G8 mit großer Agenda
5. Juli 2008Schauplatz des diesjährigen G8-Gipfels ist ein Luxus-Hotel. Es liegt 620 Meter über dem malerischen Toya-See auf Hokkaido, der nördlichsten Hauptinsel Japans. Idyllisch jedoch ist nur die Natur. Die Probleme, mit denen sich die Acht befassen müssen, sind schier gewaltig: Massive Preisanstiege bei Lebensmitteln und Öl, Klimawandel, Entwicklung in Afrika. Dazu kommen die Krisenherde in Nahost und Iran. Das bietet drei Tage lang reichlich Diskussionsstoff.
Mit am Tisch sitzen werden zeitweise auch Staats- und Regierungschefs aus den afrikanischen Ländern Algerien, Äthiopien, Ghana, Nigeria, Senegal, Südafrika, Tanzania sowie aus den aufstrebenden Volkswirtschaften China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika. Am dritten Tag wird die Runde noch größer, dann werden erstmals die Chefs aus Südkorea, Australien und Indonesien hinzukommen.
Das Erbe von Heiligendamm
Entsprechend umfangreich ist die Tagesordnung. Bernd Pfaffenbach, der Beauftragte der deutschen Bundeskanzlerin für den G8-Gipfel, ist dennoch zuversichtlich, bei den wichtigen Themen weiterzukommen: "Wir als Deutsche sind insgesamt recht zufrieden mit der Tagesordnung, weil sie unsere Agenda des letzten Gipfels von Heiligendamm stark reflektiert, aufnimmt und weiterführt." Auch dort habe das Thema Klimawandel eine herausragende Stellung eingenommen, so Pfaffenbach, zusammen mit der Kooperation mit den so genannten Schwellenländern.
Vor einem Jahr wurde dann auch der so genannte Heiligendamm-Prozess ins Leben gerufen. Er ist ein zunächst für zwei Jahre angelegter Dialog mit den großen Schwellenländern China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika. Teil des Dialogs sind Fragen des Klimawandels. In Heiligendamm hatten die G8 erklärt, eine Halbierung der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen bis 2050 ernsthaft zu prüfen. Jetzt könnte man einen Schritt weitergehen und dieses Ziel offiziell festlegen.
Vorbildrolle der G8
Allerdings hat Gastgeber Japan die Erwartungen im Vorfeld des G8-Gipfels gedämpft. Bundeskanzlerin Angela Merkel, da ist ihr Gipfel-Berater Pfaffenbach sicher, werde trotzdem nicht locker lassen, um nicht hinter den vor einem Jahr erreichten Stand zurück zu fallen. Die G8 hätten in dieser Frage eine Leadership-Rolle, so Pfaffenbach. Sie müssten zeigen, "dass die großen Industrieländer, kurz- und mittelfristig deutlich mehr tun müssen als die Entwicklungsländer". Nur so könne es gelingen, Länder wie China und Indien mit ins Boot zu bekommen.
Bei einem von den USA initiierten "Treffen der größten Volkswirtschaften" am Rande des Gipfels erwarten Beobachter deutliche Fortschritte im Bereich Klimaschutz, die dann auch neue Impulse für die laufenden Verhandlungen unter dem Dach der Vereinten Nationen liefern könnten.
Ölpreis bleibt wahrscheinlich unbeeindruckt
Ob die G8 auch Signale aussenden können, die den Ölpreis-Anstieg bremsen, darf dagegen bezweifelt werden. Seit vier Jahren schon steht das Thema immer wieder auf der Agenda. Einzig der Ölpreis zeigt sich davon unbeeindruckt.
Allerdings dürfe man das Problem nicht isoliert betrachten, sagt Pfaffenbach, studierter Volkswirt und Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. "Niemand kann ein Interesse daran haben, auch die Ölproduzenten-Länder nicht, dass die Industrieländer in die Knie gehen." Zudem werde das Geld aus den Öl-Einnahmen zum Beispiel in Deutschland wieder angelegt und damit zurück in den Kreislauf gegeben. So könnten die Interessen wieder zusammen kommen. Am Ölhahn drehen könnten die G8 allerdings auch nicht, sagt Pfaffenbach.
Bessere Landwirtschaft gegen steigende Preise
Parallel zum Ölpreis sind in den vergangenen Monaten auch die Lebensmittelpreise explosionsartig gestiegen. Was in den reichen Ländern noch zu verkraften ist, trifft viele arme Länder umso härter. Gründe für diesen Anstieg gibt es viele - von wachsendem Wohlstand über Missernten bis hin zu Spekulation.
Vieles wurde auch von den G8 verursacht, etwa durch die gigantische Subventionierung ihrer Agrarprodukte und fehlgeleitete Entwicklungshilfe. Jetzt muss dringend korrigiert werden: "Kurzfristig geht es darum, Geld für Ärmsten zur Verfügung zu stellen. Wir haben schon deutlich mehr als eine halbe Milliarde Euro in diesem Jahr für Nahrungsmittelhilfe vorgesehen," so Pfaffenbach. Aber letztendlich gehe es darum, die strukturellen Ursachen anzugehen. Insbesondere in den Entwicklungsländern müsse dazu die Abhängigkeit von den Lieferungen aus Industrieländern reduziert werden. Das könne geschehen, in dem die dortigen ländlichen Strukturen gestärkt werden.
Diese Probleme werdem dann auch Thema am ersten Gipfeltag sein, wenn die G8 mit einigen afrikanischen Staatschefs reden werden. Die Deutschen werden dabei auf die deutliche Aufstockung der Entwicklungshilfe verweisen, die sich in den kommenden vier Jahren auf über drei Milliarden Euro summiert.
Womöglich ringen sich die G8 am Ende sogar zu deutlichen Worten und schärferen Sanktionen gegenüber Simbabwe durch. Wie es heißt, strebt Großbritannien eine gesonderte Erklärung an. Von der Bundeskanzlerin würden sie dabei unterstützt.