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LifestyleDeutschland

Escape-Games für Zuhause: Spielereihe "Exit"

15. Februar 2021

Wie komm ich hier bloß raus? Gesellschaftsspiele wie die "Exit"-Reihe haben im Lockdown Konjunktur. Erfunden wurden sie vom Ehepaar Brand aus Gummersbach.

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Die Spieleautoren Inka und Markus Brand mit zahlreichen Spielen in vor sich und im Regel hinter sich.
Sie kennen den Ausweg: Spieleautoren Inka und Markus BrandBild: Emely Brand

Ein Arbeitszimmer gibt es zwar auch im Haus der Brands. Dort stapeln sich in den Regalen aber Spiele statt Aktenordner, ringen farbenfroh bedruckte Kartons in allen Größen und Formen um Aufmerksamkeit- Wo noch noch Platz ist, stehen Preise und Auszeichnungen. Gearbeitet wird am Küchentisch: "Spielen ist kein Kinderkram", sagt Inka Brand. "Mit Spielen tauchst Du in ganz neue Welten ein", ergänzt ihr Mann Markus.

Die Brands sind nicht nur ein Paar, sie ergänzen sich auch beim Erfinden perfekt. Die Mittvierziger zählen heute zu Deutschlands erfolgreichsten Spieleentwicklern. Ihre "Exit"-Spiele, die sie seit fünf Jahren für den Stuttgarter Kosmos Verlag entwickeln, liegen voll im Trend. Soeben ist die neueste "Exit"-Variante erschienen: "Das verfluchte Labyrinth".

Utensilien des Brettspiels "Exit" aus dem Stuttgarter Kosmos Verlag: Karten, eine Wählscheibe und vieles mehr.
"Exit", das erfolgreiche Brettspiel aus dem Kosmos-Verlag.Bild: Kosmos-Verlag

Wie bei "echten" Escape-Room-Spielen tüfteln auch die am Brett Spielenden über Wege aus einem verschlossenen Raum. Beim Rätseln helfen mitgelieferte Utensilien, eine Decodier-Scheibe etwa oder ein geheimnisvolles Büchlein. Schreiben, Falten, Schneiden und Nachdenken sind gefragt. Je mysteriöser das Setting, je vertrackter die Rätsel, desto aufregender. Genau richtig für einen Spieleabend mit Freunden oder Familie.

Lockdown: Brettspiele boomen

Brettspiele wie diese haben Konjunktur in Pandemiezeiten. Im Corona-Jahr 2020 liefen die Geschäfte der deutschen Spielehersteller besonders gut. Weil Theater- und Konzertveranstaltungen ausfielen, Kinos und Restaurants geschlossen waren, entdeckten viele Menschen den Spieleabend neu. Die Nachfrage nach Spielen und Puzzles ist in die Höhe geschossen. Gefragt waren vor allem Erwachsenenspiele, mit einem Verkaufsplus von allein 30 Prozent. Über ein wirtschaftlich "gutes Jahr" freut sich denn auch Ulrich Brobeil, Geschäftsführer des Verbands der Spielwarenindustrie in Nürnberg.

Von einer "Ausnahmesituation" spricht der Stuttgarter Kosmos Verlag. Ihre "Exit"-Spielereihe verkauft sich bereits seit Jahren wie geschnitten Brot, allein 2020 gingen 1,5 Millionen Stück über den Ladentisch. "Exit" stieg nach Verlagsangaben sogar zur erfolgreichsten Brettspielmarke auf und verwies den langjährigen Spitzenreiter "Monopoly" auf Platz zwei. Mittlerweile sieht sich Kosmos als achtgrößter Spielwarenlieferant in Deutschland und führend bei den Familien- und Erwachsenenspielen. "Ein unglaublicher Erfolg", sagt Kosmos-Sprecherin Silke Ruoff - den man auch Inka und Markus Brand verdanke.

Der Härtetest: Tochter Emely

Auf dem Küchentisch der Brands in Gummersbach liegen ein weißes Blatt, Papier und Stifte. Mehr braucht es nicht, um ein neues Spiel aus der Taufe zu heben. "Natürlich haben wir auch den Geistesblitz. Die Inspiration für unsere Rätsel ziehen wir aber aus unserem alltäglichen Leben", sagt Markus Brand, "das kann ein YouTube-Video genauso wie das Wartezimmer eines Arztes sein." Die Spielideen würden im Gespräch wachsen, sagt Inka Brand: "Die notieren wir und skizzieren vielleicht auch schon einen ersten Spielplan." Trägt die Idee, bastelt sie einen Prototypen mit Spielfiguren und Rätselutensilien.

