Neues Erdbeben erschüttert Kroatien
29. Dezember 2020Das zweite schwere Erdbeben binnen 30 Stunden hat in Kroatien schwere Schäden angerichtet. Amtliche Stellen sprachen bislang von sieben Toten. Etliche weitere Menschen wurden verletzt. Laut Angaben des European-Mediterranean Seismological Centre (EMSC) wurde eine Stärke von 6,4 gemessen. Das deutsche Geoforschungszentrum GFZ gab die Tiefe des Bebens mit 10 Kilometer unter der Erdoberfläche an.
Das Epizentrum lag in der Kleinstadt Petrinja, 45 Kilometer südöstlich von Zagreb. Kroatischen Medien zufolge liegt das Stadtzentrum praktisch in Trümmern. Ministerpräsident Andrej Plenkovic sagte bei einem Besuch in Petrijna: "Die Armee ist zur Unterstützung hier. Wir werden einige Menschen aus Petrijna wegbringen müssen, weil der Aufenthalt hier nicht sicher ist."
Die Krankenhäuser in Petrinja und der nahen Kreishauptstadt Sisak wurden den Berichten zufolge schwer beschädigt. Der Bürgermeister der 20.000-Einwohner-Stadt, Darinko Dumbovic, sagte dem lokalen Sender N1: "Wir ziehen Menschen aus den Autos." Es sei Panik ausgebrochen, die Menschen suchten nach ihren Angehörigen.
Auch aus der Hauptstadt Zagreb wurden schwere Schäden gemeldet, der Strom viel in weiten Teilen aus. Der Journalist Dalibor Dobric sagte der DW, dort stünden "Tausende und Abertausende Menschen vor Angst auf den Straßen". Die Angst vor Nachbeben ist groß, zumal Zagreb im März schon einmal von einem schweren Erdbeben getroffen wurde. "In der ganzen Region stehen Menschen auf den Straßen, weil sie Angst vor dem nächsten Beben haben."
Atomkraftwerk abgeschaltet
Das Erdbeben war laut Augenzeugen auch in anderen Landesteilen sowie den Nachbarländern Serbien, Bosnien-Herzegowina und Slowenien zu spüren. Erschütterungen wurden bis nach Italien, Österreich und Deutschland registriert.
Die gemeinsamen Eigentümer Slowenien und Kroatien schalteten das Atomkraftwerk Krsko ab, meldete die slowenische Nachrichtenagentur STA. Es liegt unmittelbar an der Grenze zu Kroatien. Eine Abschaltung sei in solchen Situationen ein Standardvorgang, hieß es. Der während der jugoslawischen Ära gebaute und 1983 in Betrieb genommene 700-Megawatt-Reaktor befindet sich rund 100 Kilometer von Petrinja entfernt. Umweltaktivisten fordern wegen der Erdbebengefahr seit langem eine Abschaltung des Meilers. Ursprünglich hätte es 2023 dazu kommen sollen - 2015 einigten sich beide Länder auf eine Laufzeitverlängerung um zwei Jahrzehnte.
EU bietet Hilfe an
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, schrieb auf Twitter: "Wir stehen an der Seite Kroatiens". Demnach hatte sie den für Nothilfe zuständigen EU-Kommissar Janez Lenarcic gebeten, baldestmöglich nach Kroatien zu reisen. Das Balkanland war zum Juli 2013 als bisher letztes Mitglied in die EU aufgenommen worden.
Schon drittes Beben in Kroatien seit März
Kaum 30 Stunden zuvor, am Montagmorgen, hatte es in der Region schon einmal zwei Erdstöße der Stärken 5,2 und 5,0 gegeben, die bereits schwere Schäden verursacht hatten. Am 22. März hatte sich das mit 5,3 stärkste Erdbeben seit 140 Jahren ereignet, damals war insbesondere Zagreb betroffen. Dort waren infolge des Bebens ein Mensch getötet und 27 verletzt worden. Die Länder des vorderen Balkan werden immer wieder von schweren Erdstößen erschüttert - so ereigneten sich im Herbst 2019 mehrere Beben in Albanien.
ehl/sti (dpa, afp, rtr, ap, DW)