Polen muss umdenken
2. Februar 2009Roman Zimnicki arbeitet im Kohlebergwerk Boleslaw Smialy nahe der südpolnischen Stadt Kattowitz. Die Arbeitsbedingungen in 500 Meter Tiefe sind hart, trotzdem kann er sich nicht vorstellen, woanders zu arbeiten. "Hoffentlich kann ich bis zu meiner Pensionierung hier bleiben." Vor zehn Jahren hat Zimnicki in einer anderen Zeche gearbeitet, die dann dicht gemacht hat. "Dann kam ich hierhin. Ich hoffe, dass diese Zeche nicht geschlossen wird."
Und es sieht gut aus: In den nächsten zehn Jahren soll in Kattowitz weiter gearbeitet werden. Denn die Energieversorgung Polens werde in den nächsten 30 Jahren durch Kohle gesichert, sagt der Kohlelobbyist und ehemalige Vize-Wirtschaftsminister Jerzy Markowski. "Wir haben kein Gas. Es gibt nur zwei ganz kleine Gaskraftwerke, das ist viel zu wenig. Wir haben keine Ölkraftwerke, und wir haben kein einziges Atomkraftwerk."
Kernenergie als Alternative zur Kohle
Obwohl die Vorherrschaft der Kohle in Polen ungebrochen ist, sind die Tage dieses Monopols gezählt. In den nächsten elf Jahren muss Polen seine C02-Emissionen erheblich senken - und damit auch auf andere Energien setzen. Für erneuerbare Energien sieht Kohlelobbyist Markowski jedoch keine große Zukunft in Polen. "Ich halte Kernenergie für die richtige Lösung. Diese sollte die Kohleenergie aber nicht ersetzten, sondern nur ergänzen. Und wir brauchen Zeit, von der Kohle- auf die Atomenergie umzustellen, um den Kohleanteil bei der Stromproduktion in Polen zu senken."
Auch Polens Ministerpräsident Donald Tusk denkt in Richtung Kernenergie. 2020 solle Polen sein erstes Atomkraftwerk haben, kündigte der Regierungschef kürzlich an. Doch die meisten Polen haben Angst vor der Atomenergie: Bereits vor 17 Jahren lehnten sie in einer Volksabstimmung den Bau eines Kernkraftwerkes ab.
Starke polnische Kohlelobby
Andererseits ist der Anteil der erneuerbaren Energie in Polen noch niedrig: Knapp fünf Prozent des Stroms in Polen wird aus Wasser- und Windkraft oder Biomasse erzeugt. Schuld daran sind nicht nur die großen Kohlevorräte, sondern auch die mächtigen Produzenten der Energie- und Treibstoffsindustrie.
Diese hätten einen großen Einfluss auf die Entscheidungen der Regierung und damit auf den polnischen Markt, sagt Slawomir Pasierb von der Stiftung für effektive Energienutzung in Kattowitz. "Die Kohlelobby argumentiert, dass die Kohle die billigste und sicherste Energiequelle sei. Wenn wir auf alternative Energien setzen würden, wäre das angeblich viel zu teuer und weniger sicher für Polen", erklärt Pasierb ihre Argumentation. Im Gegensatz zu der mächtigen Kohlelobby seien die Produzenten der erneuerbaren Energien zahlenmäßig viel kleiner und noch sehr schwach organisiert.
15 Prozent der Energie aus erneuerbaren Energien
Die Entscheidung, auf welche Energieträger Polen setzen wird, liegt in den Händen der Regierung. Eines ist jedoch sicher: Warschau hat sich zu den Zielen der EU bekannt. Danach sollen bis 2020 15 Prozent der polnischen Energie aus Wind, Wasser, Sonne und Biomasse erzeugt werden - mehr als doppelt so viel wie heute. Der Druck seitens der EU, in die erneuerbaren Energien zu investieren, ist also groß.