Touristenmagnet Soweto
27. April 2014Soweto besticht nicht gerade durch Schönheit. Schon von weitem sieht der heutige Vorort von Johannesburg heruntergekommen und eher unscheinbar aus. Die alten Häuser und Slums wären unter normalen Umständen eher eine Gegend, die Besucher weitläufig meiden würden. Doch die Geschichte hat die Siedlung in einen Touristenmagneten verwandelt.
1963 stampfte Südafrikas repressives Apartheid-Regime Soweto, das South Western Township, im Südwesten Johannesburgs aus dem Boden. Dort sollte die schwarze Bevölkerung leben - nach Apartheid-Ideologie getrennt von anderen Südafrikanern. Jeder Bürger wurde damals einer der vier verschiedenen Rassen zugeteilt: "Schwarz", "farbig" (oder "gemischtrassig"), "asiatisch" oder "weiß".
Keine Rechte
An diese perfide Rassentrennung erinnert heute ein Apartheid-Museum, das 2001 außerhalb von Soweto eröffnet wurde. Fotos, Videos, Audioinstallationen und Symbole zeigen ein System, dass Schwarze mit Hunden gleichsetzte und massiv ihre Rechte beschnitt. Die Apartheid wurde 1948 offiziell in Südafrika eingeführt.
Die Dauerausstellung beinhaltet Fotos und Videos, die zeigen, wie Schwarze aus ihren Elternhäusern und Wohngegenden vertrieben wurden. Andere belegen, wie Schwarze als Sklaven in der Landwirtschaft und in Minen eingesetzt wurden, während weiße Südafrikaner sich kulinarisch verwöhnen ließen und ausgelassen feierten. Schilder wie "Nur Europäer" oder "Hunde und Schwarze nicht erlaubt" zeigen die volle Bandbreite der Diskriminierung, die zu Zeiten der Apartheid für Millionen von Menschen Alltag war.
Der gebürtige Sambier Deus Mwale nahm vor kurzem gemeinsam mit anderen Afrikanern an einem Workshop in Südafrika teil. Vor der Rückkehr in die Heimat besuchte die Gruppe das Apartheid-Museum und Soweto. "Wir sind froh, dass dieses schlimme System jetzt vorbei ist. Es ist gut, dass die Geschichte bewahrt wird, damit sich so etwas nicht wiederholt", sagt Mwale.
Auf den Spuren von Nelson Mandela und Desmond Tutu
Die erste Anlaufstelle der Gruppe: Vilakazi Street, die Straße, in der früher zwei bekannte Nobelpreisträger und Anti-Apartheid-Ikonen - Nelson Mandela und Erzbischof Desmond Tutu - wohnten. Touristen aus der ganzen Welt strömen regelmäßig zu dieser Straße, um das Haus von Mandela zu sehen, das nun ein Museum beherbergt.
Einige Bewohner der Straße haben sich den Besucheransturm zu Nutzen gemacht und ihre Häuser in Restaurants und Bars verwandelt. Künstler stehen am Straßenrand und verkaufen alle Arten von bemalten Stoffen, Zeichnungen, Skulpturen, Perlenketten oder Kunstobjekte aus Draht. "Unsere Kunden sind Leute, die aus dem Ausland hierher nach Soweto kommen, um Mandelas Haus zu sehen. Das sind Leute aus Europa und aus einigen afrikanischen Ländern", sagt der selbsternannte Handwerkskünstler Sam Muderedzwa.
Pitso Moshe arbeitet für die Theatergruppe "Ditautsa Koma Dance" und verdient ihren Lebensunterhalt mit Auftritten für Touristen in und um Vilakazi Street. Moshe sagt, das internationale Interesse an Soweto sei die treibende Kraft für die Gruppe. "Wenn es nicht die Häuser von Mandela und Desmond Tutu gäbe, dann würde niemand hierhin reisen und auch nicht sehen, was auf der Vilakazi Street passiert", so Moshe.
George Maluleke hat sein Haus in eine Bar umgebaut und serviert traditionelles Bier. Das sei beliebt und versorge ihn mit einem guten Einkommen. "Es ist ein Privileg für mich, all diese weißen Besucher in meiner Bar zu haben, die hier Bier trinken und Mahlzeiten zu sich nehmen. Ich profitiere sehr vom Tourismus hier im Township", sagt Maluleke und spricht damit für viele der Bewohner.
Erinnerung an Hector Pieterson
Nicht weit entfernt von den Touristenströmen der Vilakazi Street steht das Hector Pieterson Memorial Museum, benannt nach einem kleinen Jungen, der im Alter von 13 Jahren von Polizisten erschossen wurde. Er starb, als sie das Feuer auf unbewaffnete Studenten eröffneten, die während des Aufstands in Soweto 1976 gegen die Apartheid protestierten. Das Museum wurde 2002 an der Stelle eröffnet, an der Hector getötet wurde. Katlego Mphuti, die durch das Apartheid-Museum führt, sagt, Soweto sei Pflicht für jeden, der sich für Südafrikas Geschichte und das Vermächtnis der Apartheid interessiere. Auch vor dem Hector Pieterson Museum stehen Stände mit Kunsthandwerk, wo viele Touristen Andenken kaufen.
Der Forscher Gugu Dladla, der sich mit Tourismusfragen beschäftigt, sieht darin etwas Gutes. Endlich könnten die Township-Bewohner einmal einen Nutzen aus der Apartheid ziehen. "Soweto war bekannt für seine hohe Kriminalitätsrate, aber der Tourismus hat das Gesicht des Townships verändert. Leute finden hier nun Jobs und verdienen genug Geld zum Leben."