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Stavros Dimas, zum Ersten

Jannis Papadimitriou 17. Dezember 2014

Die Wahl des griechischen Präsidenten wurde um zwei Monate vorgezogen. Diesen Mittwoch steht der erste Wahlgang an und es gibt nur einen Kandidaten: Den ehemaligen EU-Kommissar Stavros Dimas.

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Stavros Dimas, Präsidentschaftskandidat in Griechenland (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/A. Konstantinidis

Das Staatsoberhaupt hat in Griechenland lediglich repräsentative Funktionen und wird nicht direkt von den Bürgern, sondern vom Parlament gewählt. Dazu ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich - das wären 200 Stimmen von insgesamt 300 Abgeordneten. Sollte diese Mehrheit im ersten und auch im zweiten Wahlgang nicht zustande kommen, würden in einem dritten Durchgang 180 Stimmen reichen. Falls Stavros Dimas jedoch in drei Wahlgängen scheitert, wären laut Verfassung vorgezogene Parlamentswahlen fällig. Darauf spekuliert offenbar das in allen Umfragen führende oppositionelle Linksbündnis Syriza.

"Dass die Linksopposition nicht einmal mit einem eigenen Kandidaten antritt, zeigt doch, dass sie der Präsidentenwahl ablehnend gegenübersteht und auf Neuwahlen setzt", sagt der Publizist und Politikberater Levteris Koussoulis im Gespräch mit der DW. Er hält es für eher unwahrscheinlich, dass die Regierungskoalition aus Konservativen und Sozialdemokraten unter Führung des konservativen Regierungschefs Antonis Samaras eine Mehrheit von 180 Stimmen im dritten Durchgang zusammenzimmert. Ausgeschlossen sei dies allerdings auch nicht, sagt Koussoulis. Die Richtung würde man möglicherweise schon nach dem ersten Wahlgang am Mittwoch erkennen können: "Niemand erwartet, dass Dimas mit 200 Stimmen auf Anhieb zum Staatspräsidenten gewählt wird. Aber es ist ein großer Unterschied, ob er gleich 170 Stimmen bekommt oder nur die Regierungskoalition ihn unterstützt", meint der Politikwissenschaftler.

Regierungschef Samaras auf Stimmenfang

Derzeit hat die Regierungskoalition aus Konservativen und Sozialisten eine Mehrheit von 155 Stimmen im 300-köpfigen griechischen Parlament, ein sozialistischer Abgeordneter wird aus Krankheitsgründen voraussichtlich nicht abstimmen. Allerdings verfügt die Linksopposition nur über 71 Stimmen und die Parteienlandschaft erscheint derzeit zersplittert wie nie zuvor seit der Wiederherstellung der Demokratie im Jahr 1974. Das alles macht Prognosen über den Ausgang der Präsidentenwahl besonders schwierig. Fest steht jedoch, dass den insgesamt 24 unabhängigen Abgeordneten im griechischen Parlament eine wichtige Rolle zukommt. Die meisten von ihnen wären dem Regierungskandidaten Stavros Dimas wohl nicht abgeneigt.

Alexis Tsipras, Vositzender der linken griechischen Partei "Syriza" (Foto: Reuters)
Das Linksbündnis von Alexis Tsipras liegt in Umfragen vorneBild: Reuters/Juan Medina

Am deutlichsten formulierte es der konservative Abgeordnete Giorgos Davris: Da Griechenland auf politische Stabilität angewiesen sei, würde er für Dimas stimmen, erklärte der Armeeoffizier a.D. neulich im Parlament. Im Übrigen werde er sich nach Ablauf der Legislaturperiode aus der Politik zurückziehen, damit nicht der Verdacht aufkomme, er hätte für seine Stimme Gegenleistungen bekommen oder verlangt. Zu den Dimas-Befürwortern gehören möglicherweise auch zwei Abgeordnete, die im Juni 2012 für die Neonazi-Partei "Goldene Morgenröte" ins Parlament eingezogen waren, aber vor wenigen Monaten ihren Parteiaustritt erklärten und sich nach eigenen Angaben vom rechtsextremen Gedankengut distanziert haben.

Andererseits haben neun parteilose Abgeordnete im Vorfeld der Präsidentenwahl Bedenken gegen Dimas geäußert, erklärt der Politikjournalist Jannis Pittaras im TV-Sender Skai. Und selbst wenn alle 24 Unabhängigen geschlossen für ihn stimmen, würde der Regierungskoalition immer noch eine Stimme fehlen, um Dimas im dritten Wahlgang durchzusetzen. "Für Samaras bleibt nur die Chance, bei der politischen Konkurrenz auf Stimmenfang zu gehen", erläutert Pitaras. Möglicher Mehrheitsbeschaffer sei die rechtspopulistische Partei "Unabhängige Griechen", die mit 12 Abgeordneten im Parlament vertreten ist und seit geraumer Zeit wegen interner Querelen von sich reden macht. Oder aber die mit 10 Abgeordneten vertretene "Demokratische Linke", angeführt vom ehemaligen Justizminister Fotis Kouvelis.

Allianz zwischen Linkspartei und Rechtspopulisten?

Der als gemäßigt links geltende Kouvelis will allerdings keine Wahlempfehlung abgeben. Und was bei den "Unabhängigen Griechen" vorgeht, überrascht mittlerweile selbst diejenigen, die sich gut in den Niederungen griechischer Politik auskennen: Parteiführer Panos Kammenos und Syriza-Chef Alexis Tsipras stellen eine politische Allianz in Aussicht für den Fall, dass nach vorgezogenen Parlamentswahlen die Linksopposition keine eigene Mehrheit im Athener Parlament hinbekommt und auf Koalitionspartner angewiesen wäre.

Levteris Koussoulis, Politikwissenschaftler aus Griechenland (Foto: DW)
Koussoulis: "Ablehnung der Sparpolitik eint Linke und Rechtspopulisten"Bild: DW/J. Papadimitriou

"Diese Allianz hat keine Zukunft und wird beiden Parteien auch nur schaden, aber sie ist nun mal da. Denn was die Linkspartei Syriza und die Rechtspopulisten vor allem eint, ist die strikte Ablehnung der Sparpolitik", sagt der Politikwissenschaftler Levteris Koussoulis. Allerdings seien die "Unabhängigen Griechen" keine homogene politische Kraft. Daher könne man nicht ausschließen, dass einzelne Abgeordnete sich gegen die Parteilinie stellen und den Regierungskandidaten Dimas doch noch wählen, erläutert Koussoulis.

Manchen linientreuen Parteivertreter macht dies anscheinend nervös: In einem TV-Interview erklärte die Abgeordnete der Rechtspopulisten Stavroula Xoulidou Ende November, man habe über Facebook versucht, sie zu bestechen, "damit die Mehrheit von 180 Abgeordneten im Parlament doch noch zustande kommt". Zu diesem Zeitpunkt stand die Kandidatur von Dimas aber noch gar nicht fest. Nähere Beweise für die Bestechungsvorwürfe lieferte Xoulidou nicht.