Mehr Steuern hinterzogen als bislang bekannt?
4. Februar 2010Bislang hieß es, dass die gestohlene Daten-CD, die ein unbekannter Informant den deutschen Behörden anbietet, dem Staat etwa 100 Millionen Euro einbringen könnte. Wie die Zeitung am Donnerstag (04.02.2010) berichtete, sollen aber weit mehr Steuern hinterzogen worden sein als zunächst geschätzt. Es handele sich um einen der größten Komplexe von Steuerhinterziehung durch Deutsche überhaupt, heißt es unter Berufung auf "gut informierte" Behördenkreise. Auch seien nicht nur Fälle weit zurückliegender Jahre dokumentiert. Ein Teil der Kontobewegungen stamme aus dem Jahr 2008.
Nach bisherigen Informationen stammen die brisanten Steuer-Daten von der Züricher Bank Credit Suisse. Interne Dokumente der Bank deuteten darauf hin, dass die Bank "historisch bedingt" überwiegend Kunden betreut habe, die ihr Vermögen ganz oder teilweise nicht versteuert hätten, schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Diese Kunden wünschten "nur selten" Kontakt zur Bank, wegen der "Entdeckungsgefahr". Für sie stünden "Diskretion und Bankgeheimnis im Vordergrund". Das Institut habe jedoch mitgeteilt, keinerlei Kenntnis von einem Datenklau zu haben und "könne zu den Dokumenten nichts sagen", heißt es in dem Bericht.
Nordrhein-Westfalen gibt grünes Licht für Kauf
Ein Informant hatte den deutschen Behörden die CD mit Daten von 1300 bis 1500 Anlegern mit Schweizer Konto angeboten und im Gegenzug 2,5 Millionen Euro verlangt. Die Bundesregierung bekräftigte, dass der Ankauf der Daten auf politischer Ebene bereits beschlossene Sache sei. Im rechtlichen Sinne entscheide jedoch das zuständige Bundesland über den Ankauf - in diesem Falle Nordrhein-Westfalen.
Inzwischen hat das nordrhein-westfälische Finanzministerium den Weg für den Kauf frei gemacht. "Wir haben offene Rechtsfragen geklärt, um in den Besitz der Daten zu gelangen", sagte eine Regierungssprecherin in Düsseldorf. Wie die Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" berichtet, kamen die Prüfer zu dem Ergebniss, dass sich die Steuerfahnder womöglich einer Strafvereitelung im Amt schuldig machen würden, wenn sie auf das Kauf-Angebot verzichteten.
Europaweites Interesse an Steuer-Daten
Inzwischen wächst das Interesse an den Steuer-Daten aus der Schweiz: Auch Österreich, Belgien und die Niederlande sollen Interesse bekundet haben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) riet allen Deutschen mit Geheimkonten in der Schweiz zur Selbstanzeige. Schäuble macht sich keine Illusionen, dass in Deutschland künftig weniger Steuern hinterzogen werden: "Die Fantasie der Menschen, zu Geld zu kommen und dabei auch Steuern zu sparen, ist im Zweifel immer stärker als die Steuermoral", sagte er der "Augsburger Allgemeinen".
Der Kauf gestohlener Bank-Daten durch deutsche Behörden ist kein Novum. Bei einem ähnlichen Fall mit Daten aus Liechtenstein hatten die Behörden vor rund drei Jahren die Informationen für knapp fünf Millionen Euro gekauft. Der Handel führte vor zwei Jahren zu Ermittlungen gegen rund 700 Steuerflüchtlinge, unter ihnen der ehemalige Post-Chef Klaus Zumwinkel.
Autor: Martin Muno (dpa, afp)
Redaktion Julia Elvers-Guyot