflikte entstand eine "Regierung der nationalen Einheit". Die beiden Parteiallianzen bekommen darin gleich viele Ministerposten.

"Politischer Deckmantel für den Syrien-Einsatz"

Der Journalist Ayman Sharrouf, der für die Internetzeitung Al-Modon arbeitet, ist überzeugt, dass innenpolitische Gründe ausschlaggebend für die Einigung der politischen Gegner waren.

"Beide Seiten sind aufeinander zugegangen und haben Zugeständnisse gemacht, weil beide die Regierung jetzt brauchen", sagt Sharrouf. Die Hisbollah sei in Syrien militärisch engagiert und erlebe beispiellose Angriffe auf ihre Gebiete in und außerhalb von Beirut. "Die Partei muss reagieren, um die Glaubwürdigkeit bei ihren Anhängern nicht aufs Spiel zu setzen. Die Regierung ist für die Partei ein politischer Deckmantel für ihr Engagement in Syrien", erklärt der Journalist. Hinzu komme, dass die schiitische Partei ihre politischen Gegner mit in die Verantwortung für die Sicherheit ihrer Gebiete genommen habe. Das Innen- und Justizministerium liegen nun in den Händen von Ministern der Allianz "14. März".

Der libanesische Journalist Ayman Sharrouf (Foto: Mona Naggar)
Journalist Sharrouf: "Beide Seiten haben Zugeständnisse gemacht"Bild: DW/M. Naggar

Sicherheit als oberste Priorität

Die Vertreter aller Parteien in der neuen Regierung betonten, dass die Bekämpfung des Terrorismus oberste Priorität habe. Doch absolute Sicherheit sei nur möglich, wenn die gefährdeten Gebiete abgeriegelt würden - und das sei nicht realisierbar, gibt Journalist Sharrof zu bedenken. Die neue Regierung könnte die Kontrollen verstärken und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Sicherheitskräften besser koordinieren. "Vielleicht werden dadurch einige Anschläge verhindert. Aber das Problem der Gewalt wird dadurch nicht gelöst", meint Ayman Sharrouf. "Denn das Problem zwischen Sunniten und Schiiten liegt tiefer. Erst eine Lösung von regionaler Tragweite kann etwas bewirken. Dazu gehört auch die Entwaffnung der Hisbollah."

Benachteiligung von Frauen

Das neue Kabinett unter Führung des aus Beirut stammenden Sunniten Tammam Salam besteht aus 23 Ministern und einer Ministerin. Die 67-jährige Richterin Alice Shabtini wurde vom Staatspräsidenten Michel Sleiman nominiert. Diese gravierende Benachteiligung von Frauen in der Regierung ist keine Überraschung. Das vom Klientelismus geprägte politische System macht es Libanesinnen schwer, im politischen Leben Fuß zu fassen. Im Parlament sind nur vier von 128 Abgeordneten weiblich. Rechtsanwältin Iqbal Doghan setzt sich seit vielen Jahren zusammen mit verschiedenen Frauenverbänden für eine Frauenquote ein: "Wir fordern auch von dieser Regierung, dass sie eine Frauenquote ins neue Wahlgesetz verankert: Wir fordern 30 Prozent."

Die libanesische Frauenrechtlerin Iqbal Doghan (Foto: Mona Naggar)
Anwältin Doghan fordert eine Frauenquote von 30 ProzentBild: DW/M. Naggar

Oberste Priorität hat in den nächsten Wochen für Doghan die Verabschiedung eines Gesetzes gegen häusliche Gewalt, für das sich die Frauenverbände seit vielen Jahren einsetzen.