Nackt im Netz
2. März 2010Egal, ob man eine E-Mail schreibt, im Forum mit Freunden chattet, etwas online kauft oder per Mausklick Informationen recherchiert: als Internet-Nutzer hinterlässt man stets digitale Datenspuren, die für immer abrufbar sind. Deswegen sollte man sich gut überlegen, welche persönlichen Informationen man im Netz preisgibt. Sonst kann es auch nach Jahren noch ziemlich unangenehm werden. Zwei Drittel aller deutschen Personalchefs informieren sich nämlich inzwischen über Suchmaschinen wie Google über Jobbewerber. Und wenn die im Internet auf alberne Partyfotos oder peinliches Geschwafel des jeweiligen Aspiranten stoßen, braucht der oft schon nicht mehr zum Vorstellungsgespräch zu erscheinen.
Karrierefalle Internet
Gerade junge Leute verhalten sich auf Foren wie StudiVZ, Facebook oder Twitter häufig unklug, meint der Kölner Internetexperte Vitaly Malykin. Unbedarft machen hier viele ihrem Ärger Luft, plaudern Intimes aus oder verschicken unvorteilhafte Bilder von sich. Das alles kann den guten Ruf nachhaltig schädigen. Was meistens als harmloser Spaß beginnt, wird später nicht selten zum Ärgernis, manchmal sogar zur existenziellen Bedrohung. Denn je mehr das Internet zum Geschäftsportal avanciert, desto wichtiger wird ein makelloses Online-Image. Und dafür engagiert man neuerdings einen so genannten "Online Reputation Manager".
Hohes Gut: der gute Ruf im Netz
Ein Online Reputation Manager wie Vitaly Malykin von "Design4U" aus Köln ist darauf spezialisiert, für seine Kunden unliebsame Meldungen und Bilder, die negative Reaktionen hervorrufen könnten, aus dem Netz verschwinden zu lassen. Das allerdings ist gar nicht so einfach. Denn peinliche Daten zu löschen, funktioniert in den meisten Fällen nicht – selbst dann nicht, wenn der jeweilige Homepage-Betreiber sich bereit erklärt, sie zu vernichten. Viele Daten sind danach immer noch im "Cache" der Suchmaschinen gespeichert, im digitalen Gedächtnis von Google und Co. Und das ist selbst für einen Programmierer wie Malykin schwer zu knacken.
Der Kölner Websdesigner empfiehlt seinen Kunden deswegen zusätzlich eine Suchmaschinen-Optimierung. Das heißt: Malykin richtet für sie neue Webseiten und Blogs im Internet ein, die er mit positiven Inhalten füllt und dann so programmiert, dass sie die Negativ-Meldungen nach und nach von den ersten Google-Seiten verdrängen. Denn die vorderen Treffer der Suchmaschinen, weiß er, wirken wie ein Aushängeschild, weil die allermeisten Google-Nutzer sich sowieso nur bis zur dritten Seite durchklicken.
Beruf mit Zukunft
Wie wirkungsvoll so eine Suchmaschinen-Optimierung sein kann, zeigt der Fall der angeschlagenen Marseille-Kliniken im November 2005. Nachdem der Klinikchef einen Webdesigner angeheuert hatte, der alle Negativmeldungen durch positive Artikel auf den ersten Google-Seiten ersetzte, stiegen die Aktienkurse des Unternehmens rasant von 36 Millionen Euro auf über 100 Millionen Euro an. "Da hat man mit einem neuen Online-Image sehr gut Geld verdient", erzählt Malykin.
Der gläserne Nutzer
Nach der Internet-Euphorie der 1990er Jahre erwacht nun also langsam die Sorge um eine bedrohte Privatsphäre und Datenkontrolle im Netz. Besonders die junge Nutzer-Generation der "Digital Natives" lässt sich durch die vermeintliche Nähe und Bequemlichkeit von Online-Kontakten leicht verführen. "Heute kennen sich schon 13- oder 14-Jährige bestens mit dem Internet aus und sprechen mit Freunden in Foren und Blogs, die sie offline nie gesehen haben", sagt Malykin. "Die können zwar alles im Web, aber unterschätzen sehr oft die Risiken." Dabei sei nicht nur Datenklau, sondern auch üble Nachrede, Beleidigung und Verleumdung im Netz gang und gäbe. Da viele Plattform-Betreiber jedoch im Ausland ansässig sind, sei es schwer, juristisch gegen solche Verfehlungen vorzugehen. "Das sollte man sich klarmachen", warnt Malykin. "Man hat im Internet auch ein Recht auf Geheimnisse – und manche Dinge behält man hier einfach besser für sich."
Autorin: Gisa Funck
Redaktion: Petra Lambeck