1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Neuer Pragmatismus

Jannis Papadimitriou9. März 2016

Vierzehn neue Auffanglager für Flüchtlinge sollen innerhalb der nächsten Wochen in Griechenland entstehen. Doch nicht alle Griechen finden diese Politik gut. Aus Athen berichtet Jannis Papadimitriou.

https://p.dw.com/p/1I9N4
Flüchtlinge in einer Turnhalle (Foto: Pavlos Zafiropoulos, DW)
Bild: DW/P.Zafiropoulos

Es soll zügig vorangehen mit Hilfe des Militärs, das seit Ende Februar auf Hochtouren am Bau neuer Aufnahmelager arbeitet. Schon 2015 hatte die griechische Linksregierung versprochen, bis Jahresende Plätze für 50.000 Flüchtlinge zu schaffen, dies aber nicht geschafft.

Noch zu Wahlkampfzeiten donnerte die Linkspartei Syriza von Ministerpräsident Alexis Tsipras gegen die restriktive Flüchtlingspolitik des damaligen konservativen Regierungschef Antonis Samaras, und nur wenige Wochen nach dem Linksruck in Griechenland wurde das größte und völlig überfüllte Aufnahmelager für Flüchtlinge im Athener Vorort Amygdaleza geschlossen. Zivilschutzminister Jannis Panoussis versprach damals umgehend, neue "Gastfreundschaftszentren" einzurichten, in denen "menschliche Bedingungen" herrschen würden.

Mit der Eröffnung neuer Auffanglager im Eiltempo wage Tsipras nun eine Wende zum Realismus, glaubt Jorgos Tzogopoulos, Mitarbeiter des Athener Think Tank ELIAMEP, im Gespräch mit der DW. Für den Linkspremier gäbe es schließlich keine Alternative, als Notunterkünfte für Flüchtlinge und Migranten einzurichten. Ob es deshalb zum Aufstand innerhalb der Linkspartei kommt, ähnlich wie im Sommer 2015, als der Syriza-Linksflügel aus Protest gegen die Sparpolitik Tsipras die Gefolgschaft aufkündigte? "Das glaube ich nicht, da für die aktuelle Misslage andere verantwortlich gemacht werden, nämlich die Visegrad-Staaten und die Türkei", erklärt Tzogopoulos.

Griechenland Mazedonien Flüchtlinge bei Idomeni (Foto: Getty Images/D. Kitwood)
Die Grenze zu Mazedonien ist weitgehend dichtBild: Getty Images/D. Kitwood

Anwohner protestieren

Doch nicht alle sind mit den Eilaktionen einverstanden. Am Wochenende räumte die Athener Polizei erstmals den zentralen Viktoria-Platz, der in den vergangenen Monaten zum offenen Camp und Treffpunkt für Flüchtlinge und Migranten aus aller Welt wurde. Ganze Flüchtlingsfamilien wurden in Aufnahmelager transportiert. Laut Regierungsangaben war die Polizeiaktion ein Versuch, den dort auflauernden Menschenschleppern das Handwerk zu legen. Doch Athens sozialdemokratischer Bürgermeister Jorgos Kaminis hatte die Räumung des Viktoria-Platzes zur Bedingung gemacht, damit er überhaupt Räumlichkeiten zur Unterbringung von Flüchtlingen bereitstellt.

Im ganzen Land sollen jetzt zahlreiche sogenannte Hotspots, nämlich Registrierungs- und Aufnahmezentren für Flüchtlinge, entstehen. Doch das ist einfacher gesagt, als getan. Als sich etwa im nordgriechischen Bauerndorf Athyron herumsprach, dass die Lokalbehörden dem Militär ein zehn Hektar großes Grundstück zwecks Errichtung eines Aufnahmelagers zur Verfügung stellten, starteten Anwohner eine ungewöhnliche Nacht-und-Nebel-Protestaktion: Nach Sonnenuntergang pflügten sie das Areal um, mit der Folge, dass der Acker als Bauplatz völlig ungeeignet war.

Auch im Athener Vorort Ilion, wo ein Hotspot für 1000 Flüchtlinge geplant worden war, erklärten die Lokalbehörden, der Boden sei ungeeignet für jegliche Baumaßnahmen.

Doch es gibt auch Gegenbeispiele: In der westmakedonischen Stadt Kozani zeigte sich Bürgermeister Levteris Ioannidis besonders gastfreundlich und ließ Mitte Februar ein Aufnahmelager für 150 Menschen in Rekordzeit errichten. "Innerhalb von wenigen Stunden konnten wir Unterkunftsmöglichkeiten in einer Turnhalle organisieren und die ersten Flüchtlinge dort aufnehmen", erklärte Ioannidis im TV-Interview.