Simbabwe - weiße Unternehmer in Angst
2. März 2010Das nur ein Jahr alte Regierungsbündnis zwischen den Erzrivalen Robert Mugabe und Morgan Tsvangirai steht vor einer mächtigen Zerreißprobe. Es knirscht so sehr im Gebälk, dass die Ministerin für Wiederaussöhnung Sekai Holland (MDC) ihre für diese Woche geplante Reise zur UN nach New York absagen will. Und die Gewerkschaftschefin Lucia Matibenga sagt, dass man jetzt alle Kräfte bündeln müsse, um ein Auseinanderbrechen der Regierung der nationalen Einheit zu verhindern. Der Grund: Zanu-PF-Minister Saviour Kasukuwere alias "Tyson", ein Ex-Bodyguard von Präsident Mugabe will allen ausländischen Firmen und Unternehmen an den Kragen. 51 Prozent jedes Unternehmens sollen künftig laut Gesetz, das am Montag (01.03.2010) in Kraft getreten ist, in der Hand von schwarzen Simbabwern sein. Alle ausländischen Unternehmen, die mehr als 500.000 US Dollar wert sind, müssen bis April einen Plan vorlegen, wie sie gedenken dies in den nächsten fünf Jahren umzusetzen. Wer die Fristen nicht einhält, dem drohen fünf Jahre Haft.
Angst bei weißen Geschäftsleuten
Einer der ganz wenigen deutschen Geschäftsmänner, die noch in Simbabwe tätig sind, seufzt: "Tja, das war es dann wohl". Jetzt hat er wieder Angst. Aus Furcht vor staatlichen Repressalien will er nicht genannt werden. Die Schlägertrupps der Mugabe-Regierung waren vor ein paar Jahren schon bei ihm: die Hälfte seines Hab und Guts wurde vom Staat weggenommen und schwarzen Simbabwern übergeben. Das war im Zuge der Farmenteignungswelle, die fast alle der 4500 weißen Farmer aus dem Land getrieben hat. Jetzt sind die Firmen dran. Mehr als die Hälfte aller großen kommerziellen Unternehmen im Land gehören Ausländern. Vor allem geht es der Regierung wohl um die lukrativen Gold-, Platin- und Diamantenminen des Landes. "Damit geht das Land den Bach runter", urteilt Wilfried Pabst, dem ein Tierschutzreservat gehört.
Das Inkrafttreten des Gesetzes kommt zu einem Zeitpunkt in Simbabwe, an dem alles nach Aufschwung und wirtschaftlicher Erholung aussah. Dank der Einführung des US Dollars sind die Läden jetzt wieder voll. Noch vor eineinhalb Jahren waren die Regale leer und wenn es irgendwo Brot, Milch oder Mehl gab, dann wanden sich kilometerlange Menschenschlangen um die Häuserblocks. Heute herrscht in der Innenstadt von Harare, Simbabwes Hauptstadt, geschäftiges Treiben. "Das 51 Prozent-Gesetz macht den ganzen wirtschaftlichen Aufschwung wieder kaputt. Piraterie ist das", so Pabst. Einer der ganz wenigen Journalisten, die sich in Simbabwe noch trauen, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, Eric Bloch, schrieb in der Zanu-PF-kritischen Wochenzeitung 'The Independent': "Das ist der Todesstoß der Wiedergeburt". Premierminister Tsvangirai wütete, dass die Vorgehensweise verfassungswidrig und somit das Inkrafttreten des Gesetzes null und nichtig sei. Offenbar hatte er nicht mit einem Inkrafttreten des bereits vor zwei Jahren entworfenen Gesetzes gerechnet.
Hinter den Kulissen laufen die Drähte heiß. Es geht darum, die MDC-Zanu PF Einheitsregierung zu retten. Tsvangirai wird von vielen seiner Unterstützer im Land inzwischen als Versager gesehen, der sie an die Zanu PF verraten und verkauft habe. Unterdessen nehmen die gewalttätigen Übergriffe von Zanu-PF-Schlägertrupps wieder zu. Erst letzte Woche wurden Frauen in Epworth, einem Vorort von Harare und traditionell eine MDC Hochburg, verprügelt. Ministerin Holland ruft zu weiteren Verhandlungen auf und fordert die internationale Gebergemeinschaft dazu auf, die Einheitsregierung weiterhin zu unterstützen. Man brauche mehr Zeit und Gespräche seien der einzige Weg in die Zukunft.
"Letztes Wort noch nicht gefallen"
Der deutsche Botschafter Albrecht Conze findet ganz klare Worte für die schwierige Situation, in der sich die Einheitsregierung befindet. Es sei, als wenn Merkel und Honecker hätten zusammen regieren müssen. Hinter "Tysons" Vorstoß stehen, so urteilen die meisten Beobachter, eigene Interessen. Aber, so Conze: "es gibt erheblichen Widerstand sowohl in der eigenen Partei Mugabes als auch in der schwarzen Wirtschaftselite". Investoren zu verschrecken, das könne sich das Land nach dem wirtschaftlichen Kollaps nicht leisten.
Man werde sicherlich noch einiges revidieren, da ist Conze zuversichtlich.
Wirtschaftminister Elton Mangoma bestätigt, dass an der Interpretation und den Ausführungsregeln des Gesetzes noch gefeilt werde. Insofern ist noch sehr viel unklar und auch wenn bei den meisten deutschen Unternehmern Unruhe und große Verunsicherung herrscht, bleibt Wilfried Pabst zunächst einmal gelassen. Er beruft sich auf das zwischen Simbabwe und Deutschland bestehende Investitionsschutzabkommen. Dass das Mugabes Regierung bei anderen deutschen Investoren in der Vergangenheit nicht gekümmert hat, müsse für ihn nicht zutreffen. Er habe gute Verbindungen. Aber eine geplante 100 Millionen US Dollar Investition im Bergbau liegt erst einmal auf Halde.
Wirtschaftsminister Mangoma versucht zudem zu beruhigen: "Es geht hier nicht um Enteignung. Firmenanteile müssen gekauft werden. Wenn jemand in Simbabwe investieren will, dann kann es sogar Bereiche geben, wie zum Beispiel den für den Wirtschaftsaufschwung dringend benötigten Energiesektor, der zu 100 Prozent in ausländischer Hand liegen kann. Man kann doch mit uns verhandeln.“
Autorin: Dagmer Wittek
Redaktion: Klaudia Pape