Die Truppe murrt
29. Dezember 2013Mehr als 5000-mal haben sich Bundeswehrsoldaten in diesem Jahr schriftlich bei Hellmut Königshaus über Missstände beklagt. Damit erhielt der Beauftragte des Deutschen Bundestages für die Bundeswehr 17 Prozent mehr Zuschriften als im Vorjahr. Gemessen an der Zahl der Soldaten ist es sogar der höchste Stand seit Beginn der Erfassung von Beschwerden im Jahr 1959.
Besonders genervt sind die Soldaten von den vielen Versetzungen. Mittlerweile müssten mehr als 50 Prozent zwischen Wohn- und Dienstort pendeln und fühlten sich von ihrem Dienstherrn, also der Bundesrepublik Deutschland, alleingelassen, so der Wehrbeauftragte. Er fordert: "Die Anlässe für Versetzungen müssen reduziert werden."
Reform als Frustquelle
Ursache für die häufigen Versetzungen wie auch für zahlreiche andere Ärgernisse der Soldaten ist nach Ansicht von Königshaus die Bundeswehrreform. Die "sehr ehrgeizige Planung" und das "hohe Tempo bei Grundsatzentscheidungen" hätten dazu geführt, dass die individuellen Bedürfnisse der Soldaten zu wenig berücksichtigt worden seien."Die Soldaten fragen sich: Was ist eigentlich die positive Veränderung gegenüber dem vorhergehenden Zustand?", sagte der Wehrbeauftragte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Mit einer gewissen Resignation stellt der FDP-Politiker und Oberleutnant der Reserve heraus, dass sich trotz seiner Hinweise auf die Unzufriedenheit in der Truppe mit der Reform in den vergangenen beiden Jahresberichten keine echte Besserung eingestellt habe. "Eine Beruhigung hat sich dadurch ergeben, dass eine gewisse Gewöhnung an die Situation eingetreten ist, aber das Grundproblem bleibt ja bestehen."
Strukturprobleme
Viele Beschwerden von Soldaten betreffen demnach auch Verzögerungen bei Beihilfezahlungen für Arztrechnungen. Im Zuge der Reform kommt es immer wieder zu personellen Umstrukturierungen, so dass bürokratische Abläufe nicht mehr reibungslos funktionieren. "Die Situation ist besonders schwierig, weil die Patienten in Vorleistung gehen müssen, teilweise Überziehungskredite in Anspruch nehmen müssen", sagte Königshaus.
Die 2010 auf den Weg gebrachte Reform der Bundeswehr sieht eine Verkleinerung der Truppe von 250.000 auf 185.000 Soldaten vor sowie eine Schließung von 32 Bundeswehrstandorten. Mehr als 90 weitere Standorte werden drastisch verkleinert.
Im Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD darauf verständigt, die Reform nicht grundsätzlich anzutasten. Gegebenenfalls könne es jedoch Nachbesserungen geben.
Darin stimmen sie mit den Forderungen des Bundeswehrverbandes überein. Verbandschef André Wüstner hatte der neuen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen von einem kompletten Kurswechsel abgeraten, ihr aber das Ausbügeln von Fehlern der Reform empfohlen, um "bei den Soldaten zu punkten".
mak/wa (dpa)