Karim Matmour im Portrait
14. Dezember 2010Die 100 Meter rennt Karim Matmour unter 11 Sekunden. Sein Spitzname "Flitzer" erklärt sich daher von selbst. "Die Schnelligkeit ist meine große Stärke", betont der 1,81 Meter große Stürmer selbst. Und genau deswegen hat ihn Borussia Mönchengladbach auch geholt: Er soll sein hohes Tempo nutzen, um über die Außenbahnen ein, zwei Gegenspieler zu überlaufen, dann zu flanken oder auch selbst den Abschluss zu suchen.
Besser Fußball als herumzulungern
Aufgewachsen ist Karim Matmour mit seinen fünf Geschwistern in Straßburg in Frankreich. Dorthin zogen seine Eltern, als sie aus Algerien auswanderten. Zunächst nur der Vater, der als Bauarbeiter sein Geld verdiente. 1984, ein Jahr vor Karims Geburt, kamen seine Mutter und seine Geschwister nach. Als Fünfjähriger trat Matmour seinem ersten Fußballverein bei, Vauban Strasbourg. "Meine Mutter war froh, wenn ich Fußball gespielt habe. Dann wusste sie, dass ich nirgendwo herumlungern würde", erzählt der heute 25-Jährige. Allerdings war das Fußballspielen an eine Bedingung geknüpft: "Die Noten in der Schule mussten stimmen, dann durfte ich auch kicken gehen." Während er für das Abitur lernte, spielte Karim Matmour ein Jahr lang keinen Fußball: "Das war die schlimmste Zeit in meinem Leben."
Angst vor der Fremde
Als er 19 Jahre alt war, wagte Matmour den Schritt ins Ausland: Er wechselte zum damaligen Zweitligisten SC Freiburg. "Ich hatte Angst, nach Deutschland zu kommen", gibt der Stürmer zu. Nicht wegen des Landes, sondern weil er die Sprache nicht sprach. "Irgendwann habe ich gesagt, ich probiere es mal. Und ich habe Glück gehabt mit Freiburg. Dort waren alle richtig nett zu mir und haben alles getan, damit ich mich heimisch fühlte." Zunächst spielte er in der Amateurmannschaft, seit Januar 2006 bei den Profis. Im Laufe der Rückrunde entwickelte sich Karim Matmour zum Leistungsträger und Stammspieler der Freiburger.
So wurde auch der algerische Fußballverband auf ihn aufmerksam. Zwar hatte sich schon in seiner Jugend der französische Verband bei ihm gemeldet, aber für Karim Matmour stellte sich nie die Frage, für welches Land er spielen würde. "Ich bin zwar Franzose, aber meine Familie hat immer die algerische Kultur gelebt. Ich möchte diesem Land etwas zurückgeben." Im Februar 2007 gab Matmour sein Debüt im algerischen Nationaltrikot.
Fehlende Spielübersicht
Auch auf Vereinsebene ging es weiter voran: 2008 wechselte Karim Matmour in die Bundesliga zu Borussia Mönchengladbach. "Ich hatte einmal mit Freiburg im Borussen-Stadion gespielt. Diese Atmosphäre, die Fans, das war unglaublich für mich." Richtig durchsetzen konnte sich Matmour bei den Gladbachern bisher aber nicht.
Häufig fehlt ihm die Spielübersicht. So verschläft er entscheidende Momente, in denen ein gedankenschnelles Abspiel nötig wäre, und verdribbelt sich stattdessen. Zudem ist er beim Torabschluss nicht gefährlich genug. Noch nicht einmal ein halbes Dutzend Tore sind dem Spieler mit der Trikotnummer 40 bisher gelungen – zu wenig für einen Stürmer, weiß auch Karim Matmour: "Ich muss weiter an mir arbeiten."
WM-Ticket gelöst
Ein Problem sei, dass er oft zu sehr an die anderen Spieler denke und einen Pass spiele, anstatt selbst durchzustarten oder auf das Tor zu schießen. "Ich müsste wohl häufiger egoistisch sein, aber das fällt mir schwer." Auch in der Nationalmannschaft muss Karim Matmour noch torgefährlicher werden. Ein wichtiger Treffer gelang ihm jedoch in der WM-Qualifikation im Hinspiel gegen Ägypten vor einem Jahr. Nachdem beide Teams punkt- und torgleich waren, musste ein Entscheidungsspiel her. Algerien gewann knapp und qualifizierte sich damit erstmals seit 24 Jahren wieder für eine Weltmeisterschaft.
"Fast schon ein Deutscher"
"Millionen Menschen haben uns zugejubelt. Wir haben für eine Zehn-Kilometer-Strecke mit dem Bus fünf oder sechs Stunden gebraucht, weil die Straßen voller Menschen waren. Ein unvergessliches Erlebnis." Bei der WM in Südafrika war dann jedoch schon nach den drei Vorrundenspielen Endstation. "Uns hat die Erfahrung gefehlt. Beim nächsten Turnier werden wir besser auftreten", verspricht Karim Matmour. Nun will er sich aber erst einmal ganz auf den Alltag konzentrieren und das heißt: Abstiegskampf mit Borussia Mönchengladbach in der Bundesliga.
Am liebsten würde Karim Matmour bis zu seinem Karriere-Ende in Detuschland spielen. "Die Bundesliga gehört mit der englischen und spanischen Liga zu den besten der Welt. In naher Zukunft aber wird sie die Nummer eins sein." Auch privat kann sich Karim Matmour vorstellen, in Deutschland zu bleiben. "Ich fühle mich schon fast wie ein Deutscher. Die Leute sind sehr nett und korrekt. Ich fühle mich hier sicher und sehr wohl."
Autorin: Sarah Faupel
Redaktion: Stefan Nestler