Friedrich stürzt über Affäre Edathy
14. Februar 2014Er trete zurück, weil der Druck auf ihn zu groß geworden sei, sagte Hans-Peter Friedrich vor Journalisten in Berlin. Er sei aber weiter der Überzeugung, dass er im Fall Edathy "politisch und rechtlich richtig gehandelt" habe. Sein Abschied aus dem Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft fiel im sichtlich schwer. "Auf Wiedersehen, ich komme wieder", sagte der CSU-Politiker selbstbewusst. Am Vormittag hatte Friedrich noch erklärt, vorerst im Amt bleiben zu wollen. Er knüpfte sein politisches Schicksal aber daran, dass die Justiz nicht gegen ihn ermitteln werde.
Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm seinen Rücktritt "mit großem Respekt und großem Bedauern" an. Mit diesem Schritt stelle Friedrich "seine aufrechte Haltung unter Beweis", sagte sie in Berlin. Unabhängig von der rechtlichen Bewertung übernehme er damit die politische Verantwortung. Einen Nachfolger präsentierte Merkel noch nicht, da sie sich zuerst mit CSU-Chef Horst Seehofer über die Personalie abstimmen wolle.
Zu viel geredet
Der Rücktritt Friedrichs ist eine Folge seines Verhaltens im Fall des ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy. Im Oktober 2013 war Edathys Name im Zusammenhang mit internationalen Ermittlungen gegen eine kanadische Firma aufgetaucht, die im Internet kinderpornografische Darstellungen vertreibt. Da sich in der Kundendatei der Firma auch 800 Abnehmer in Deutschland fanden, wurden auch deutsche Behörden eingeschaltet. Friedrich, damals Bundesinnenminister, bekam Kenntnis von der Angelegenheit und informierte SPD-Chef Sigmar Gabriel, der seinerzeit kein Regierungsamt innehatte. Die Bundeskanzlerin informierte er nicht, was zu einer Missstimmung zwischen Angela Merkel und Friedrich geführt haben soll.
Die Weitergabe der Informationen im Zuge vertraulicher Ermittlungen wurde als Verletzung von Dienstgeheimnissen gewertet. Gabriel setzte weitere sozialdemokratische Spitzenpolitiker in Kenntnis, die aber alle beteuern, Edathy nicht informiert zu haben. Auf welchem Weg Edathy von den anstehenden Durchsuchungen seiner Büros und Wohnung erfuhr, ist bisher nicht bekannt. Anscheinend hatte er aber die Gelegenheit, Computer und mögliches Beweismaterial zur Seite zu schaffen. Edathy hatte am 7. Februar überraschend sein Bundestagsmandat niedergelegt und hält sich seither an einem unbekannten Ort auf.
Glückloser Minister
Friedrich war im Jahr 2011 überraschend Innenminister geworden. Er folgte damit auf Thomas de Maizière (CDU), der Verteidigungsminister wurde, nachdem sein Vorgänger über eine Plagiatsaffäre gestürzt war. Zum ersten Mal seit 1989 stand damit wieder ein CSU-Politiker an der Spitze des Innenministeriums. Doch seine Amtszeit stand unter keinem guten Stern. Friedrich galt als sicherheitspolitischer Hardliner, der die Befugnisse für die Sicherheitsbehörden ausdehnen wollte. So hielt er gegen den Widerstand der Bundesjustizministerin an der Vorratsdatenspeicherung fest.
Ab November 2011 überschattete der Skandal um die NSU-Terrorzelle seine Amtszeit. Im Zuge der Ermittlungen um eine Mordserie, der zwischen den Jahren 2000 und 2007 neun Männer mit ausländischen Wurzeln und eine Polizistin zum Opfer gefallen waren, traten schwere Mängel bei Verfassungsschutz und Sicherheitsbehörden zu Tage. Unglücklich agierte Friedrich auch in der Affäre um die Überwachung der Telekommunikation durch amerikanische und britische Geheimdienste. Kritikern der massenhaften Ausspähung durch die NSA und ihre Partner warf Friedrich Anti-Amerikanismus vor. Nach der Bundestagswahl wechselte Friedrich ins Amt des Landwirtschaftsministers. Von politischen Beobachtern wurde dies als Versetzung in die zweite Kabinettsreihe gewertet.
Der Fall Edathy
Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte am Vormittag erstmals bestätigt, dass sie gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy wegen des Verdachts des Besitzes von Kinderpornografie ermittelt. Nach Erkenntnissen der Ermittler hat Edathy zwischen Oktober 2005 und Juni 2010 neun Mal im Onlineshop eines kanadischen Unternehmens Filme und Fotos von unbekleideten Jungen zwischen neun und 14 Jahren bestellt. Dabei sei er konspirativ vorgegangen, habe verschiedene Mail-Adressen und für die Downloads auch Server des Bundestags genutzt. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft handelt es sich um Material der "Kategorie zwei", dessen Besitz an der Grenze zur Strafbarkeit liegt.