Umgeben von ihren Spielen der "Exit"-Reihe: die Gummersbacher Spieleautoren Inka und Markus Brand.
Erfunden am Küchentisch: Spieleautoren Inka und Markus Brand, umgeben von ihren Spielen der "Exit"-ReiheBild: Emely Brand

Dann folgt der Härtetest: "Unsere Tochter Emely ist die ehrlichste Testerin." Was der 18-Jährigen nicht gefällt, landet im Papierkorb. Normalerweise sitzen immer dienstags sechs Testspieler am Tisch der Brands. "Und mit Spielen für die Jüngeren gehen wir gewöhnlich in die Kindergärten", erzählt Markus Brand. Doch wegen Corona ist vieles anders. Da müssen Online-Treffen reichen, um die Testenden beim Spielen zu beobachten. Wann ein Test gelingt? "Das Wichtigste ist der Wiederspiel-Reiz", erklärt Markus Brand. "Und der Spaß in der Zielgruppe."

"Ohne Spielen wären Inka und ich vielleicht nicht zusammen", sagt Markus Brand im DW-Gespräch. Die beiden lernten sich 1999 bei einer Hochzeit kennen. Sie arbeitete bei einem Anwalt, er verkaufte Versicherungen. Schnell fanden sie heraus, dass sie beide großen Spaß an Gesellschaftsspielen hatten. "Acht Monate später waren wir verheiratet." Auf Einladung eines Verlages nahmen sie an einem Spieleworkshop teil und testeten Prototypen. Dabei ermutigte sie ein Fachredakteur, doch selbst einmal ein Spiel zu entwickeln. "Das fanden wir faszinierend, und schon auf der Rückfahrt im Auto haben wir erste Ideen gewälzt", erzählt Inka Brand. Doch sieben Jahre sollte es noch dauern, bis sich der Traum des Paares erfüllte: "Nun gab es in den Läden tatsächlich ein Spiel, auf dem unsere Namen standen."

Endloses Spielen: 470 Erfindungen

Mittlerweile blicken Inka und Markus Brand auf 470 eigene Spieleerfindungen zurück. Viele davon sind preisgekrönt: Allein viermal ging der Deutsche Kinderspielepreis nach Gummersbach. "Burg der 1000 Spiegel" (2009), "Monsterfalle" (2011) und erst im vergangenen Jahr "Andor Junior" wurden mit dem verkaufsfördernden Publikumspreis ausgezeichnet. Auch die mittlerweile volljährigen Kinder Emely und Lukas sind begeisterte Spieler: 2006 entwickelten die damals Siebenjährige und der Neunjährige das ebenfalls prämierte Kinderspiel "Mogel Motte".

Spielende spielen an einem Tisch das Brettspiel "Corona"
Alles zu, was also tun bei Lockdown? Spieleabende erfreuen sich neuer BeliebtheitBild: Annkathrin Weiss/REUTERS

Die "Exit"-Spiele des Kosmos-Verlags sind heute in mehr als 20 Ländern erhältlich, sie wurden in 24 Sprachen übersetzt. Jedes "Exit"-Spiel kann nur einmal gespielt werden, dann kennt man ja die Lösung. Eine schlaue Geschäftsidee, denn Spielbegeisterte müssen neue Spieleboxen nachkaufen. Für jedes verkaufte Spiel erhalten die Brands eine Tantieme. "Ein nettes Zubrot", sagt Versicherungsagent Markus Brand, "davon könnten wir inzwischen sogar leben."

Doch weder er noch seine Frau und Co-Autorin möchten hauptberuflich Spiele erfinden: "Permanent Ideen produzieren zu müssen, das kann ich mir nicht vorstellen!" Bis zum Herbst, wenn die "Exit"-Reihe fünf Jahre alt wird, tüfteln die Brands noch an einem Jubiläumsspiel. Ihr Ideenlabor bleibt der Küchentisch in Gummersbach.