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Das schwarze Loch Europas

Benjamin Pargan6. Dezember 2014

In Bosnien-Herzegowina blockieren nationalistische Politiker der drei Bevölkerungsgruppen jeden Fortschritt. Zwei EU-Emissäre wollten einen Neustart anregen. Aber Diplomatie reicht nicht, kommentiert Benjamin Pargan.

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Die EU-Außenpolitikbeauftragte Federica Mogherini (M) und der EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn (L) mit dem Ministerpräsidenten von Bosnien und Herzegowina und Vorsitzenden des Ministerrates, Vjekoslav Bevanda (R), Sarajevo, 05.12.2014 (Foto: klix.ba)
Federica Mogherini (m) und Johannes Hahn (l) mit Vjekoslav Bevanda (r), Ministerpräsident von Bosnien und HerzegowinaBild: Klix.ba

Entweder haben die Vertreter der Europäischen Union eine Engelsgeduld. Oder sie sind politisch und strategisch völlig blind. Oder sie haben in der Tat gar keine Wahl. Die geladenen bosnischen Politiker stritten in Sarajevo in Anwesenheit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini und des Nachbarschaftskommissars Johannes Hahn so unversöhnlich, dass die Gespräche vertagt werden mussten. Da half auch nicht, dass die Außenminister Deutschlands und Großbritanniens, Frank-Walter Steinmeier und Philip Hammond, die Verhandlungen persönlich initiiert hatten.

EU-Repräsentanten haben sich in den vergangenen zehn Jahren von den regierenden Politikern Bosnien-Herzegowinas immer wieder täuschen und für dumm verkaufen lassen. Sie haben auf die falsche Karte gesetzt: auf die nationalistisch gesinnten Politiker und ihren vorgetäuschten Reformwillen. Sie haben einer korrupten Politikerkaste wiederholt ihre hohlen Bekenntnisse zum sogenannten europäischen Weg des krisengeschüttelten Balkanlandes abgekauft. Langsam müsste eigentlich auch dem letzten Vertreter der Brüsseler Bürokratie klar sein, dass diese Politiker Bosnien-Herzegowina nicht in die EU führen können. Und dass sie es auch nicht wollen.

Bosnien-Herzegowina ist seit 2010 potenzieller Beitrittskandidat der EU. Für eine konkrete Annäherung an die Union müsste das Land Reformen einleiten - die aber würden ein Ende der Klientelpolitik bedeuten. Die politischen Vertreter der drei ethnischen Gruppen - der muslimischen Bosniaken, der orthodoxen Serben und der katholischen Kroaten - haben zwar jahrelang ihre Animositäten gepflegt. Dennoch haben sie die Ressourcen und Reichtümer des Landes reibungslos untereinander aufgeteilt. Jede Partei versorgt ihre Unterstützer mit Jobs in der Verwaltung, mit öffentlichen Aufträgen und Subventionen. Das hat jahrelang funktioniert, die Parteien wurden immer wieder in die zahlreichen Parlamente der zersplitterten politischen Strukturen gewählt. Allein deshalb blockieren ihre Führer alle Reformen, die dem Land zumindest den vollen EU-Kandidatenstatus bringen würden.

Benjamin Pargan, Bosnische Redaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Benjamin Pargan, Bosnische Redaktion der DWBild: DW/P. Henriksen

In ihrer unnachgiebigen Blockade hat sie ein Fall aus dem benachbarten Kroatien noch weiter bestärkt. Dort wurde der ehemalige Premierminister Ivo Sanader verhaftet und wegen Korruption zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Bilder des ehemaligen kroatischen Regierungschefs in Handschellen haben bleibenden Eindruck bei den führenden Politikern in Bosnien-Herzegowina hinterlassen. Sie haben ihnen vor Augen geführt, was passieren würde, wenn der bosnische Rechtsstaat - mit Unterstützung der EU - gegen Korruption vorginge. Genau deshalb sind eine unabhängige Justiz und der Kampf gegen Korruption die wichtigsten Bedingungen dafür, Beitrittsgespräche mit der Union aufzunehmen.

Korruption hart bestrafen

Es ist zwar richtig und wichtig, dass der deutsche und der britische Außenminister dem kleinen Balkanland helfen wollen, durch wirtschaftliche und politische Reformen endlich näher an die EU zu rücken. Aber dies dürfte mindestens die vierte derartige Initiative sein, und vor einem weiteren diplomatischen Versuch muss in Bosnien-Herzegowina eine strafrechtliche Offensive starten. Die EU muss die Justiz des Landes darin unterstützen, gegen korrupte Politiker vorzugehen. Das Amt des Hohen Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina sollte radikal verkleinert werde, die sündhaft teuren Beraterposten abgeschafft und das dadurch gesparte Geld den technisch und personell schlecht ausgestatteten Staatsanwaltschaften zur Verfügung gestellt werden.

In einem inoffiziellen Gespräch sagte ein westeuropäischer Diplomat jüngst mit makaberer Ironie: "Manche Politiker in Bosnien-Herzegowina haben mehr Leichen im Keller als ein Krematorium einer mittelgroßen deutschen Stadt." Erst wenn die Justiz die korruptesten politischen Führer aus dem Verkehr zieht, hat das Land eine realistische Chance, sich in Richtung EU zu bewegen. Sonst wird die jetzige deutsch-britische Initiative verpuffen wie viele andere davor.