Kontrolle statt Korruption
5. April 2018"Neue Korruptionsvorwürfe gegen SAP in Südafrika" - eine Schlagzeile, die der deutsche Softwareriese wohl gerne vermieden hätte. Denn SAP steht in Südafrika schon seit längerem in der Kritik, aufgrund von ungewöhnlich hohen Kommissionszahlungen bei Geschäften mit Regierungsbehörden und Staatsfirmen.
Bei den neuen Vorwürfen, die vergangene Woche öffentlich wurden, geht es um Unregelmäßigkeiten beim Verkauf von Softwarelizenzen an das südafrikanische Wasserministerium. Die Anti-Korruptionsbehörde des Landes prüft derzeit, ob bei der Auftragsvergabe alle gesetzlich vorgeschriebenen Abläufe eingehalten wurden. Von SAP hieß es, man begrüße die Prüfung und werde mit den Behörden zusammenarbeiten.
"Ein positives Zeichen"
Erst Anfang März hatte das Unternehmen nach einer internen Prüfung Verfehlungen eingeräumt. Gerade deshalb kann Kate Muwoki von Transparency International dem Fall etwas Positives abgewinnen: "Sie haben recht schnell ihre Schuld eingestanden und eine Untersuchung eingeleitet", sagt die Expertin, die bei der Nichtregierungsorganisation auf das südliche Afrika spezialisiert ist. "Das war ein positives Zeichen".
Die Vorwürfe gegen SAP bringen eine altbekannte Frage auf die Tagesordnung: Wie gehen Unternehmen damit um, wenn die Länder, in denen sie Geschäfte machen wollen, anfällig für Korruption sind? Für viele deutsche Firmen schien die Antwort auf diese Frage lange Zeit klar: Es wurde getan, was man für nötig hielt - also im Extremfall auch Schmiergelder gezahlt. Dass damit oft korrupte und brutale Regimes unterstützt wurden, interessierte kaum jemanden.
Auslandskorruption war lange straffrei in Deutschland
Bis vor knapp zwanzig Jahren verstieß das in Deutschland nicht einmal gegen das Gesetz. Im Gegenteil: Im Ausland gezahlte Bestechungsgelder ließen sich bis 1999 sogar als Geschäftsausgaben von der Steuer absetzen. Und erst seit 2002 ist Korruption bei Auslandsgeschäften ebenso strafbar wie Schmiergeldzahlungen im Inland. Verfolgt wurde das aber zunächst kaum.
Erst die Schmiergeldaffäre um Siemens vor rund zehn Jahren sensibilisierte Medien, Politiker und Vorstandsetagen für das Thema Auslandskorruption. Damals wurde eine regelrechte Bestechungskultur bei Deutschlands größtem Industrieunternehmen aufgedeckt, insgesamt identifizierten interne Ermittler 1,3 Milliarden Euro an fragwürdigen Zahlungen im Ausland.
Heute gilt Siemens vielen als Vorreiter bei der Korruptionsprävention. "Die Firma hat sich ein sehr rigorose Null-Toleranz-Politik geben", sagt Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Dieses Prinzip sei inzwischen in der deutschen Wirtschaft, vor allem bei Großkonzernen, weit verbreitet. Laut Kannengießer beschäftigt alleine Siemens weltweit 450 "Compliance Officers", die die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien überwachen.
Verhindert Korruption Investitionen?
Allerdings: Viele kleinere und mittelgroße Unternehmen können oder wollen die hohen Kosten für solche Kontrollmaßnahmen nicht zahlen. Das sei mit einer der Gründe, warum etwa der deutsche Mittelstand bei Investitionen in afrikanische Länder eher zurückhaltend sei, sagt Kannengießer im DW-Interview.
"Ich glaube, dass es für mittelständische Unternehmen insgesamt schwieriger ist, sich in komplizierten Märkten zu behaupten," sagt er. Mittelständler, die sich in solche Märkte begäben, gingen in der Regel höhere Risiken ein als große Konzerne.
Mehr noch als für die global agierenden Unternehmen ist Korruption für Afrika selbst ein Problem. Denn möglicherweise werden deshalb dringend benötigte Investitionen aus dem Ausland verschleppt oder gar nicht erst getätigt. Auf dem Index zur Korruptionswahrnehmung von Transparency International finden sich afrikanische Staaten mehrheitlich in der unteren Hälfte der Rangliste.
Weniger korrupt als Russland oder Griechenland
Ist Afrika also per se ein korruptionsanfälliges Pflaster? Ganz so einfach sei es nicht, sagt Kannengießer: "Der afrikanische Kontinent verdient eine differenzierende Betrachtung". So hätten etwa 27 afrikanische Staaten eine bessere Platzierung auf dem Korruptionsindex als Russland, acht Länder stünden sogar weiter oben im Ranking als Griechenland.
Muwoki von Transparency International bestätigt: "Es gibt Beispiele von Ländern und Regierungschefs, zum Beispiel im Senegal, wo es positive Signale im Anti-Korruptionskampf gibt." In allen Ministerien werde dort das Null-Toleranz-Prinzip mithilfe von Anti-Korruptionsbüros effektiv umgesetzt, sagt sie.
Aufbruchstimmung im Kampf gegen Korruption
Auffällig ist auch, dass bei vergangenen Präsidentschaftswahlen in afrikanischen Ländern diejenigen Kandidaten erfolgreich waren, die im Wahlkampf auf starke Anti-Korruptionsbotschaften gesetzt hatten: Nana Akufo-Addo in Ghana, George Weah in Liberia. Auch Südafrikas neuer Präsident Cyril Ramaphosa, der Mitte Februar dem umstrittenen Jacob Zuma ins Amt gefolgt ist, hat sich klar gegen Korruption positioniert.
Da trifft es sich gut, dass die Afrikanische Union 2018 zum Anti-Korruptionsjahr erklärt hat. Am Ende zählt jedoch, ob die Worte auch in Taten umgesetzt werden. "Wir hoffen sehr, dass dieser Dialog zu greifbaren Ergebnisse führt, damit die Länder auch Fortschritte bei ihren Versprechungen vermelden können," sagt Muwoki.