Ein Geist namens Vergangenheit
9. Juli 2014Einst schien er der hellste Stern im indonesischen Militär zu sein: Prabowo Subianto war der jüngste Offizier, der eine Militäroperation gegen eine Separatistenbewegung anführte. Später stieg er sogar auf zum Kommandanten der Eliteeinheit Indonesiens. Ein kluger Soldat und ein starker Führer - mit hochrangigen Verbindungen: Prabowo war lange Jahre verheiratet mit Siti Hediati Harijadi, Tochter des zweiten indonesischen Präsidenten Suharto.
Doch auf den steilen Aufstieg folgte der jähe Sturz. Denn seine Truppen waren es, die im Zuge der Unruhen 1998 Anhänger der Demokratie-Bewegung entführten und ermordeten. Nicht lange nach Suhartos Entmachtung wurde Prabowo entlassen.
Auf seiner Seite: Macht und Medien
Jetzt will er sich zurück an die Spitze des Landes kämpfen - und nutzt dafür weiter seine Verbindungen: Prabowos Familie gilt als eine der angesehensten in Indonesien. Sein Vater war renommierter Wirtschaftsprofessor. Sein jüngerer Bruder, Hashim Djojohadikusumo, ist erfolgreicher Unternehmer und lebt in London. Dem Forbes-Magazin zufolge ist Djojohadikusumo einer der reichsten Indonesier mit Besitztümern im Wert von gut 700 Millionen US-Dollar. Er finanziert auch die politischen Aktivitäten seines Bruders.
Hinzu kommen die politischen Partner: "Wir wollen eine große Koalition“, sagt Fadli Zon, Vize-Chef von Prabowos Gerindra Partei (Partai Gerakan Indonesia Raya - "Partei der Bewegung Großes Indonesien") und größter Unterstützer des Präsidentschaftskandidaten. Deshalb hat Gerindra die einflussreiche Golkar Partei (Partai Golongan Karya - "Partei funktioneller Gruppen") mit ins Boot geholt. Golkar war die Partei Suhartos und holte bei den jüngsten Parlamentswahlen im April die zweitmeisten Stimmen. Auch mit einigen islamischen Parteien hat Prabowo Gespräche geführt, darunter mit den Hardlinern der FPI (Front Pembela Islam – "Front zur Verteidigung des Islam").
Neben diesen Parteien hat Prabowo auch zwei der mächtigsten Medien-Zare auf seiner Seite: Golkar-Parteichef Aburizal Bakrie gehören zwei nationale Fernsehstationen, der Geschäftsmann Hary Tanoesoedibjo besitzt ein Zeitungsnetzwerk und drei nationale Fernsehstationen.
In der indonesischen Demokratie können Geld und medialer Einfluss wie dieser - vor allem im Fernsehen - das Endergebnis maßgeblich beeinflussen. Zwar führt Gegenkandidat Joko Widodo noch in den Meinungsumfragen, doch der Abstand wurde zuletzt geringer. Und mehr als 40 Prozent der Wähler gelten als unentschieden.
Stark wie Putin, entschlossen wie Ahmadinedschad
Ihnen verspricht Prabowo, ein starker Führer zu sein. Alles wolle er anders machen als das jetzige Regime, welches das Land seit zehn Jahren regiert. So hofft der 62-Jährige vor allem, diejenigen für sich zu gewinnen, die den aktuellen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono für schwach halten.
"Das Volk will einen Führer mit fester Haltung. Das Volk glaubt, wenn Prabowo die Führung übernimmt, wird Indonesien besser dastehen als andere Länder und kann nicht so leicht übergangen werden", meint Gerindra-Parteichef Suhardi im Gespräch mit der DW. Es gebe viele, die sich eine solche Zukunft wünschten: "Wie damals unter Suharto, als das Leben angenehm und ruhig war. Sie wollen eine starke und stabile Regierung, so dass die Wirtschaft sich entwickeln kann." 23 Jahre lang regierte Suharto mit eiserner Hand. "Politische Stabilität" war sein Mantra, um die Opposition zum Schweigen zu bringen.
Prabowo will in diese Fußstapfen treten. In einer Talkshow wurde er dementsprechend jüngst von seinem Wahlkampfchef mit Russlands Präsident Wladimir Putin und dem ehemaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad verglichen.
Tatsächlich knüpft der gesamte Wahlkampf an die Vergangenheit an: Prabowo kleidet sich wie der erste indonesische Präsident Sukarno, der im Land noch immer populär ist. Auch Vergleiche mit Suharto sind gern gesehen. Und doch redet der Politiker genau über diese eine Sache nicht gern: seine eigene Vergangenheit.
Nur einer von Dutzenden
"Ich war damals doch nur ein Beauftragter", sagte Prabowo in einem Interview mit der Zeitschrift Tempo. Zwar sei er in der Entführung der Aktivisten verwickelt gewesen, doch sei er damals gezwungen worden, dem Befehl seines Chefs zu folgen. Die politische Situation in Indonesien kurz vor dem Fall Suhartos sei einfach so schwierig gewesen. 13 Aktivisten gelten bis heute als verschwunden - was mit ihnen geschehen ist, wisse er nicht, sagt Prabowo: "Ich war ja nur einer von dutzenden Generälen."
Menschenrechtsaktivisten wie Mugiyanto Sipin empört diese Haltung: "Was ist mit dieser Nation los, dass ein Mensch mit so einer dunklen Vergangenheit zum Präsidenten gewählt werden könnte?" sagt er der DW. Mugiyanto ist einer der Aktivisten, die seinerzeit freigelassen wurden. Während der Gefangenschaft wurden er und seine Mitstreiter geschlagen, mit Waffen bedroht, gezwungen auf Eis zu schlagen und unter Strom gesetzt.
"Die Wähler wissen nicht wirklich viel über Prabowo. Sie kennen ihn nur aus der Reklame im Fernsehen", sagt Mugiyanto. Gemeinsam mit anderen will er an die Taten der Vergangenheit erinnern: Auf Twitter und Facebook verbreiten die Aktivisten Fotos der 13 Vermissten.
Die große Frage ist nun, welcher Ruf lauter hallt - ihrer oder der des starken Mannes Prabowo. Am 9. Juli haben die Indonesier die Wahl.