1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

NATO berät Rolle im Irak

12. Februar 2020

Die NATO will mehr Einsatz im Kampf gegen den IS im Irak zeigen. Die USA können zufrieden sein. Die deutsche Ministerin zögert. Von Bernd Riegert, Brüssel.

https://p.dw.com/p/3XgTT
Irak Bagdad 2010 | NATO-Training für Polizisten
NATO-Soldaten bilden Polizisten am Flughafen in Baghdad aus: Mehr davon?Bild: Getty Images/AFP/A. Al-Saadi

Die Verteidigungsminister der NATO sind bereit, die Aktivitäten der Allianz im Irak auszuweiten. Die zur Zeit teilweise suspendierte Ausbildungsmission mit einer Stärke von 500 Personen soll wieder aufgenommen und vergrößert werden. Das teilte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach den Beratungen der Minister in Brüssel mit. Die NATO hatte bis zum Januar irakische Sicherheitskräfte für den Kampf gegen die islamistischen Terror-Milizen des sogenannten "Islamischen Staates" (IS) ausgebildet. Nach den Unruhen und Protesten gegen eine US-amerikanische Truppenpräsenz im Irak im Januar versuchen die NATO-Verteidigungsminister die Lage jetzt wieder zu beruhigen. Das irakische Parlament hatte den Abzug aller US-Streitkräfte aus dem Land gefordert. Dort sind etwa 5000 amerikanische Soldaten stationiert, die für Sicherheit sorgen sollen.

Die Proteste waren durch die Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani im Irak durch einen amerikanischen Luftangriff Anfang des Jahres ausgelöst worden. Das Parlament des Iraks ließ die Möglichkeit zu, außer amerikanischen auch andere ausländische Soldaten im Land zu stationieren. Deshalb wäre eine NATO-Mission ohne amerikanische Beteiligung wohl weiter möglich. US-Präsident Donald Trump hatte von der NATO mehr Engagement in der Region gefordert.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg
NATO-Generalsekretär Stoltenberg braucht eine Einladung aus dem IrakBild: picture-alliance/AA/D. Aydemir

Irak muss noch zustimmen

Nach Angaben aus NATO-Kreisen sei sich die Allianz mit der noch zu bildenden irakischen Regierung über die Modalitäten einer Ausbildungsmission mehr oder weniger einig. Eine förmliche Zustimmung der irakischen Seite liegt aber noch nicht vor. Eine entsprechende Frist der NATO ist verstrichen. Der neue irakische Ministerpräsident Taufik Allawi tritt voraussichtlich erst Anfang März sein Amt an. Der bisherige Regierungschef Adel Abdel Mahdi war nach den Protesten im Irak zurückgetreten. "Wir bleiben nur im Irak, wenn wir eine entsprechende Einladung bekommen", sagte NATO-Generalsekretär Stoltenberg in Brüssel.

Die NATO will nun einen Teil der Ausbildungsaufgaben von der "Internationalen Allianz gegen den IS", die ebenfalls im Irak präsent ist, übernehmen. Es könnte sich um einige hundert Soldaten und Ausbilder handeln. Die genaue Zahl steht aber auch nach den Beratungen der 29 Verteidigungsminister bei ihrer Frühjahrstagung noch nicht fest.

Brüssel NATO-Ministertreffen Kramp-Karrenbauer
In Berlin unter Druck, in Brüssel handlungsfähig: Verteidigungsministerin Kramp-KarrenbauerBild: DW/Bernd Riegert

AKK will die Bundeswehr nicht eingliedern

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hält daran fest, dass Bundeswehrsoldaten nicht an der NATO-Mission im Irak teilnehmen. Deutsche Soldaten bilden im Irak Sicherheitskräfte aus, allerdings im Rahmen der Internationalen Allianz  gegen den IS. Innerhalb der Regierungskoalition hatten sich die Sozialdemokraten bei der Erteilung des Mandates gegen eine Unterstellung unter die NATO ausgesprochen. Die "Globale Koalition" wird von den USA angeführt. Die irakische Regierung könnte darauf dringen, deren Präsenz im Irak zu verringen.

Annegret Kramp-Karrenbauer, die nach ihrem angekündigten Rückzug als Vorsitzende der Christdemokraten und mögliche Kanzlerkandidatin innenpolitisch schwer unter Druck steht, will sich offenbar keinen weiteren Streit mit den Sozialdemokraten in der Großen Koalition leisten. "Wir haben ein klares Bundestagsmandat, das ein Engagement im Rahmen der internationalen Koalition gegen den IS vorsieht, ganz bewusst keine Teilnahme an der NATO-Mission", sagte die Ministerin in Brüssel. Sie wolle jetzt erst einmal die Diskussion im Irak abwarten.

Als Verteidigungsministerin soll Kramp-Karrenbauer nach dem Willen der Bundeskanzlerin Angela Merkel im Amt bleiben. Ihre politische Krise in Deutschland hat die Handlungsfähigkeit der Politikerin bei der NATO auf der Brüsseler Bühne noch nicht untergraben. Das versichern zumindest NATO-Diplomaten. "Wir arbeiten gut mit der aktuellen Ministerin zusammen. Das gilt natürlich auch für alle Nachfolgerinnen oder Nachfolger", so hört man in den Fluren der NATO-Zentrale.

Irak Bundeswehr
Bundeswehr-Einsatz im Irak: Kurdische Truppen werden in Erbil ausgebildet. Das soll so bleiben.Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Noch kein Durchbruch in Afghanistan

Die NATO-Verteidigungsminister haben auch über den Einsatz der Allianz in Afghanistan beraten. Generalsekretär Stoltenberg sagte am Abend, die NATO unterstütze die Verhandlungen zwischen den USA und den islamistischen Taliban über einen Friedensprozess voll und ganz. Dass die Verhandlungen kurz vor einem Durchbruch stünden, wie von der afghanischen Regierung behauptet wurde, konnte man in Brüssel nicht bestätigen. Der amerikanische Verteidigungsminister Mark Esper hielt sich am ersten Tag des NATO-Treffens noch bedeckt. Die USA wollen möglichst bald ihre Truppenstärke in Afghanistan reduzieren. "Aber die Taliban müssen zeigen, dass sie bereit und in der Lage sind, die Gewalttaten in Afghanistan zu reduzieren", sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. 

NATO denkt über Nahen Osten nach

Die amerikanische NATO-Botschafterin Kay Bailey-Hutchison zeigte sich mit der möglichen Ausweitung der NATO-Mission im Irak zufrieden. Das entspreche den Wünschen des US-Präsidenten, sagte die Botschafterin bereits am Dienstag. NATO-Generalsekretär Stoltenberg kündigte an, die Allianz werde, wie von Trump verlangt, auch eine stärkere Präsenz in der gesamten Nahost-Region prüfen. "Es ist aber nicht klar wie ein solches Engagement aussehen könnte", sagte Jens Stoltenberg. Die NATO-Alliierten in Europa sind nicht erpicht darauf, sich in die komplizierten Konflikte zwischen dem Iran, Saudi-Arabien, den Golfstaaten, Israel und den Palästinensern hineinziehen zu lassen.

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union