Netanjahu will Israels Koalition retten
16. November 2018Ein Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem bestätigte, dass die Reise nicht stattfinden werde. Netanjahu wollte kommende Woche an einer Konferenz zur Bekämpfung von Antisemitismus und Antizionismus in Wien teilnehmen. Außerdem war ein Gespräch mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz geplant. Jetzt muss der israelische Ministerpräsident sich allerdings erst darum kümmern, seine Regierung stabil zu halten. Sie steckt in einer schweren Krise.
Liebermann-Rücktritt löste Krise aus
Auslöser dieser Krise war der Rücktritt des ultra-rechten Verteidigungsministers Avigdor Lieberman am Mittwoch. Lieberman reagierte damit auf eine Waffenruhe mit der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen, die er ablehnt. Er wirft dem rechtsorientierten Regierungschef einen "laschen" Kurs gegenüber den Palästinensern und eine "Kapitulation vor dem Terror" vor.
Forderung nach Neuwahlen
Ohne Liebermans Fraktion hat Netanjahus rechts-religiöse Regierung nur noch eine knappe Mehrheit von 61 der 120 Knessetsitzen. Koalitionspartner forderten, Neuwahlen anzusetzen. Regulär soll erst in einem Jahr gewählt werden. Ein Vertreter von Netanjahus Likud-Partei lehnte Neuwahlen allerdings bereits ab. Es gebe "keine Verpflichtung zu Wahlen in dieser für die Sicherheit sensiblen Zeit", sagte er. Seinen Angaben zufolge übernimmt der Ministerpräsident vorübergehend die Amtsgeschäfte des Verteidigungsministers. Er hat bereits auch das Außenamt inne.
"Jüdisches Heim" will Amt des Verteidigungsministers übernehmen
Netanjahu versucht derzeit in Gesprächen mit führenden Vertretern seiner Likud-Partei und den Chefs anderer Parteien, seine Koalition zu stabilisieren. Allerdings stellte bereits ein anderer Koalitionspartner Bedingungen: Das Verteidigungsressort müsse Bildungsminister Naftali Bennett übernehmen, ansonsten platze die Regierung, sagte ein Vertreter von dessen rechtsnationalistischer Partei "Jüdisches Heim". Verliert der Regierungschef den Rückhalt in der Knesset, kann er das Parlament auflösen. Neuwahlen müssen dann binnen 90 Tagen stattfinden.
Hamas feiert Rücktritt Liebermanns
Die Hamas stellte den Rücktritt Liebermans als "politischen Sieg für Gaza" dar. Auf den Straßen im Gazastreifen verbrannten zahlreiche Palästinenser Fotos von Lieberman. Im Norden des Gazastreifens wurde derweil ein Palästinenser am Mittwoch durch israelische Schüsse getötet. Bei dem Toten handele es sich um einen 20-jährigen Mann, der nahe des Grenzzauns geangelt habe, teilten palästinensische Sicherheitskräfte mit. Die israelische Armee erklärte, die Soldaten hätten geschossen, als sich ein Verdächtiger einer Sicherheitsabsperrung genähert habe.
bru/ww (dpa,afp)