Plädoyers für die Menschenrechte
10. Dezember 2010Bundespräsident Christian Wulff hat die Deutschen anlässlich des internationalen Tages der Menschenrechte zur alltäglichen Durchsetzung der Menschenrechte, auch im eigenen Land, aufgerufen. "Die Menschenrechte müssen täglich neu behauptet und verteidigt, aber auch von jedem Einzelnen gelebt werden", sagte Wulff am Freitag (10.12.2010) in Berlin. Deutschland könne andere Länder nur dann von der Achtung der Menschenrechte überzeugen, wenn "wir den Maßstab menschenrechtlicher Werte und Prinzipien bei uns selbst anlegen".
Der Bundespräsident dankte deshalb allen, die sich für den Schutz der Menschenrechte engagieren. Sie setzten damit ein wichtiges Zeichen der Solidarität für diejenigen, die nicht selbst für ihre Rechte eintreten könnten, sagte Wulff.
"Menschenrechte sind Pfeiler der deutschen Außenpolitik"
Bundesaußenminister Guido Westerwelle bezeichnete den Schutz der Menschenrechte als Grundpfeiler der deutschen Außenpolitik. Die Menschenrechte seien universell, unveräußerlich und unteilbar, aber längst nicht überall realisiert. "Noch immer gibt es zu viele Menschen, die hinter Gitter kommen, weil sie ihre Meinung frei sagen wollen", sagte Westerwelle in Berlin.
Wer sich für Menschenrechte einsetze, verdiene daher den Schutz Deutschlands. Westerwelle kündigte an, die Bundesrepublik werde ihre bevorstehende Mitgliedschaft im Weltsicherheitsrat dazu nutzen, Kinder in bewaffneten Konflikt besser zu schützen.
In Berlin gab es am Freitag mehrere Kundgebungen, auf denen Aktivisten für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit demonstrierten.
Amnesty: Deutschland in einer Bringschuld
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht Deutschland in Hinblick auf den kommenden Sitz im UN-Sicherheitsrat in einer Bringschuld. "Die Bundesregierung muss ihren Worten Taten folgen lassen und sich weltweit stärker für Menschenrechte engagieren", sagte Monika Lüke, die Generalsekretärin von Amnesty in Deutschland, in Berlin. Die deutsche Außenpolitik müsse werteorientiert sein und dürfe nicht allein wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund rücken.
Bei der Menschenrechtslage in Deutschland selbst stellte Amnesty Nachholbedarf fest. So drohe den Roma in Deutschland weiterhin die Abschiebung in den Kosovo, obwohl sie dort systematisch diskriminiert würden, sagte Lüke. Der "chronische Ausschluss" der Roma, wie er zuletzt in Frankreich "auf besonders schäbige Weise" geschehen sei, müsse deshalb beendet werden.
Friedensnobelpreis diesmal ein richtiges Signal
Die Vergabe des Friedensnobelpreises an den chinesischen Bürgerrechtler Liu Xiaobo begrüßte Lüke. In China herrschten statt Meinungsfreiheit Willkür und Haft. China werde es sich auf Dauer jedoch nicht leisten können, "wirtschaftlich ein Riese und menschenrechtlich ein Zwerg" zu sein. Die Auszeichnung für den in einem Schnellverfahren zu elf Jahren Haft verurteilten Menschenrechtsaktivisten sei "genau die richtige Verwendung für einen Friedensnobelpreis", bemerkte Lüke. Damit werde der internationale Druck auf China und andere Staaten erhöht.
Zugleich äußerte sich Lüke enttäuscht über den Friedensnobelpreisträger von 2009, US-Präsident Barack Obama. Er habe die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt. Obama hatte während seines Wahlkampfes die Schließung des Gefangenenlagers in Guantánamo angekündigt, diese bisher jedoch nicht umgesetzt. Lüke verlangte die Schließung des Lagers. Zudem müssten die Lagerinsassen endlich ordentliche Gerichtsverfahren vor normalen Gerichten bekommen. Außerdem forderte Lüke, nicht nur juristisch gegen die Folterer vorzugehen, sondern auch gegen diejenigen, die das Foltern angeordnet hätten. "Die US-Justiz muss gegen den früheren US-Präsidenten George W. Bush ermitteln, der sich brüstet, das Waterboarding, also das simulierte Ertrinken, angeordnet zu haben", forderte Lüke.
Menschenrechte vielerorts bedroht
Amnesty kritisierte auch die Menschenrechtslage in Mexiko und Weißrussland scharf. Mexiko sei seit dem Einsatz des Militärs gegen Drogen "menschenrechtlich völlig außer Kontrolle" geraten, warnte Lüke. Weißrussland sei das einzige Land in Europa, das noch die Todesstrafe praktiziere. Damit mache sich das Land zum Schlusslicht bei den Menschenrechten in Europa.
Der Tag der Menschrechte erinnert an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 von der UN-Vollversammlung in Paris verabschiedet wurde. Das völkerrechtlich nicht verbindliche Dokument setzt international Normen für unveräußerliche Grundrechte und Freiheiten.
Autor: Bachir Amroune (dpa, epd, dapd, afp)
Redaktion: Ursula Kissel