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Zu spät in Schwung

7. Juli 2011

Deutschland wartet weiter auf Olympische Spiele. München musste sich im Rennen um die Winterspiele 2018 Pyeongchang geschlagen geben. Die Bewerbung sei zu spät in Fahrt gekommen, meint DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

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Symbolbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Was hat das Pendel gegen München, zugunsten Pyeongchangs ausschlagen lassen? Mehr als spekulieren kann man darüber nicht. Wer es bis zum Tag der Entscheidung geschafft hat, das Rennen offen zu halten, muss eigentlich fast alles richtig gemacht haben. Nach welchen Kriterien ein IOC-Mitglied dem einen oder anderen Kandidaten seine Stimme schenkt, bleibt dessen Geheimnis. Hat der Delegierte nach der Faktenlage entschieden oder emotional? Stand sein Entschluss schon lange fest oder war er spontan? Hat er sich von den Lobbyisten, die alle Bewerber im Gefolge hatten, überzeugen, überreden, beeindrucken lassen? Ist ihm etwas versprochen oder sogar zugeschoben worden?

Grauzone

Porträt DW-Sportredakteuer Stefan Nestler (Foto: DW)
Es kommentiert: DW-Sportredakteur Stefan NestlerBild: DW

Das Internationale Olympische Komitee hat nach dem Bestechungsskandal bei der Vergabe der Winterspiele 2002 an Salt Lake City einiges unternommen, um Korruption in den eigenen Reihen einen Riegel vorzuschieben. Das unterscheidet das IOC wohltuend vom Fußballweltverband FIFA. Dennoch gibt es auch heute noch eine Grauzone. Geldgeschenke könnten beispielsweise als Entwicklungshilfe getarnt werden oder als großzügige Spende für eine Sportstiftung im Land des IOC-Mitglieds. Ein Rest Zweifel, ob wirklich alles mit rechten Dingen zugegangen ist, wird also immer bleiben.

Markt der Zukunft

Sowohl Südkorea als auch Deutschland genießen weltweit den Ruf, sportliche Großereignisse zuverlässig auszurichten: Die Organisation stimmt, die Stimmung und - ganz wichtig - auch die Finanzen. Dass Pyeongchang den Zuschlag erhielt, spricht dafür, dass der zuletzt genannte Punkt möglicherweise der entscheidende war. Für Südkorea sprach, dass Asien als Wintersport-Markt der Zukunft gilt, während Europa schon ausgereizt scheint. So ganz nebenbei ist Pyeongchangs Haupt-Geldgeber, der Elektronikkonzern Samsung, auch einer der Top-Sponsoren des IOC. Zudem dürfte manchen Delegierten beeindruckt haben, wie hartnäckig die Koreaner sich immer wieder bewarben. Erst die dritte Kandidatur in Folge wurde jetzt belohnt.

Unangenehme Opposition

Münchens Bewerbung kam eigentlich erst im September 2010 so richtig in Fahrt, als Katarina Witt die Führung übernahm. Das war spät. Zu spät. Mit ihrem Charme versuchte die 45 Jahre alte frühere Doppel-Olympiasiegerin im Eiskunstlauf, die Fehler zu überspielen, für die ihr Vorgänger Willy Bogner verantwortlich war. So hatte es das Bewerbungskomitee versäumt, die Bauern in Garmisch-Partenkirchen rechtzeitig ins Boot zu holen. Eine Anti-Olympia-Bewegung formierte sich. Im vergangenen Mai, also erst zwei Monate vor der IOC-Entscheidung, einigte man sich mit den Landwirten, deren Grundstücke für die olympischen Spiele nutzen zu dürfen. Dass die Opposition gegen Olympia auch ein Stück gelebte Demokratie war, dürfte die meisten IOC-Mitglieder kaum beeindruckt haben. Bei den Funktionären zählt eher, dass alles glatt läuft, Demokratie hin oder her. In dieser Hinsicht lag Pyeongchang eindeutig vorn.

Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Joscha Weber