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Neue Welle der Gewalt in Simbabwe

3. März 2010

Seit einem Jahr sitzen in Simbabwe die Rivalen Mugabe und Tsvangirai gemeinsam an der Macht. Seitdem zeichnet sich ein Aufschwung ab; Folter und Terror schienen eingestellt. Doch nun wird wieder Gewalt gemeldet.

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Mitglieder der Partei ZANU PF-Miliz schlagen einen Menschen (Foto: ap)
Anhänger der ZANU-PF machen Jagd auf OppositionelleBild: AP

An der Martin Luther Kirche von Pfarrer Klaus Peter Edinger mitten in Harare steht der 44-jährige Clever Pakudvidya: großer Lederhut, zerschlissene Hose, durchgelaufene Schuhe und ein Rucksack mit seinen wenigen Habseligkeiten. Clever ist Anhänger der ehemaligen Oppositionspartei MDC und auch ein Jahr nach der Regierungsbildung der nationalen Einheit ständig auf der Flucht. Er erzählt, dass für ihn und viele andere das Leben nach wie vor höllisch sei. Er berichtet von ständigen Drohungen von Anhängern der Zanu-PF, der Partei von Staatschef Robert Mugabe. Häufig höre er: "Bei den nächsten Wahlen bringen wir dich um". Clever berichtet, dass er bei den letzten Wahlen im Jahr 2008 zwei Wochen lang in einem Zanu-PF-Soldatenlager gefoltert und malträtiert wurde und dass die institutionalisierte Gewalt der Zanu-PF nach wie vor ausgeübt werde. "Gerade gestern habe ich eine SMS bekommen, dass ein MDC-Mitglied umgebracht wurde und dass sie geschlagene fünf Tage versucht haben, den Mann zu beerdigen, aber dass aus Angst sich keiner in der Familie zu ihm bekannt hat." Die Lage in Simbabwe sei nach wie vor angespannt und könne einen in die Verzweiflung treiben, so Clever.

Schlägertrupps der institutionalisierten Gewalt

Junges Mädchen durchsucht Müll nach Nahrungsmitteln (Foto: dpa)
Viele Frauen in Simbabwe sind Opfer von GewaltBild: picture-alliance/ dpa

In Epworth, einem Vorort von Harare, der als Hochburg der ehemaligen Oppositionspartei MDC gilt, versuchen Pfarrer Edinger und seine Assistentin Margret Kalis etliche Frauen, die Opfer von Vergewaltigung, Folter und Prügel geworden sind, durch Lebensmittel und Beistand zu helfen. Die meisten der Frauen wurden aus ihren Heimatorten vertrieben und ihre Häuser dem Erdboden gleichgemacht. Die wenigsten wissen, wo ihre Männer sind, keine hat einen Job, die meisten haben mehrere Kinder. Auch sie haben das Gefühl, ständig auf der Flucht zu sein. In Epworth suchten sie Schutz. Gefunden haben sie ihn nicht. Erst letzte Woche, so berichtet Pfarrer Edinger, hätte es hier von der Zanu-PF inszenierte Gewaltausbrüche gegeben. Seine Kollegin Margret Kalis sagt, es seien Schlägertrupps, die wild auf Frauen einprügelten. Einige Frauen könnten weder ihre Arme noch Beine mehr gebrauchen, so arg seien sie zugerichtet worden.

Leben in ständiger Angst

Versteckt hinter einer Hütte sitzen rund 20 Frauen, alle Opfer der jüngsten Gewalt. Sie gehen auf Krücken, sind bandagiert oder gar langfristig körperlich beeinträchtigt. Tsitsi ist 44, hat sechs Kinder und sagt, sie habe das Gefühl das ewige Opfer zu sein: "Ich gehe mit einer Krücke, da wissen die sofort, dass ich MDC Unterstützerin bin und fangen an, auf mich einzuschlagen. Es ist schwer. Wo soll ich denn hin mit meinen Kindern? Ich schlafe keine Nacht durch, manchmal haben wir nichts zu essen und wir sitzen hier nur rum in ständiger Angst, dass sie wiederkommen, um uns zu verprügeln." Neben ihr sitzt die 28-jährige Sonkwasi, die letztes Jahr wegen des Terrors, den sie erlebt hat, einen Nervenzusammenbruch hatte. Sie verspürt keinerlei Hoffnung mehr: "Ich sehe keine Perspektive. Keine Ahnung, ob ich hier bleiben kann, man weiß nie, ob sie wiederkommen. Am schlimmsten ist diese Angst wegen meiner drei Kinder. Wir leben in ständiger Angst."

Robert Mugabe mit Kind auf dem Arm bei Wahlkampfveranstaltung (Foto: dpa)
Macht immer gute Mine zum bösen Spiel seiner Anhänger: Robert MugabeBild: dpa

"Im Dialog bleiben ist der einzige Weg"

Mit den Berichten neuerlicher Gewaltausbrüche auf dem Land und in Harares Vororten gibt die MDC-Ministerin für nationale Versöhnung, Sekai Holland, bereitwillig zu, dass sie um die brutale Gewalt gegen mutmaßliche MDC-Anhänger weiß. Über Jahrzehnte habe sich eine Kultur der Gewalt etabliert, die nicht innerhalb eines Jahres durch die Regierung der nationalen Einheit beseitigt werden könne. Es ist nicht, als ob Holland nicht wisse, wovon sie spricht. Sie selber wurde zusammen mit Premierminister Tsvangirai übelst zusammengeschlagen und Präsident Mugabes Sicherheitskräfte drohten, ihr Finger und Beine zu amputieren. Dennoch, sagt sie, "die Regierung der nationalen Einheit darf nicht zerbrechen. Dass der Dialog und das Miteinander einen Weg finden, ist die einzige Chance, die wir haben". Sie will dies auf dem Hintergrund verstanden wissen, dass die MDC bereits sämtliche Wahlen der letzten zehn Jahre gewonnen, aber immer noch nicht an die Macht gekommen ist. Soll es keinen Bürgerkrieg geben, dann kann und muss ein Wandel wohl nur von innen - aus einer gemeinsamen Regierung - heraus entstehen.

Autorin: Dagmar Wittek

Redaktion: Klaudia Pape