Gemeinsam gegen den Terror
29. Mai 2017Jeder Einsatz von Chemiewaffen in Syrien sei eine "rote Linie", deren Überschreitung sofortige Vergeltungsmaßnahmen und Sanktionen Frankreichs nach sich zögen, sagte Staatschef Emmanul Macron bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im prunkvollen Rahmen des Königsschlosses von Versailles. Das gelte unabhängig davon, wer hinter einem solchen Angriff stehe. Bislang hat Frankreich die syrische Regierung für Giftgasangriffe in dem Konflikt verantwortlich gemacht.
Absolute Priorität für den Anti-Terror-Kampf
Beide Präsidenten betonten, dass sie sich in ihrem Vier-Augengespräch auf einen gemeinsamen Kampf gegen den Terror verständigt hätten. Das wichtigste sei, islamistische Gruppen wie die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" "auszurotten", sagte Macron. Putin ergänzte, es habe seinem Kollegen vorgeschlagen, eine gemeinsame Arbeitsgruppe zum Anti-Terror-Kampf zu gründen, die sich in Moskau und Paris treffen solle.
Zugleich stärkte Putin indirekt seinem engen Verbündeten Baschar al-Assad in Syrien den Rücken. "Es ist unmöglich, gegen die Terrorgefahr zu kämpfen, indem man die Staatlichkeit in Ländern zerstört, die ohnehin schon unter innenpolitischen Problemen und Widersprüchen leiden. Macron pflichtete ihm bei. Syrien müsse als Staat bewahrt werden, es müsse in dem Bürgerkriegsland aber auch einen demokratischen Wandel geben, mahnte Frankreichs neuer Präsident an. Die gescheiterten Staaten in der Region seien auch eine Bedrohung für unsere Demokratien, warnte Macron. Putin meinte dann auch, in manchen Punkten zum Syrien-Konflikt stimmten Frankreich und Russland überein. Dies sei eine Grundlage, die Zusammenarbeit zwischen Moskau und Paris intensiver zu gestalten.
Macron hatte bereits vor Putins Besuch einen "anspruchsvollen Dialog" mit dem Kreml angekündigt, um zu einer Lösung der Syrien-Krise zu kommen. Er will den russischen Staatschef unter anderem dazu bewegen, sich im blutigen Syrien-Konflikt stärker für eine politische Lösung einzusetzen. Russland unterstützt den syrischen Präsidenten Assad, während die westlichen Länder zu den oppositionellen Kräften halten.
Kontroverse beim Thema Ukraine
Weiteres wichtiges Thema in Versailles war der Ukraine-Konflikt. Sie hätten besprochen, wie der Minsker Friedensprozess vorangebracht werden könne, um zu einer Deeskalation des Konflikts zu kommen, sage Macron. Wie auch Putin strebe er ein baldiges Ukraine-Treffen mit Deutschland im sogenannten Normandieformat an. Er wolle dabei über die andauernde Krise in dem Land und die Nicht-Einhaltung des Minsker Abkommens sprechen, sagte Macron. Putin kritisierte jedoch die wegen der Ukraine-Krise gegen sein Land verhängten Sanktionen und rief zur Aufhebung der Strafmaßnahmen auf.
Insgesamt klang das Fazit des ersten Treffens der beiden Präsidenten dennoch positiv. Macron nannte die Gespräche "offen und direkt". Putin sprach eine Gegeneinladung aus und erinnerte dabei an Zar Peter den Großen. Dieser habe sich mehrere Wochen in Frankreich aufgehalten. Macron sei herzlich eingeladen, ebenso lange nach Moskau zu kommen.
Ein herzlicher Händedruck
Und auch der Händedruck zum Auftakt verlief offensichtlich harmonisch. Seit Macron sich mit einem langen und betont festen Händedruck bei US-Präsident Donald Trump Respekt verschaffen wollte, steht er beim Händeschütteln unter "verschärfter" Beobachtung der Weltöffentlichkeit. Die erste Reaktion auf die Begrüßung seines russischen Kollegen per Handschlag fiel durchaus positiv aus. Es war ein kurzer, aber durchaus freundlicher und offener Händedruck, urteilten die anwesenden Pressevertreter.
Distanz seit Macrons Wahl geschrumpft
Für Konfliktstoff zwischen Paris und Moskau hatte zuletzt der Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich gesorgt, davon war jetzt nichts mehr zu spüren. Putin hatte keinen Hehl aus seinen Sympathien für Macrons Rivalin Marine Le Pen vom Front National gemacht und die russlandfreundliche Rechtspopulistin in Moskau empfangen. "En Marche", die politische Bewegung des sozialliberalen Pro-Europäers Macron, wurde im Wahlkampf außerdem Ziel von Cyberattacken, für die russische Hacker verantwortlich gemacht werden.
Ausstellungseröffnung in Versailles
Offizieller Anlass für das Treffen mit Putin im Königsschloss bei Paris war die Eröffnung einer eine Ausstellung über Zar Peter den Großen. Die Reise des Zaren vor 300 Jahren nach Frankreich begründete die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern. Peter der Große gilt als einer der bedeutendsten Herrscher in Russland, seine Feinde soll er schon mal eigenhändig geköpft haben. Präsident Putin, derzeit der starke Mann im ehemaligen Zarenreich, ist auch nicht gerade zimperlich im Umgang mit politischen Gegnern.
Außenpolitisch hat der 39-jährige französische Ex-Wirtschaftsminister bislang nur wenig Erfahrung. Bei seinen ersten Auftritten auf internationalem Parkett wie beim NATO-Gipfel in Brüssel und beim G-7-Treffen im italienischen Taormina wirkte Macron aber souverän.
qu/uh (afp, dpa, rtr, APE)