Praemium Imperiale für Salgado und Turrell
14. September 2021Der Praemium Imperiale gilt als der wichtigste Kunstpreis der Welt und wird seit 33 Jahren von der Japan Art Association vergeben. Dieses Jahr geht der Preis in der Kategorie Malerei an den Brasilianer Sebastião Salgado. In den Sparten Skulptur und Architektur werden der US-amerikanische Künstler James Turrell und der australische Architekt Glenn Murcutt geehrt. Die Auszeichnung in der Kategorie Musik geht an den US-amerikanischen Cellisten Yo-Yo Ma. In der Kategorie Theater/Film wird der Preis wegen der Auswirkungen durch die Corona-Pandemie in diesem Jahr nicht vergeben. Den Nachwuchspreis für junge Künstlerinnen und Künstler erhält das italienische Istituto Superiore per la Conservazione ed il Restauro, das mit seiner Scuola di Alta Formazione Kunstrestauratorinnen und -restauratoren ausbildet.
Sebastião Salgado: Meister der Schwarz-Weiß-Fotografie
Mit seinem dokumentarischen Blick auf die Welt und ihre Bewohnerinnen und Bewohner wurde Sebastião Salgados berühmt. Er arbeitete für die renommiertesten Fotoagenturen, darunter Sygma, Gamma und Magnum Photos. Salgados Markenzeichen sind seine Langzeitprojekte, in denen er mittels Schwarz-Weiß-Fotografien das Leben der Menschen am unteren Ende der Gesellschaft ins Visier nimmt - vor allem in Entwicklungsländern. Goldschürfer in Brasilien, Szenen des zweiten Golfkriegs oder die überwältigende Schönheit der Natur sowie die Lebensweise indigener Völker hielt und hält er mit der Kamera fest. Daraus entstanden umfangreiche Bildbände und beeindruckende Wanderausstellungen aus sämtlichen Erdteilen.
Für viele seiner Arbeiten wurde der 77-jährige Salgado mit Preisen geehrt, unter anderem mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
James Turrell: Der, der das Licht beherrscht
Das Medium des 78-jährigen US-Künstlers James Turrell ist Licht. Seine Arbeiten laden zu Meditationen ein, bei denen wir "nach innen gehen, um das Licht zu begrüßen", erklärt Turrell. Seine Erkenntnis, dass wir "selbst im Traum mit geschlossenen Augen Licht sehen", drückt er in seinen farbigen Lichtinstallationen aus, in welche die Besucherinnen und Besucher vollständig eintauchen, gar die Orientierung verlieren können. Für Turrell, dessen Kunst auch von seiner Passion für die Philosophie, Wissenschaft und das Fliegen geprägt ist, ist Licht der Werkstoff, der "unser Innenleben mit der äußeren Welt verbindet". Zurzeit arbeitet er an seinem Kunstwerk "Roden Crater", bei dem ein erloschener Vulkan im Norden von Arizona im Zentrum steht. 2026 soll das gigantische Werk fertig sein.
Glenn Murcutt: Pionier des Grünen Bauens
Glenn Murcutt hat seine gesamte Architekten-Laufbahn damit verbracht, nachhaltige Gebäude zu entwerfen. In Anlehnung an die Aborigines und ihre Maxime "Berühre das Land sanft" fügen sich seine umweltfreundlichen Bauten ganz und gar in die Landschaft seiner australischen Heimat ein. Und wie? Indem er auf die die Traditionen Bezug nimmt und heimische Materialen verwendet. Murcutts Bauten sind dadurch modern und stehen dennoch im Einklang mit der Natur. Er ist nun der erste Australier, der mit dem Praemium Imperiale ausgezeichnet wird.
Yo-Yo Ma: Humaner Ausnahmekünstler
Der US-amerikanische Cellist Yo-Yo Ma gilt als einer der großen Ausnahmemusiker unserer Zeit. 18 Grammys besitzt er bereits - und jetzt auch noch den "Nobelpreis der Künste". Was Ma vor allem auszeichnet, ist seine musikalische Aufgeschlossenheit und Menschlichkeit. Häufig spielt Ma Werke von Komponistinnen und Komponisten unserer Zeit, darunter Astor Piazzolla, Esa-Pekka Salonen und John Williams. Vergangenes Jahr spendete er der Welt in Pandemiezeiten mit einem Musikvideo einer Solo-Interpretation von Dvořáks "Going Home" Trost - inzwischen wurde es mehr als 18 Millionen Mal angesehen. Dieses Jahr überraschte der 65-Jährige mit einem spontanen Dankeskonzert für die Helfenden eines Impfzentrums und legte mit Anne-Sophie Mutter, Daniel Barenboim und dem West-Eastern Divan Orchestra zu Beethovens 250. Geburtstag eine virtuose Aufnahme des Tripelkonzertes und der Siebten Symphonie vor.
ICR: Kaderschmiede für Restauratorinnen und Restauratoren
Das Istituto Superiore per la Conservazione ed il Restauro (ICR) wurde 1939 mit dem Ziel gegründet, das kulturelle Erbe Italiens zu bewahren, das durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bedroht war. Zwei Jahre später gab es am ICR den ersten Restauratorenlehrgang Europas, aus dem später die Scuola di Alta Formazione (SAF) hervorging. Pro Jahr werden hier 25 neue Studierende aufgenommen, die während des fünfjährigen Masterstudiengangs nicht nur an den Standorten Rom und Matera arbeiten, sondern auch an Projekten rund um den Globus, zum Beispiel an der Restaurierung der Wandmalereien des Umayyaden-Palastes in Jordanien. Inzwischen hat die Schule 900 spezialisierte Restauratorinnen und Restauratoren hervorgebracht. Die meisten von ihnen arbeiten in Italien, einige aber auch für hochkarätige Einrichtungen wie den Louvre, das Amsterdamer Rijksmuseum oder das Getty Research Institute in Los Angeles.Der Praemium Imperiale ist mit 15 Millionen Yen (derzeit rund 115.000 Euro) dotiert. Der Nachwuchspreis mit 5 Millionen Yen (rund 38.000 Euro). 2020 musste die Vergabe aufgrund der Pandemie erstmalig ausgesetzt werden. Zu den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern zählen unter anderem Anne-Sophie Mutter, Catherine Deneuve, Issey Miyake, Martin Scorsese, Pina Bausch, Gerhard Richter, Rebecca Horn, Anselm Kiefer, Ingmar Bergman und Sophia Loren.