Clint Eastwoods neuer Film "Sully"
1. Dezember 2016Als Regisseur und Schauspieler hat er meist ein glücklicheres Händchen denn als Wahlkämpfer. Sein 35. Spielfilm, der nun auch in die deutschen Kinos kommt, dürfte Eastwood weitere Sympathien als Filmschaffender einbringen, auch wenn "Sully" von der deutschen Kritik schon ein Übermaß an Pathos und Patriotismus vorgeworfen wird.
"Sully" erzählt die Geschichte des inzwischen legendären US-Piloten Chesley B. Sullenberger, der es vor sieben Jahren schaffte, einen vollbesetzten, flugunfähigen Passagierjet im Hudson River notzulanden. Keiner der Insassen wurde bei dem gefährlichen Manöver ernsthaft verletzt. "Sully" wurde weltweit von den Medien und der US-Öffentlichkeit als Held gefeiert. Die ersten Bilder der spektakulären Landung und die der sich anschließende Rettung der Passagiere auf dem Wasser hatten sich rasend schnell verbreitet - vor allem, weil viele Menschen die Bilder zunächst über den Kurznachrichtendienst Twitter erreichte.
Sullenberger im Räderwerk der Justiz
Später, als die US-Behörden den Unfall untersuchen ließen, geriet auch Sullenberger ins Straucheln. Nicht etwa, weil er irgendetwas falsch gemacht hatte, sondern weil er seine Kritik an der Entwicklung der Luftfahrt deutlich äußerte. Das brachte ihn auch privat zeitweise in eine Krise - so schildert es zumindest der Film.
Clint Eastwood hat als Regisseur einige Meisterwerke geschaffen, den Jazz-Film "Bird" (1988), das Melodrama "Die Brücken am Fluss" (1995), das Boxer-Drama "Million Dollar Baby" (2004) oder "Gran Torino" (2008), einer Auseinandersetzung mit Rassismus und Vorurteilen.
Als Schauspieler gehört Eastwood sowieso zu den ganz Großen des Hollywood-Kinos der letzten Jahrzehnte. Er hat Oscars gewonnen, zahlreiche weitere Filmpreise und ist einer der beliebtesten Stars des amerikanischen Kinos. Eastwood gilt als gradlinig und ehrlich, als disziplinierter Arbeiter und kollegial am Set.
Schonungslose Selbstjustiz: "Dirty Harry"
Doch Eastwood zeigt auch immer wieder eine andere Seite. Im Film und auch als Mensch. Als Schauspieler hat er in vielen Selbstjustiz- und Rachefilmen mitgespielt, in Western vor allem. Seine Rolle als brutaler Cop in "Dirty Harry" (1971) ist noch heute legendär und hat im Kino viele Nachahmer gefunden. Eastwoods vorletzter Regiearbeit, "American Sniper" (2014), könnte man auch als Plädoyer für das Recht des Stärkeren interpretieren. Dieser Film löste heftige Debatten in den USA und anderen Ländern aus.
Das ist alles Kino, das ist Fiktion, könnte man nun argumentieren. Doch Clint Eastwood hat auch aus seiner politischen Einstellung nie einen Hehl gemacht. Schon lange bekennt er sich als Anhänger der Republikaner. Was natürlich sein gutes demokratisches Recht ist. Doch an Fingerspitzengefühl ließ er es öfters fehlen.
2012 erschreckte er die Öffentlichkeit, als er auf dem republikanischen Parteitag auf einen leeren Stuhl, der für den politischen Gegner Barack Obama stand, verbal eindrosch. Ein denkwürdiger wie peinlicher Auftritt, der ihn viele Sympathien kostete.
Eastwood outet sich als Trump-Anhänger
Im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft positionierte Clint Eastwood sich eindeutig für den Kandidaten Donald Trump. In einem Interview mit der US-Zeitschrift "Esquire" sagte Eastwood: "Wir leben in einer Generation der Weicheier. Das große Problem dieser Tage ist die 'pussy Generation'." Auch wenn Eastwood darauf hinwies, dass er kein wirklicher Fan von Trump sei, weil dieser auch "dummes Zeug" erzähle, so sei dieser doch das "kleinere Übel".
"Trump verkörpert eine Stimmung. Weil alle diese politische Korrektheit heimlich satthaben. Wir leben in einer Generation, in der sich alle gegenseitig den Hintern küssen. Alle laufen wie auf Eierschalen", so Eastwoods nicht eben differenzierte Einlassungen zum politisch-gesellschaftlichen Alltag in den USA. Wenn Hillary Clinton einfach fortführe, "was wir jetzt machen, bin ich nicht für sie", fügte der Schauspieler und Regisseur hinzu.
Kolleginnen wie Meryl Streep zeigten sich entsetzt: "Ich bin schockiert", so Streep, die mit Eastwood in "Die Brücken am Fluss" zusammengespielt hatte. Sie hätte Clint Eastwood als "sensibler" eingeschätzt, so die mehrfache Oscar-Preisträgerin in einem Interview mit der Zeitschrift "Variety".
Erfahrungen als Bürgermeister
Clint Eastwood hat selbst Erfahrung als Politiker, wenn auch nur auf lokaler Ebene. Von 1986 bis 1988 war er Bürgermeister der Kleinstadt Carmel in Kalifornien.
Es haben sich schon viele Film-Experten am Weltbild Clint Eastwoods die Zähne ausgebissen. Manche Puzzlestücke seiner Biografie scheinen mit anderen nicht ineinander zu passen. Das gilt vor allem für seine Filme, in denen er oft den harten Kerl mit Hang zur Selbstjustiz markiert hat.
Auf der anderen Seite steht Clint Eastwood immer wieder für gradlinig erzähltes Hollywood-Kino. Gerade in seinen eigenen Regiearbeiten hat er oft bewiesen, dass er auch ein Regisseur ist, der Grautöne zulässt, der die Welt nicht nur in Schwarz und Weiß aufteilt. Bei seinem jüngsten Film "Sully", in dem Tom Hanks die Rolle des mutigen Piloten Chesley B. Sullenberger spielt, scheint zumindest der Regie-Profi am Werk gewesen zu sein. Den US-Zuschauern gefiel das, die bisherigen Einspielergebnisse in den USA sind gut. Nun darf Eastwood auch auf einen weiteren kommerziellen Erfolg in Europa hoffen.