Menschenrechtsdialog kommt nicht voran
5. Dezember 2014Zwei neue Verhandlungsführer trafen sich zum 12. deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialog in Berlin (04./05.12.2014). Der deutsche Menschenrechtsbeauftragte Christoph Strässer tauschte zum ersten Mal mit seinem chinesischen Amtskollegen Li Jinghua seine Meinungen zur Menschenrechtssituation in China aus.
Offenbar werden die Menschenrechte in Peking anders verstanden als in Berlin. "Vielleicht haben wir aber auch unterschiedliche Vorstellungen davon, was Menschenrechte eigentlich sind", fasst Li im Anschluss an den Dialog zusammen und attestiert seiner eigenen Regierung zugleich: "China hat viele Fortschritte bei den Menschenrechten gemacht."
Christoph Strässer stellt demgegenüber fest, dass er auf viele Fragen keine befriedigenden Antworten bekommen habe: "Es gibt nach wie vor die Todesstrafe, es gibt nach wie vor die Unterdrückung von Minderheiten. Das sind die Themen, auf die wir gerne Antworten hätten."
Kein Spielraum für Diskussionen
Dies sind genau die Themen, über die China nicht reden will. "Unsere Länder sind sehr unterschiedlich. Da ist es normal, dass man unterschiedlicher Meinung ist", sagt Li. Grundsätzlich sei man aber sehr froh, mit der deutschen Bundesregierung im Gespräch zu bleiben. Beide Länder sollten Unterschiede zurückstellen und vor allem darüber sprechen, wo man zusammenarbeiten könne. Etwa bei einer Justizreform.
Aus chinesischer Sicht sei dem Dialog bei bestimmten Themen eine Grenze gesetzt: "Wenn es um das politische System geht, die Führungsrolle der Kommunistischen Partei oder Fragen der territorialen Souveränität und Integrität geht, da gibt es überhaupt keinen Spielraum für Diskussionen." Gleiches gelte für die umstrittenen Themen wie die Glaubens- und Religionsfreiheit der Tibeter und der muslimischen Minderheit der Uiguren oder die Pressefreiheit.
"Monolog mit Taubstummen"
Menschenrechtler sehen den Dialog zwischen der deutschen und chineischen Regierung jedoch als Farce an. "Es macht keinen Sinn, einen Monolog mit einem Taubstummen zu führen, der offensichtlich kein Interesse an einer Verbesserung der Menschenrechtslage hat", sagt Ulrich Delius, Asienreferent von der Gesellschaft für Bedrohte Völker in Göttingen.
Strässer kann seinen Unmut kaum verbergen, als sein chinesisches Gegenüber behauptet, dass die deutsche Seite bei vielen Themen schlicht falsch informiert sei. "Das ist natürlich ein schwieriger Konflikt", sagt Strässer. Trotzdem müsse der Dialog weitergeführt werden, denn nur über einen Dialog habe man überhaupt eine Chance, eine Verbesserung der Menschenrechtssituation in China zu erzielen, auch wenn es derzeit schwierig sei. "Man wäre verrückt, damit jetzt aufzuhören", sagt Strässer.
Der Menschenrechtsdialog zwischen Deutschland und China ist Teil des seit 2000 stattfindenden Rechtsstaatsdialogs beider Länder. Dieser soll den Aufbau eines Rechtsstaats in China unterstützen und ermöglicht zudem einen regelmäßigen Austausch bei der rechtlichen Zusammenarbeit beider Länder. Nicht zuletzt möchte Deutschland so die Einhaltung der Menschenrechte in China langfristig kritisch begleiten.