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Kinder, Küche, Kirche: Nein danke!

Ulrike Mast-Kirschning3. August 2004

Der Vatikan hat Forderungen des Feminismus scharf kritisiert. Das jüngst in Rom veröffentlichte Grundsatz-Papier sorgte international für Aufsehen. Kritische Betrachtungen von Ulrike Mast-Kirschning.

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Die Rolle der Frau in der katholischen KircheBild: AP

Es ist wie im richtigen Leben: Während Frauen - es sind über 80 Prozent der Beschäftigten - in katholischen Krankenhäusern, Altenheimen und Kindergärten ehrenamtlich oder schlecht bezahlt ihrer zum Teil schweren Arbeit nachgehen und das Leitbild der christlichen Nächstenliebe praktizieren, wird in Männerrunden die Weltpolitik diskutiert. Kardinäle und andere führende Berater des Papstes haben in einer solchen Runde in diesen Tagen dabei eine besondere Bedrohung ausgemacht, vor der sie die Welt retten wollen: den Feminismus!

Konservativer Kampf

Der theoretische Unterbau, der in den 1970er-Jahren den Frauenrechtsbewegungen in den USA und Europa neues Leben einhauchte, führt in universitären Zirkeln längst ein Schattendasein. Während die Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes eine Erfahrung ist, die für Millionen von Frauen - rund um den Globus - tagtägliche Realität ist. Weltfremd wirkt daher das 40 Seiten umfassende Papier, das vom deutschen Kardinal Ratzinger (Foto) unterschrieben und vom deutschen Bischof Lehmann bereits als geradezu visionär gelobt wurde.

Kardinal Joseph Ratzinger
Kardinal Joseph RatzingerBild: AP

Was, so fragt man sich, hat die prominenten kirchlichen Würdenträger veranlasst, den Feminismus derart prominent zum Thema zu machen? Spätestens wenn es dabei um die Rolle der Frau geht, die - nach biblischem Vorbild - ihre vorgeblich biologisch bedingte Einfühlsamkeit in Demut und Mutterschaft zu leben habe, wird deutlich, dass sich hier konservative Kreise im weltweiten gesellschaftlichen Kampf positionieren wollen, in dem die Spannungsfelder zwischen Freiheit und Unterdrückung liegen, zwischen Aufklärung und Fundamentalismus.

Unglaubwürdige Gleichberechtigung

Priesterinnenweihe, Exkommunikation durch Papst Johannes Paul II.
Gisela Forster und Christine Mayr-Lumetzberger protestieren gegen die drohende Exkommunikation durch den Vatikan 2002. Die beiden Frauen waren von dem argentinischen Bischof Romulo Braschi zu Priesterinnen geweiht worden.Bild: AP

Auch wenn die Rechte der Frauen vorkommen, die Verfasser des Papiers waren offenbar schlecht beraten: Dass Frauen das Priesterinnenamt auch weiterhin versagt bleibt macht jedes Statement zur Gleichberechtigung von Mann und Frau unglaubwürdig. Noch gravierender aber ist, dass die biblisch begründete Frauenrolle im Geschlechterverhältnis des dritten Jahrtausends von den Beschreibungen islamischer Fundamentalisten zum Thema kaum noch zu unterscheiden ist.

Frauenrechte sind Menschenrechte - das ist der Kern des UN-Abkommens über die Rechte der Frauen, das vor allem von den islamischen Ländern - aber auch von der amtierenden amerikanischen Regierung auf vielen Ebenen bekämpft wird. Der Vatikan hat sich mit seinem Positionspapier hier eingereiht. Eine wegweisende Orientierung für das Leben der Frauen in der katholischen Kirche haben die Kirchenmänner hier ganz sicher nicht dokumentiert.

Ratgeberin: Hildegard von Bingen

Hildegard von Bingen
Die Abbildung zeigt Hildegard von Bingen an einem Schreibpult. Die deutsche Heilige wirkte als Äbtissin der von ihr gegründeten Klöster Rupertsberg und Eibingen.Bild: dpa

Die Frauen halten sich besser an die Lebensmotive einer historisch berühmten Kirchenschwester, der Äbtissin Hildegard von Bingen. Sie hat gesetzte Grenzen zur Kenntnis genommen und dann doch ihre eigenen Ideen umgesetzt. Hildegard von Bingen war als Ratgeberin bei Königen, Fürsten und Papst gefragt, denn die waren mit ihr immer gut beraten.