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Hoffen auf moderate Linkspartei in Griechenland

Jannis Papadimitriou15. Dezember 2014

Der griechische Regierungschef Antonis Samaras geht auf Ganze: Falls sich bei der vorgezogenen Präsidentenwahl Ende Dezember kein Kandidat durchsetzt, sollen Anfang 2015 vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden.

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Ansicht des Parlaments in Athen (Foto: DW)
Bild: DW/Irene Anastassopoulou

Damit rückt die Möglichkeit einer Linksregierung in Griechenland näher denn je. Die Linksopposition unter der Führung von Alexis Tsipras hat in allen Meinungsumfragen einen Vorsprung von mindestens drei Prozentpunkten vor der konservativen Regierungspartei "Nea Dimokratia" von Premier Antonis Samaras. Es erscheint zwar nicht völlig ausgeschlossen, dass Samaras die nötige Mehrheit im Parlament bekommt, um seinen Kandidaten, den ehemaligen EU-Kommissar Stavros Dimas, ins Präsidentenamt zu hieven. Doch derzeit glauben die wenigsten daran: Erforderlich wären nämlich 200 Stimmen von insgesamt 300 Abgeordneten im ersten oder zweiten Wahlgang - oder zumindest 180 Stimmen in einem dritten Wahlgang, der voraussichtlich am 29. Dezember stattfindet. Die seit 2012 regierende Koalition von Konservativen und Sozialdemokraten unter der Führung von Samaras verfügt aber lediglich über 154 Sitze im Parlament.

Die Entscheidung des griechischen Regierungschefs, eine Vorverlegung der eigentlich erst 2016 anstehenden Parlamentswahl in Kauf zu nehmen, sei eher überraschend, erklärt der Politikwissenschaftler Heinz-Jürgen Axt, Vizepräsident der Südosteuropa-Gesellschaft. Seiner Meinung nach wolle der griechische Ministerpräsident "etwas wie einen Befreiungsschlag" wagen.

Auch Lazaros Miliopoulos, Politikwissenschaftler an der Universität Bonn, ist der Auffassung, Samaras wolle alles auf eine Karte setzen. "Ich kann mir die Situation nur so erklären, dass es in den Verhandlungen mit der Troika (Anm. d. Red.: das Kontrollgremium besteht aus Vertretern der EU, des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank) um ganz entscheidende Strukturreformen geht und dass sich Samaras vor diesem Hintergrund ein klares Mandat von der Bevölkerung wünscht", sagt Miliopoulos. Dabei nehme der Premier die Gefahr in Kauf, eine Wahlniederlage zu erleiden und der Linkspartei die Verantwortung zu übergeben für weitere Verhandlungen mit der Troika.

Der griechische Premier Antonis Samaras (Foto: Anadolu Agency)
Folgt ein Befreiungsschlag für Premier Samaras?Bild: picture alliance/AA/A. Mehmet

Zeitweise moderate Töne beim Linksbündnis Syriza

Vor einer Woche beschlossen die Finanzminister der Eurozone, das Hilfsprogramm für Griechenland um zwei Monate zu verlängern. Da die Bewertung der Troika nicht, wie ursprünglich geplant, bis Jahresende abgeschlossen wird, erhält Griechenland vorerst nicht die letzte Tranche in Höhe von 1,8 Milliarden Euro aus dem laufenden Rettungsprogramm. Spätestens im Februar würden sich die Kreditgeber Griechenlands jedoch wieder melden - und müssten dann möglicherweise mit einer Linksregierung weiterverhandeln. Der Standpunkt der heutigen Opposition dürfte die Troika kaum freundlicher stimmen: Das Linksbündnis Syriza will nach eigenen Angaben die laufenden Verträge mit den EU-Partnern kündigen, sowie Privatisierungen, Lohnkürzungen und weitere Sparmaßnahmen rückgängig machen.

Bei aller verbal geäußerten Entrüstung: Ob es wirklich dazu kommt, sei derzeit offen, glaubt Lazaros Miliopoulos. Es gebe schon seit längerem eine Veränderung in der Rhetorik der Partei Syriza und Versuche, über Netzwerke und Kontakte so etwas wie eine "Vorbereitung einer verantwortungsvollen Regierung" herbeizuführen, sagt der Bonner Politikwissenschaftler. Diese Regierung könne auch den Verpflichtungen, die Griechenland eingegangen ist, nachkommen. Auf diese Variante setze derzeit wohl auch die Troika. "Es ist allerdings auch nicht auszuschließen, dass das Linksbündnis Syriza bei seinen Maximalpositionen bleibt", erklärt Miliopoulos.

Zu Wahlkampfzwecken fährt Alexis Tsipras, der Chef der Linksopposition, schwere Geschütze auf: "Wir machen die Musik und die Troika wird dann in unserem Tempo tanzen", donnerte er neulich vor jubelnden Anhängern auf der Insel Kreta. Sollten die Euro-Partner auf einen Politiker treffen, der überhaupt nicht willens ist, ihre Sorgen wahrzunehmen, dann wäre auch ein Wiederaufkommen der Debatte um einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands nicht auszuschließen, erläutert Heinz-Jürgen Axt. "Wenn ich das letztendlich bilanziere, glaube ich aber schon, dass die Euro-Partner alles tun werden, um Tsipras dann doch ins Boot zu holen und mit ihm zu verhandeln." In diesem Fall müsse jedoch auch Tsipras seinen Anhängern erklären, er habe ihnen mehr versprochen, als er einhalten könne.

Alexis Tsipras, Chef der Linkspartei Syriza in Griechenland (Foto: DW)
Die Linksopposition unter der Führung von Tsipras hat laut Meinungsumfragen einen Vorsprung vor den KonservativenBild: DW/B. Riegert

Spekulationen um Schäuble-Äußerungen

Beim letzten Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die vorgezogene Präsidentenwahl in Griechenland sei möglicherweise ein guter Beschluss und nicht jeder sei von der entsprechenden Ankündigung des griechischen Regierungschefs völlig überrascht worden. Kommentatoren in Athen mussten aufhorchen: War die Vorverlegung der Präsidentenwahl mit den Geldgebern abgesprochen, ja von ihnen sogar angeregt worden?

"Ich glaube, das ist das Bemühen von Schäuble, jetzt nicht noch mehr Unruhe in die Situation hineinzubringen", sagt Heinz-Jürgen Axt. Auf der anderen Seite seien die Finanzmärkte absolut verunsichert, fügt er hinzu. Die Renditen für griechische Staatsanleihen schnellten schon wieder nach oben, die Aktienkurse in Griechenland gingen herunter. Beides zeuge von einem sehr starken Druck seitens der Märkte. "Da versucht Schäuble, eher beruhigend zu wirken. Ich glaube, in seinem Inneren hat er ein durchaus anderes Bild von dem, was sich derzeit in Griechenland tut", gibt der Politikwissenschaftler zu bedenken.