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Politik

Brexit-Zirkus braucht neue Nummern

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
11. Dezember 2018

Die britische Regierung scheut das eigene Parlament und will in Brüssel einen veränderten Brexit-Vertrag aus dem Hut zaubern. Doch dieses Kunststück wird nicht gelingen, meint Bernd Riegert.

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Symbolbild, Wörter der Woche: Taschenspielertrick
Bild: Colourbox/I. Dolgachov

Freundlicher Händedruck, eine angedeutete Umarmung und ein kleiner Scherz am Rande. Lächeln. So wurde die Handlungsreisende Theresa May in Den Haag, Berlin und Brüssel empfangen. Abgekauft hat man ihr nichts. Es gab Aufmunterungen, aber keine konkreten Zusagen. Vielleicht eher Mitleid mit der im Brexit-Sumpf feststeckenden Premierministerin, die nur noch ein kurzes Stück davon entfernt scheint, ihr Amt zu verlieren. Ihre Macht, Politik in Großbritannien zu gestalten, hat sie bereits aufgeben müssen. Die getriebene, ja fast schon verzweifelte Theresa May hat vor dem Parlament kapituliert - und hofft nun auf Rettung aus Brüssel.

Sie selbst hat nach ihren ersten Gesprächen mit Premier Mark Rutte, Kanzlerin Angela Merkel, EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker eingeräumt, dass der Vertragstext zum Brexit nicht mehr verändert werden kann. Es soll um zusätzliche Klarstellungen und Versicherungen gehen, wie der Vertragstext vor allem zur Vermeidung einer Grenze zwischen Irland und Nordirland ausgelegt werden soll. Einen solchen Text, der rechtlich aber eher nicht bindend wäre, kann Großbritannien mit den EU 27 sicher noch aushandeln. Aber was wäre damit gewonnnen? Ließen sich damit die konservativen Hardliner in Mays eigener Fraktion überzeugen, für den Brexit-Vertrag zu stimmen? Diese Frage konnte und wollte Frau May am Abend nicht beantworten. Darauf hat wohl auch niemand eine Antwort.

EU hat kein Interesse an hartem Brexit

Die EU wird zu allen möglichen Wendungen und Volten bereit sein, denn ein harter Brexit, also ein Ausstieg der Briten ganz ohne Vertrag, ist nicht in ihrem Interesse. Dann nämlich würde zwischen dem EU-Mitglied Irland und Nordirland, das zum Vereinigten Königreich gehört, eine Grenze zwangsläufig entstehen. Mal ganz abgesehen vom restlichen Chaos in Verkehr, Logistik und Finanzwesen.

Der Schlüssel für Theresa Mays letzten Versuch, den Brexit-Vertrag mit der EU zu retten, liegt in Dublin. Dorthin reist sie am Mittwoch. Die irische Regierung hat volle Rückendeckung von der EU und eine Art Veto-Recht. Sie wird niemals auf eine klare Rückfallversicherung für die Grenze auf der irischen Insel verzichten, sollte ein abschließendes Handelsabkommen mit Großbritannien bis Ende 2020 nicht zustande kommen. Der irische Premier Varadkar hat schon vor Mays Besuch den einzig vernünftigen Vorschlag gemacht: Großbritannien sollte den Brexit-Irrsinn abblasen oder zumindest die Verhandlungen über die Bedingungen verlängern. Das ist möglich - und im jetzigen Chaos wenigstens eine Chance, den harten Brexit am 29. März noch abzuwenden.

Der Brexit-Zirkus hat nun zum wiederholten Male in Brüssel halt gemacht. Die Vorstellungen werden immer fantasieloser. Die Clowns wirken müde. Die Chef-Dompteuse hat angekündigt, dies sei nur der Anfang von Diskussionen über den "backstop" für Irland gewesen. Bitte nicht. Das Publikum am Rand der Brexit-Manege kann es nicht mehr hören. Beifall gibt es für diese Nummer bestimmt nicht mehr.      

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union