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Gesellschaft

Prügelstrafe: Eltern schaden Kindern mit Gewalt

20. November 2017

Drei von vier Kindern weltweit erleben regelmäßig Gewalt durch Eltern und Betreuer. Auch in Afrika sind viele Kinder Opfer von häuslicher Gewalt. Südafrika hat nun körperliche Züchtigung auch im Elternhaus verboten.

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Afrika Kind
Bild: picture alliance/dpa/Design Pics/Axiom Photographic

Dr. Zara'u hat in seiner Klinik in Nigerias Bundesstaat Kano regelmäßig mit Fällen häuslicher Gewalt zu tun. Manche Fälle sind besonders schlimm. Der Arzt erzählt im DW-Gespräch von einem Mädchen, das misshandelt wurde. "Die Stiefmutter benutzte einen heißen Löffel. Damit hat sie dem Mädchen an sechs verschiedenen Stellen Verbrennungen zugefügt."

Wenn Dr. Zara'u das Mädchen behandelt hat, wird er den Fall der Polizei melden. So ist das gesetzlich festgelegte Vorgehen. Immer wieder registrieren die Behörden in Kano solche Fälle von häuslicher Gewalt.

Weltweit erfahren rund drei von vier Kindern regelmäßig Gewalt durch Erziehungsberechtigte und andere Aufsichtspersonen. So schreibt es das Kinderhilfswerk UNICEF in einem neuen Bericht. Darin eingerechnet ist psychische Gewalt - wenn Kinder angeschrien und beschimpft werden. Sechs von zehn Kindern sind regelmäßig Opfer von körperlicher Züchtigung durch ihre Eltern oder Betreuer.

Eltern fühlen sich im Recht

Nicht alle Fälle sind so gravierend wie die Misshandlung des Mädchens in Kano. Oft wollten wohl meinende Eltern schlicht ihren Kindern den richtigen Weg weisen - und glaubten sich im Recht, sagt Duduzile Skhosana, Projektleiterin für den Schutz von Kindern bei der Kinderhilfsorganisation Save the Children Südafrika.

Infografik Gesetzeslage zum Verbot der Prügelstrafe

Doch auch Züchtigung in kleinem Ausmaß sei schädlich für die Kinder. "In Afrika haben wir gelernt: Wer den Stock nicht nimmt, verdirbt das Kind", sagt Skhosana. "Wir sind mit dieser Gewalt aufgewachsen und haben sie verinnerlicht. Dabei ist es keine afrikanische Kultur, ein Kind zu schlagen."

Gesetze allein reichen nicht aus

Zusammen mit anderen Organisationen setzt sich Save the Children dafür ein, gesetzliche Schlupflöcher zu schließen. Im Oktober entschied ein Gericht in Südafrika, dass körperliche Züchtigung auch im Elternhaus verboten ist.

Bisher konnten Eltern vor Gericht von einer Klausel Gebrauch machen, wonach eine "angemessene Züchtigung" nicht unter Strafe steht. Diese Ausnahmeregelung sei aber mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, entschied das Gericht.

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Das Land am Kap sendet damit ein wichtiges Signal. Bisher verbieten laut der Global Initiative to End All Corporal Punishment erst rund sechzig Länder weltweit Körperstrafe in allen Bereichen - also auch zu Hause. In Afrika sind es gerade mal sieben Länder. Südafrika zählt zu einem guten Dutzend Länder, die sich diesem Ziel verschrieben, aber noch nicht überall den vollen Schutz im Gesetz verankert haben. Auch das westafrikanische Niger fällt in diese Kategorie.

Doch das Gesetz sei nur die eine Seite der Medaille, berichtet Mohamadou Moussa, Koordinator des Verbands für den Kampf gegen Kinderarbeit in Niger. Die erste Verantwortung für die Kinder liege natürlich bei den Eltern. Wo die versagen, müsse der Staat eingreifen. "Hier im Niger gibt es viele Gesetze zum Schutz von Kindern. Aber sie werden spät oder gar nicht angewendet. Wir wissen noch nicht einmal: Wie viele Kinder gibt es, wo sind sie geboren, in welchen Haushalten leben sie? Wir haben sogar ein Ministerium zum Schutz der Kinder. Aber der Staat ist schlecht organisiert."

Bei den Eltern ansetzen

Mindestens so wichtig wie ein Verbot der körperlichen Züchtigung sei es, Alternativen zu bieten, sagt Skhosane von Save the Children Südafrika. Sie schlägt vor, mit positiven Anreizen zu arbeiten - also Belohnen statt Strafen. Um diesen Wertewandel zu erreichen, arbeiten Kinderschutzorganisationen verstärkt mit sozialen Netzwerken.

Auch die Regierung müsse in solche Erziehungsprogramme investieren, sagt Skhosane. Eine Investition, die sich rentieren werde. Denn physische und psychische Gewalt gegen Kinder habe Langzeitfolgen, die sich auch ökonomisch beziffern ließen. Misshandelte Kinder könnten später oft nicht arbeiten, weil sie körperlich geschädigt wurden oder traumatisiert seien. In einer Studie vom April kommt Save the Children zu dem Schluss, dass Südafrika 2015 so rund 240 Milliarden südafrikanische Rand (14,5 Milliarden Euro) verlor - sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Die Gesetzesänderung in Südafrika sei nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer veränderten Wahrnehmung von Gewalt gegenüber Kindern, sagt Skhosane. Doch ausgerechnet eine christlich geprägte Organisation - Freedom of Religion South Africa - will nun gegen das Urteil Einspruch einlegen. Das Argument: "Züchtigung in Maßen aus Liebe" dürfe nicht mit physischer Gewalt und Misshandlung gleichgesetzt werden. Eltern sollten selbst entscheiden können, wie sie ihre Kinder erziehen.

Mitarbeit: Mahaman Kanta, Nasir Zango