Nicht mehr als ein Arbeitsverhältnis
Es gab keinen Wettbewerb um den stärksten Händedruck bei diesem ersten Treffen zwischen Emmauel Macron und Wladimir Putin. Geschäftsmäßig stellten sich die beiden den Fotografen, um dann im kleinen Kreis ihre Probleme zu besprechen. Der Franzose weiß, dass der Russe jemanden anders lieber im Élysée Palast gesehen hätte. Jetzt macht er nüchtern das Beste aus einem angespannten Verhältnis.
Vorbild Merkel
Der neue französische Präsident scheint sich bei seiner politischen Kontaktaufnahme mit Moskau an Angela Merkel und ihrer Putin-Linie zu orientieren. Man muss mit Russland Kontakt halten, sich treffen und Probleme besprechen können. Aber daraus wird keine wunderbare Freundschaft entstehen.
Mit der cleveren Inszenierung des historischen Verhältnisses zwischen Frankreich und Russland in der glanzvollen Umgebung von Schloss Versailles tat Macron ein Übriges, um Putin gleichzeitig einzubinden und auf den Platz zu verweisen. Dort würdigt eine Ausstellung gerade den dreihundertsten Jahrestag des Besuches von Zar Peter dem Großen beim französischen König - ein Hinweis auf den langen Lauf der Geschichte und das Kommen und Gehen ihrer Herrscher.
Keine Zeit zum Übelnehmen
Ganz anders als US-Präsident Donald Trump ist der junge Amtsinhaber in Paris schon richtig erwachsen. Mit solchen Kleinigkeiten wie der Wühlarbeit von Wladimir Putin gegen ihn in dem erbitterten französischen Wahlkampf hält er sich nicht auf. Dabei hatte der russische Präsident ostentativ Macrons Gegnerin Marine Le Pen im Kreml empfangen. Und dass Putin ihrer Partei mit Geld ausgeholfen hatte, ist seit langem bekannt.
Aber die ganze Strategie der Destabilisierung Europas durch Förderung von rechtsradikalen Politikern ist inzwischen an die Wand gefahren. Österreich hat widerstanden, mit Wilders wurde es nichts, Le Pen ging unter. Allenfalls Trump kommt Putin zu Hilfe, indem er das transatlantische Verhältnis stört.
Und die Versuche mutmaßlich russischer Hacker, Macrons Mailverkehr aus dem Wahlkampf zu veröffentlichen und damit in letzter Minute noch einen Skandal loszutreten, gingen auch daneben. Es war zu spät, um das Ergebnis zu beeinflussen und ein politischer Knaller war auch nicht dabei.
Nüchternheit ist die Devise
Emmanuel Macron hakt diese eigentlich schwer erträglichen Spielchen des Kremlchefs einfach ab und sagt ihm jetzt deutlich, was er von ihm will. Eine neue Sitzung im Normandie-Format etwa, um über die andauernde Krise in der Ukraine und die Nicht-Einhaltung des Minsker Abkommens zu sprechen.
Und der französische Präsident droht sogar in punkto Syrienkrieg: Wenn Assad erneut Chemiewaffen einsetzen sollte, werde er mit einer sofortigen Reaktion Frankreichs rechnen müssen. Anders als bei Obama ist bei Macron damit zu rechnen, dass er meint, was er sagt. Das gleiche gilt auch für die Ermahnung durch den Franzosen, die russische Regierung solle Minderheiten- und Bürgerrechte achten. Die Diskussion sei offen und direkt gewesen, hieß es hinterher. Das heißt: Beide haben sich nichts erspart.
Die Logik der Machtausübung
Der französische Präsident hatte vor diesem Besuch gesagt, es gebe eine Logik der Machtausübung bei Putin, Erdogan und Trump, die ihn nicht beeindrucke. Der russische Gast versuchte es demgegenüber mit Charme. Man müsse doch das beiderseitige Misstrauen überwinden.
Aber Macron weiß, was er von ihm zu halten hat. Er hat mit diesem Treffen einen neuen Versuch unternommen, Putin als Partner für die internationale Konfliktlösung zu gewinnen. Das funktioniert nur insoweit, als es sich mit den Interessen des russischen Präsidenten deckt. Macron durchschaut diese Logik sehr wohl und dürfte sich von Putin kaum ausmanövrieren lassen. Die deutsche Bundeskanzlerin wird in ihm einen guten Partner in der Russlandpolitik haben.
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