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Politik

Pragmatismus contra Korruption

19. Dezember 2017

Südafrikas Afrikanischer Nationalkongress ANC hat sich nach langen Querelen für Cyril Ramaphosa als neuen Vorsitzenden entschieden. Der einstige Vertraute von Nelson Mandela ist die beste Wahl, meint Claus Stäcker.

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Südafrika Cyril Ramaphosa, neuer Präsident ANC
Bild: Reuters/S. Sibeko

Cyril Ramaphosa ist die beste Wahl für Südafrika. Aber nur weil es keine bessere gab. Noch ist der ANC de facto Staatspartei und der offenkundige Plan des Zuma-Lagers, über die Ex-Frau des Präsidenten - Nkosazana Dlamini-Zuma - Zugriff zur Macht zu behalten, ist erst mal durchkreuzt worden. Zwar ist es unfair, die Ärztin, gestandene Ministerin und ehemalige AU-Vorsitzende Dlamini-Zuma auf ihre gescheiterte Ehe mit Jacob Zuma zu reduzieren. Aber allein schon der Verdacht einer Familiendynastie, ihr deckungsgleicher Unterstützerkreis, vor allem aber ihre dogmatischen Politikauffassungen stünden einem Neuanfang im Weg.

Mandela wusste es

Ramaphosas Wahl ist das kleinere Übel. Die Börsen jubeln, der südafrikanische Rand sprang in wenigen Minuten um vier Prozentpunkte nach oben. Die Farmer atmen auf, weiße und indische Minderheiten sind beruhigt. Ramaphosa werden eine ausgleichende Politik, wirtschaftliche Kompetenz und normentreue Regierungsführung zugetraut - vor allem außerhalb des ANC.  Sein Weg an die Spitze des Afrikanischen Nationalkongresses dauerte fast 20 Jahre. Nelson Mandela hatte ihn, den Generalsekretär und Verfassungs-Unterhändler, schon als Nachfolger auserkoren, konnte sich aber intern damit nicht durchsetzen.

Stäcker Claus Kommentarbild App
Claus Stäcker, Leiter der Afrika-Programm der DW

Während ihn Liberale und Wirtschaft als exzellenten Manager und Pragmatiker schätzen, sehen Radikale und Arme in Ramaphosa den skrupellosen Aufsteiger vom Gewerkschafter zum Großkapitalisten - der heute zu den zehn reichsten Schwarzen des Landes zählt. Besonders übel nehmen sie ihm, dass er als Aktionär des Bergbaukonzerns Lonmin streikende Arbeiter vor dem Marikana-Massaker 2012 als Kriminelle bezeichnete. Zwar konnte ihm der Untersuchungsbericht keine direkte Verfehlung nachweisen. Und das Attribut "kriminell" bezog sich wohl nur auf Streikende, die brutal zehn ihrer Gegner töteten, bevor die Polizei ihrerseits in einem beispiellosen Blutbad 34 Menschen erschoss. Ramaphosa hat sich später dafür entschuldigt. Aber zum Liebling der roten Arbeiterschaft ist er damit nicht geworden.

Weiteres Ansehen verlor er als Vizepräsident, der es in drei Jahren unter Zuma nicht schaffte, dessen hemmungslose korrupte Aktivitäten zu begrenzen oder gar zu stoppen. In dieser verzweifelten Rolle als Mahner und Horchposten der Reformer wirkte Ramaphosa im Kabinett oft orientierungs-, ideen- und zahnlos. Viele hätten sich einen offenen Aufruhr erhofft, klare Transparenz, eine deutliche Kampfansage. Aber er blieb nur das gute Gewissen im schlechten Kabinett. Wie zahllose andere ANC-Genossen schwankte er zwischen Aufbegehren und Parteiräson und entschied sich doch fast immer für letztere. 

Ramaphosa hat auf dem Weg an die Spitze nicht nur Federn verloren, ihm sind schon auf dem Parteitag die Flügel gestutzt worden. So kündigte Zuma auf seiner Abschiedsrede als Parteichef die Abschaffung von Studiengebühren für bedürftige Studenten an. Radikale Umverteilungsideen sind bereits Parteipolitik. Ramaphosa muss mit diesen Positionen 2019 in den Wahlkampf gehen, ohne zu wissen, wo er aus dem geplünderten und hochverschuldeten Haushalt das Geld dafür hernehmen soll. Dass Zuma nach seiner dreistündigen Tirade, die ohne Selbstkritik auskam, mit stehenden Ovationen gefeiert wurde, sagt einiges über die Kräfteverhältnisse in der Partei.

Ein "Mini-Zuma" an der Seite

Mit Elias "Ace" Magashule bekam Ramaphosa auch noch einen "Mini-Zuma" als Generalsekretär an die Seite, dessen Bilanz als Provinzpremier verheerend ist. Ramaphosa steht vor der enormen Aufgabe, den Augias-Stall ANC auszumisten, um 2019 den Wahlsieg zu holen und sich als fünfter schwarzer Präsident Südafrikas das ganze Land vorzunehmen. In der griechischen Sage gelang das Herakles nur mit einem Trick und viel frischem Wasser. Ramaphosa beginnt seine Stallsäuberung aber mit faulen Kompromissen und zweifelhaften Mitstreitern. Er mag der beste verfügbare ANC-Präsident sein und sicher wird er den Niedergang der ältesten Partei Afrikas entschleunigen. Aber den enormen Vertrauensverlust der Zuma-Jahre ausgleichen wird er wohl kaum. Das muss keine schlechte Nachricht sein. Denn nach 23 Jahren ANC sollten Afrikas Wähler mündig genug sein, zwischen Staat und Partei sauber zu trennen. 2019 haben sie die Wahl. Zwischen Ramaphosa, dem ANC und vielen anderen.

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