Unheilvolle EU-Allianz mit Diktaturen?
23. Juli 2015Noch ist er gar nicht ausgestrahlt, doch bereits im Vorfeld sorgt der Bericht der ARD-Sendung "Monitor" für Wirbel. Ihm zufolge plant die Europäische Union eine Kooperation mit afrikanischen Staaten wie Eritrea und Südsudan, um den Flüchtlingsstrom von Afrika nach Europa einzudämmen.
"Besseres Grenzmanagenment"
So wird der EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos, vorab mit folgenden Äußerungen aus einem Interview zitiert: "Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir es dabei mit autoritären Regimen zu tun haben, mit Diktaturen. Aber sie bekommen von uns keine politische oder demokratische Legitimation. Wir konfrontieren sie nur mit ihrer Verantwortung."
Heftige Kritik von Menschenrechlern
Dem "Monitor"-Bericht zufolge ist beispielsweise geplant, "die Institutionen der Regierung in Eritrea zu 'stärken' und sie bei der Bekämpfung von Fluchthelfern zu unterstützen". Außerdem solle das "Grenzmanagement" des Südsudans "verbessert" werden. Als Quelle nennt "Monitor" vertrauliche Verhandlungsdokumente. Diese machten nun erstmals das Ausmaß der geplanten Kooperationen zwischen der EU und den Staaten am Horn von Afrika öffentlich, teilte das ARD-Magazin in einer Erklärung mit. Der Bericht soll am Donnerstagabend (21.45 Uhr MESZ) ausgestrahlt werden.
Menschenrechtsorganisationen prangern seit langem die Lage in Eritrea, Sudan oder Südsudan an. Auch im aktuellen Menschenrechtsbericht der Bundesregierung heißt es: "Menschenrechte werden im diktatorisch regierten Eritrea seit vielen Jahren systematisch verletzt."
"Flüchtlinge sollen fern gehalten werden"
Und so stößt eine mögliche Zusammenarbeit mit den Regimen dieser Länder auf heftige Kritik. "Wenn wir über mögliche Bündnisse der EU sprechen, dann sprechen wir darüber, dass das genau die Regierungen sind, die Menschen in brutaler Weise unterdrücken, foltern, töten", heißt es in einer Stellungnahme der Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Selmin Çaliskan.
Scharfe Worte kamen auch von Günter Burkhardt, Geschäftsführer der Organisation Pro Asyl. "Das Ziel der Europäischen Politik ist es, Flüchtlinge fern zu halten - koste es, was es wolle. Und es gibt keine Schamgrenze mehr bei der Kooperation mit einer Militärdiktatur wie in Eritrea. Die Opfer dieser Diktatur sollen in der Diktatur bleiben", sagte Burkhardt.
NRW gegen Auffanglager für Balkan-Flüchtlinge
In Deutschland geht unterdessen die Debatte um spezielle Auffanglager für die Flüchtlinge aus dem Balkan weiter. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger machte klar, dass der Vorstoß Bayerns, eine zentrale Aufnahmestelle für Menschen aus so genannten sicheren Herkuftsländern einzurichten, für sein Bundesland nicht in Frage kommt. Der Zeitung "Rheinische Post" sagte Jäger: "Wir wollen die Menschen aus den Krisengebieten, die alles verloren haben und dringend unsere Hilfe brauchen, nicht verschrecken. Den Weg Bayerns beschreiten wir deshalb in NRW nicht." In den Landeseinrichtungen würden die Ankommenden in ihrer Landesprache über ihre Bleibe-Perspektive informiert.
Flüchtlings-Unterteilung in zwei Gruppen
Die bayerische Staatsregierung hingegen will Flüchtlinge künftig bereits bei ihrer Ankunft in zwei Gruppen unterteilen: in jene mit Schutzbedürftigkeit und jene ohne Bleibeperspektive.
Nach einem Beschluss des bayrischen Kabinetts sollen für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive zwei neue Erstaufnahmeeinrichtungen in Grenznähe entstehen. Laut Ministerpräsident Horst Seehofer sollen dorthin Menschen aus den so genannten sicheren Herkunftsländern, insbesondere aus dem Balkan gebracht werden. Die Asylverfahren in den Erstaufnahmeeinrichtungen sollen in der Regel bereits nach zwei Wochen entschieden sein.
Migrationsbeauftragte fordert schnellere Entscheidungen
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP, das Vorhaben Bayerns sei "abgestimmt" und Gegenstand des Beschlusses des Flüchtlingsgipfels. Auch die Migrationsbeauftragte des Bundes, Aydan Özoguz zeigte sich offen für den bayerischen Vorschlag. "Das ist durchaus eine Idee", sagte Özoguz im Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB). Die Regelung der Erstaufnahme sei jedoch nicht Sache Bayerns, sondern des Bundes, sagte die Staatsministerin. Wichtiger, als einzelne Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären sei es aber, schnelle Entscheidungen über die Anträge zu treffen, betonte Özoguz.
cw/stu (kna, ARD, epd, afp)