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Kreuzweg an der Copacabana

Sarah Judith Hofmann27. Juli 2013

Am Strand von Rio de Janeiro hat Papst Franziskus Hunderttausende junge Katholiken auf dem traditionellen Kreuzweg begleitet. In der anschließenden Rede sprach der Papst das Leid vieler Jugendlicher in Brasilien an.

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Papst-Messe am Strand von Rio (Photo: Buda Mendes/Getty Images)
Bild: Getty Images

Es hat etwas von lateinamerikanischer Seifenoper. Mit leicht übertriebenen Gesten und dank Kompressoren süßlich verzerrter Stimme treten eine Frau nach der anderen auf die Bühne und legen Zeugnis ab, an Christus den Erlöser. Kinder, die ganz in weiß als Engel posieren sind auch dabei.

Insgesamt 280 Schauspieler und Laiendarsteller haben an der Copacabana den Kreuzweg nachgespielt. In vierzehn Stationen zeigen sie das Leiden und Sterben Jesu - von der Verurteilung durch Pontius Pilatus bis zur Kreuzigung und Grablegung.

Im Anschluss an diese etwas kitschige Darbietung aber hat Papst Franziskus eine sehr politische Rede gehalten: Von Armut, Drogen und Prostitution bis hin zur politischen Korruption. Kein Thema wurde ausgespart.

Zwei Jahre lang sei das Weltjugendtagskreuz durch ganz Brasilien gereist, beginnt Franziskus seine Ansprache. "Was habt ihr, liebe Jugendliche aus Brasilien, auf dem Kreuz zurückgelassen während dieser beiden Jahre" und "was hat das Kreuz in jedem von euch hinterlassen?"

Er spricht von "dem Schweigen der Opfer von Gewalt", von Eltern, die "den Verlust ihrer Kinder beweinen oder daran leiden, dass sie diese in den Fängen künstlicher Paradiese wie der Droge sehen." Und von "Menschen, die Hunger leiden in einer Welt, die täglich tonnenweise Lebensmittel wegwirft".

Drogenabhängige, Strafgefangene, Prostituierte

Es sind die Stationen, die Franziskus in den letzten Tagen in Brasilien selbst erlebt hat. Er hat eine Favela besucht, Drogenabhängige getroffen und mit jugendlichen Strafgefangenen gesprochen. Auf der Bühne kommt auch das Thema Prostitution zur Sprache.

Papst Franziskus spricht zu den Jugendlichen in Rio (Foto: REUTERS/Pilar Olivares)
Wandte sich an die Jugend: Papst FranziskusBild: Reuters

Eine der Laiendarstellerinnen ist Schwester Maribel Pérez León. Auf der Bühne spricht sie die Worte: "Jesus Christus der Erlöser. Ich kann nicht still sein, denn ich sehe die heiligen Wege des Lebens. Es gibt so viele Opfer in dieser Todeskultur. Frauen, die sich prostituieren. Familien, die in der Armut leben, Kranke, denen nicht geholfen wird. Menschen, die ausgeschlossenen werden in unserer modernen Gesellschaft. Minderheiten, die ausgegrenzt werden."

Schwester Maribel weiß wovon sie spricht. Denn im wahren Leben hilft sie genau Menschen, die ausgegrenzt werden: Prostituierten. Gemeinsam mit einer anderen Ordensschwester von den "Missionarinnen des Lebens" lebt und arbeitet sie nur einen Steinwurf entfernt von Rios berüchtigtem Straßenstrich "Vila Mimosa".

Eine Kirche, die nah dran ist an den Menschen

Es ist nur eine kleine Gasse, in der sich Frauen prostituieren, doch wer einmal hier durchläuft, ahnt die Brutalität dieser paar Quadratmeter. Es stinkt nach Alkohohl, Urin, Erbrochenem. Die Frauen wirken zugedröhnt, oft sind sie vollgepumpt mit Drogen, wenn sie die Schwestern aufsuchen.

Jugendliche Katholiken verfolgen die Messe von Papst Franziskus in Rio (Foto: EFE/Antonio Lacerda)
Wo immer der Papst beim Weltjugendtag auftaucht, bricht Jubel ausBild: picture-alliance/dpa

Im Gemeindehaus neben einer kleinen Kapelle nur einen Straßenzug von dem Straßenstrich entfernt, bieten Schwester Maribél und Schwester Véronique Tirepied den Prostituierten Hilfe an - "ohne Vorbedingungen". Die Frauen in der Vila Mimosa sind für sie "prostituierte Schwestern, nicht einfach Prostituierte".

Es ist nicht erstaunlich, dass Schwester Maribél für den Kreuzweg auf die Bühne geholt wurde. Denn sie steht für eine Kirche, die nah dran ist an den Menschen und ihr Leid teilt. Das ist die Botschaft von Franziskus auch an diesem Abend an der Copacabana: Die Kirche ist bei den Menschen. Der Papst sieht ihre Realität. Und so spricht er auch die politische Situation in Brasilien an, spricht zu "den vielen jungen Menschen, die ihr Vertrauen in die politischen Institutionen verloren haben, weil sie Egoismus und Korruption sehen".