Hamilton gewinnt Großen Preis von Ungarn
29. Juli 2018Für Lewis Hamilton war der 67. Sieg seiner Formel-1-Karriere ein ganz besonderer: Der 33-Jährige war bei Trockenheit in allen Trainingseinheiten beim Großen Preis von Ungarn gegen Sebastian Vettel chancenlos gewesen. Die Pole Position im Regen-Qualifying und eine fehlerlose Mercedes-Vorstellung am Sonntag beim Rennen brachten ihm den etwas unerwarteten Sieg - der im WM-Kampf gegen einen überlegenen Ferrari auch ein moralischer Erfolg ist.
Mit einem Knallhart-Manöver in der Schlussphase hat Sebastian Vettel immerhin Schadensbegrenzung betrieben. Der viermalige Formel-1-Weltmeister rettete nach einer riskanten Reifenstrategie und einem verpatzten Boxenstopp noch den zweiten Platz. Fünf Runden vor Schluss zwängte sich Vettel in seinem Ferrari am Mercedes von Valtteri Bottas vorbei, Fahrzeugteile flogen durch die Luft.
An Hamilton im zweiten Silberpfeil kam Vettel danach aber nicht mehr ran, der Brite raste mit einem Vorsprung von über 17 Sekunden zu seinem fünften Saisonsieg vor Vettel. "Das war ein hartes Rennen für uns, ein hartes Wochenende. Danke an euch", sagte Hamilton via Boxenfunk. In der WM-Wertung verabschiedete sich der 33-Jährige mit einer 24-Punkte-Führung in die Sommerpause.
Im zweiten Wagen der Scuderia kam Kimi Räikkönen nach einer emotional schweren Woche für Ferrari mit dem Tod von Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne noch auf den dritten Platz. Bottas wurde Fünfter. Nico Hülkenberg kam im Renault auf Rang 12.
"Guten Start haben und sich breit machen wie ein Londoner Bus"
Bevor es losging, wurde es leise auf dem Hungaroring. In der Startaufstellung hielten die Piloten eine Schweigeminute für Marchionne ab, der nur 66 Jahre alt geworden war. Als die roten Ampeln ausgingen, wollte Vettel auch zu dessen Ehren den Sieg in Ungarn und die Wiedergutmachung für seinen Fehler beim Heimrennen.
Beim Start sollte es passieren, es war Vettels einzige Chance, irgendwie an Hamilton vorbeizukommen, nachdem dieser sich im Regen am Samstag mit einer erneuten Hammer-Runde seine 77. Pole Position gesichert hatte und Vettel nur Vierter geworden war. Doch daraus wurde nichts. Der Deutsche passierte zwar seinen Teamkollegen Räikkönen, aber schon bei Bottas im zweiten Silberpfeil war Schluss. Mercedes-Teamchef Toto Wolff hatte vorher die Siegtaktik verraten: "Einen guten Start haben und sich dann mit beiden Autos so breitmachen wie ein Londoner Bus."
Brauchten sie aber nicht mal bis aufs Letzte, Vettel kam mit der etwas langsameren Reifenmischung nicht an den Briten ran. Nach sechs Runden betrug Vettels Rückstand auf Hamilton bereits 4,5 Sekunden. Die Frage war, wie sehr sich die länger haltbaren Reifen am Wagen des deutschen Ferrari-Stars auszahlen würden. Er war der einzige aus den Top Vier der Startaufstellung, der mit den soften und nicht mit den schnelleren ultrasoften Gummis unterwegs war.
Für einen, der vor der Saison als Mitfavorit gehandelt worden war, war das Rennen über eigentlich 70 Runden auf dem nur 4,381 Kilometer langen Kurs schon vorbei. Zum dritten Mal schied Max Verstappen schon in dieser Saison aus. Diesmal machte der Motor im Red Bull nicht mehr mit, was der 20-jährige Niederländer mit einer Schimpfworttirade kommentierte. Teamkollege Daniel Ricciardo arbeitete sich dagegen weiter durchs Feld. Von Position zwölf gestartet, schaffte er es im Ziel bis auf den vierten Platz.
Vettel mit zu langem Boxenstopp
Vorne versuchte Ferrari mit einem sogenannten Undercut - ein Fahrer wird vor einem Rivalen zum Reifenwechsel an die Box geholt -, das silber-rote Quartett neu zu ordnen. Zuerst kam Räikkönen, der in seinem Wagen wegen eines fehlerhaften Anschlusses bei brütender Hitze keine Trinkmöglichkeit hatte. Eine Runde später folgte Bottas. Hamilton, der auf der gleichen Mischung wie Bottas und Räikkönen fuhr, blieb ebenso draußen wie Vettel, der nun Tempo machen musste, um es bei seinem Boxenstopp vor Bottas wieder auf die Strecke zu schaffen.
Als Hamilton sich in der 26. Runde die soften Reifen aufziehen ließ, übernahm Vettel erstmal die Führung. Runde um Runde passierte dann nichts. Vettel, der vor einer Woche in Führung liegend auf dem Hockenheimring nach einem Fahrfehler ausgeschieden war, versuchte weiterhin, den Vorsprung auf Bottas so groß zu halten, dass er zumindest als Zweiter ins Ziel kommen würde, solange Hamilton seinerseits das Rennen problemlos zu Ende bringen würde.
Doch auch der Plan ging nicht auf. 14,2 Sekunden dauerte Vettels Reifenwechsel und damit rund anderthalb Sekunden zu lange. Vorne links hakelte der Schrauber. Vettel kam in Runde 40 hinter Bottas zurück auf die Strecke. Nun musste er attackieren, gleichzeitig auf seine Reifen aufpassen. Egal, er griff an und schob sich an Bottas vorbei.
sw/jj (dpa)