Kirchen fordern Dank für die Einheit
3. Oktober 2010Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Bremer Sankt Petri Dom haben die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit begonnen. Unter den mehr als 1000 Gästen waren Bundespräsident Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie mehrere Bundesminister, Ministerpräsidenten, Botschafter und Bürgerdelegationen.
In seiner Predigt wies der katholische Bischof Franz-Josef Bode auf die Errungenschaften der friedlichen Wende hin. Zugleich rief er die Anwesenden auf, dankbar für die errungene Einheit zu sein. „In den gegenwärtigen Krisenzeiten in Gesellschaft, Kirche und Welt sollten wir die Dankbarkeit und Freude über ein geeintes, starkes Deutschland als Herausforderung begreifen, alles zu tun, um aus den echten, tiefen Wendekräften weiterhin Schwungkraft zu beziehen.“
Der Bischof sparte in seiner Predigt jedoch auch nicht an Kritik und verwies auf skrupellose Machenschaften nach der Wende. „Manches ist auch unter Dornen geraten, wurde überwuchert von Profitgier, von der Herrschaft des Marktes, von alten und neuen Verstrickungen der Macht.“
Problem der sozialen Spaltung
Der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche, Pastor Renke Brahms, kritisierte eine wachsende soziale Spaltung der Gesellschaft. Die Grenze verlaufe nicht mehr zwischen Ost und West. „Die Mauer, die Arm und Reich heute trennt, verläuft genauso zwischen Nord und Süd, zwischen einzelnen Kommunen und Stadtteilen“, sagte Brahms. Vor allem die Starken müssten sich an der Überwindung dieser Grenze beteiligen.
Mit Blick auf die Wirtschaftskrise fügte er hinzu: „Wer aber statt des notwendigen und gerechten Obolus für die Allgemeinheit nur den eigenen Bonus im Blick hat, ist nicht nur ein Egoist - er gefährdet die Einheit.“ Wachstum beziehe sich nicht nur auf Wirtschaft und Finanzen, sondern auch auf das Miteinander der Menschen unterschiedlicher Mentalitäten, Kulturen und Religionen, betonte der evangelische Pastor.
Nach der ökumenischen Feier soll bei einem Festakt in der Bremen Arena an 20 Jahre Einheit erinnert werden. Mit Spannung wird dabei die Rede von Bundespräsident Christian Wulff knapp 100 Tage nach seinem Amtsantritt erwartet. Auch Bundeskanzlerin Merkel, weitere Spitzenpolitiker aus Berlin und Repräsentanten der Europäischen Union werden teilnehmen.
US-Präsident Obama gratuliert
Anlässlich des offiziellen Festaktes gratulierte auch US-Präsident Barack Obama den Deutschen. In einer Erklärung des Weißen Hauses heißt es, „Wir ehren den Mut und die Überzeugung der Deutschen, die die Berliner Mauer zum Einsturz brachten und Jahrzehnte einer schmerzhaften und künstlichen Trennung beendeten.“
Es handele sich dabei um eine historische Leistung, die Freude und Hoffnung ausgelöst habe. Das Ergebnis der deutschen Einheit sei eine nie dagewesene Freiheit auf dem europäischen Kontinent und in der Welt.
Deutschland zähle zu den engsten Verbündeten und besten Freunden der USA, so Obama weiter. „Wir zollen Anerkennung für die unzähligen Beiträge der Deutschen zu unserer Geschichte und Gesellschaft.“ Die Amerikaner seien stolz auf ihre Rolle bei der Verteidigung eines freien Berlins und auf ihre Unterstützung der Deutschen bei ihrem Streben nach Menschenwürde. „Wir bleiben stolz auf unsere Partnerschaft mit unseren deutschen Alliierten.“
Moskauer Schlüsselrolle
Glückwünsche kamen auch von Kremlchef Dmitri Medwedew, der den Beitrag Russlands zu dem historischen Ereignis hervorhob. In einem Glückwunschschreiben betonte er nach Angaben des Kreml, Russland habe mit seiner „Schlüsselrolle“ nicht nur die Vereinigung Deutschlands, sondern Europas ermöglicht. Schon damals sei die Grundlage für einen „vertrauensvollen Dialog“ zwischen Russland und Deutschland geschaffen worden.
Allerorten wird gefeiert
In Bremen wird das bereits am Samstag eröffnete Bürgerfest heute fortgesetzt. In Berlin gibt es am Brandenburger Tor eine Festmeile. Der Bundestag erinnert am Abend mit einer eigenen Veranstaltung an die große Einheitsfeier vor 20 Jahren. Ebenfalls am Abend wird im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt der Einheitspreis "Quadriga" verliehen. Preisträger sind unter anderem die Bundeswehr, der griechische Premier Giorgos Papandreou sowie der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maiziere und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der vor 20 Jahren den Einigungsvertrag mit aushandelte.
Auch in anderen deutschen Städten wird der 20. Jahrestag der Wiedervereinigung gefeiert. Die zentralen Feste finden aber in Bremen statt, weil der Stadtstaat derzeit im Bundesrat den Vorsitz führt.
Autorin: Eleonore Uhlich (dpa,dapd,epd)
Redaktion: Hans Ziegler