Kaymer Nr.1
28. Februar 2011Schnelligkeit war immer die Devise in der Karriere von Martin Kaymer – und das bei einem Menschen, der in erster Linie Ruhe, Gelassenheit und vor allem Ernsthaftigkeit ausstrahlt. Im Eiltempo entwickelte sich Kaymers Karriere, als er sich Ende 2005 entschloss, Golfprofi zu werden. Gerade einmal ein Jahr benötigte er, um sich in die höchste Golfserie, die Europa-Tour, zu spielen – etwas, das kaum ein Golfer so schnell schafft. Wieder nur ein Jahr Lernzeit gönnte sich Kaymer, ehe die ersten Erfolge zu verzeichnen waren.
Anfang 2008 gelang dem gerade einmal 23-Jährigen in Abu Dhabi der erste Turniersieg auf der Europa-Tour. Wie nerven- und charakterstark Kaymer schon war, bewies er im Sommer 2008, als er das Turnier in München nur wenige Tage nach dem Krebstod seiner Mutter gewann. 2009 dann wieder zwei Tuniersiege, diesmal sogar innerhalb von zwei Wochen, was auch eine Seltenheit im Golf ist.
Der logische Marsch an die Spitze
2010 kam dann der große Ansturm auf die Weltspitze. Kaymer gewann nicht weniger als vier Turniere, darunter mit der US-PGA-Championship sein erstes Major, eins der vier wichtigsten Turniere – so etwas wie der Ritterschlag für einen Golfer. Im selben Jahr erfüllte er sich schon einen weiteren Traum, als er mit dem europäischen Team den Ryder Cup gewann. Nach seinem erneuten Sieg in Abu Dhabi Anfang 2011 war das Erreichen der Weltranglistenposition eins nur noch eine Frage der Zeit.
In kaum einer Sportart geht man so sehr davon aus, dass ein Sportler reifen muss, wie im Golf. Mit Tiger Woods nahm ein Spieler diese These völlig auseinander, als er in gerade einmal 16 Monaten Profikarriere als 21-Jähriger auf den Golf-Thron kletterte. Martin Kaymer ist jetzt der Zweitschnellste und Zweitjüngste. Ganze fünf Jahre benötigte er, um mit 26 Jahren ganz oben zu stehen.
Fleißiger und ernsthafter Arbeiter
Dass er sein Ziel ausgerechnet bei einem Turnier im Lochspiel-Format erreicht, ist bezeichnend. Bisher hatte Kaymer in diesem Turnierformat noch keine guten Platzierungen in seiner Bilanz – was den Mann, der von sich selbst behauptet, keinen Fehler zweimal zu machen, ärgerte und vor allem anspornte. Kaymer ist bekannt dafür, hart und intensiv im Training an seinen Schwächen zu arbeiten. Im Gegensatz zu vielen Spielern trainiert er mit demselben Spaß, wie er seine Turniere angeht. "Wenn man seinen Sport nicht wirklich gerne mag, hat es keinen Sinn. Je mehr man investiert, desto mehr bekommt man zurück", ist die Devise eines Mannes, der sich gegen eine Fußballkarriere und für Golf entschieden hat, weil er nur selbst verantwortlich für seine Leistung sein wollte.
"Er hat einen alten Kopf auf einem jungen Körper", hat Bernhard Langer einmal über Kaymer gesagt. Er meinte damit, dass dieser nichts unbedacht tut und bei allen Erfolgen nicht die Gefahr besteht, dass der fest in seiner Familie verankerte Kaymer angesichts der Erfolge einmal abheben könnte.
In einem Punkt muss Kaymer seinem Vorbild Langer übrigens den Vortritt lassen, da war er einmal nicht der Schnellste. Langer war im April 1986 der erste Deutsche an der Spitze der Weltrangliste. Dort hielt er sich aber nur drei Wochen – und kein Beobachter der Szene bezweifelt, dass Kaymer diese Zeitspanne locker übertreffen wird.
Autor: Wolfgang van Kann (mit sid, dpa)
Redaktion: Stefan Nestler