Schwesig weist US-Drohungen zurück
10. September 2020Gut vier Wochen nach dem Bekanntwerden eines Drohbriefes von drei US-Senatoren gegen den Hafen Sassnitz-Mukran hat Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig einen sehr deutlichen Antwortbrief abgeschickt. "Die im Schreiben an den Hafen Sassnitz-Mukran angedrohten Sanktionen und Vergeltungsmaßnahmen weise ich aufs Schärfste zurück", heißt es darin.
In dem Antwortbrief vom 31. August, über den am Donnerstag die "Ostsee-Zeitung" berichtete und der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wendet sich Schwesig gegen jede Einflussnahme auf die deutsche Energiepolitik. "Es ist eine souveräne Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland, woher und auf welchem Weg sie ihre Energie bezieht", betont die SPD-Politikerin. Zudem würden auch viele andere Staaten in Europa auf den Bau der Pipeline setzen.
Erste Drohung gegen eine deutsche Firma
Mit dem Brief der amerikanischen Senatoren war erstmals ein Fall öffentlich geworden, in dem sich US-Sanktionsdrohungen im Zusammenhang mit der umstrittenen Ostsee-Erdgasleitung Nord Stream 2 direkt gegen ein deutsches Unternehmen richten. Der Hafen Mukran auf Rügen gilt als wichtigster Umschlagplatz für den Bau der Pipeline, deren Fertigstellung die USA unterbinden wollen. Frühere Sanktionsdrohungen hatten im Vorjahr kurz vor Ende der Rohrverlegearbeiten zum vorläufigen Abbruch geführt.
Für den Fall, dass die Arbeiten von Mukran aus wieder aufgenommen würden, hatten die republikanischen Senatoren Anfang August Vorstandsmitgliedern, leitenden Angestellten und Aktionären der Fährhafen Sassnitz GmbH angedroht, dass ihnen die Einreise in die Vereinigten Staaten untersagt und jegliches Eigentum im Zuständigkeitsbereich der USA eingefroren werde.
Keine einseitige Abhängigkeit
Es sei "unverständlich und inakzeptabel, dass Sie den Hafen Mukran, seine Beschäftigten und damit Bürgerinnen und Bürger des Landes Mecklenburg-Vorpommern bedrohen", beschied Schwesig nun den Verfassern. Die Befürchtung der USA, dass sich Deutschland und Europa mit dem Bau der Pipeline in einseitige Abhängigkeit von Russland begeben würden, treffe nicht zu, schreibt Schwesig in ihrem Brief.
Die zusätzliche Kapazität der beiden Leitungen von Nord Stream 2 sei auch erforderlich, um die Erdgasversorgung von Westeuropa sicherzustellen. "Zudem hat sich Russland auch in schwierigen Zeiten als zuverlässiger Gaslieferant erwiesen", betont Schwesig. Die Pipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee steht kurz vor der Fertigstellung. Sie soll parallel zu der schon betriebenen Leitung Nord Stream 1 Erdgas von Russland nach Deutschland transportieren.
Auch innerhalb der EU ist der Pipeline-Bau umstritten. Die bisherigen Transitländer wie Polen, die baltischen Staaten und die Slowakei warnen vor einer Abhängigkeit von russischem Erdgas. Mit Inbetriebnahme von Nord Stream 2 müssen sie außerdem mit geringeren Transiteinnahmen rechnen, denn derzeit fließt ein Großteil des russischen Gases über diese Länder.
Geht es nur um Absatzinteressen?
Bereits am Dienstag hatte die SPD-Politikerin erklärt, dass beim Streit um die Pipeline nach ihrer Ansicht wirtschaftliche Interessen der USA eine wichtige Rolle spielten. "Die USA wollen gerne, dass wir eher amerikanisches Fracking-Gas importieren als russisches Erdgas", sagte Schwesig in Schwerin. Doch die Entscheidung solle bei Deutschland bleiben, wie es seine Energieversorgung sicherstelle. Diese Frage müsse mit Blick auf den Atomausstieg im Jahr 2022 und den für 2038 geplanten Kohle-Ausstieg beantwortet werden. "Da würde ich mir mehr Ehrlichkeit und Differenziertheit in der ganzen Debatte wünschen", sagte die Ministerpräsidentin.
Die Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny sollte aus Sicht von Schwesig nicht dazu benutzt werden, um Nord Stream 2 in Frage zu stellen. Seit Tagen wird wegen des Falls Nawalny ein möglicher Baustopp von Nord Stream 2 diskutiert.
kle/ack (dpa, Ostsee-Zeitung)