Erster Nordkoreaner in Deutschland
14. Oktober 2010In diesem Sommer wechselte Chong Tese von der japanischen J-League ins Ruhrgebiet zum VfL Bochum. In Japan spielte er für Kawasaki Frontale und erzielte in 111 Spielen 46 Tore. Seine Torgefahr stellte Chong auch in Deutschland schon unter Beweis. Am ersten Spieltag gelangen dem 26-Jährigen gegen 1860 München zwei Tore für sein neues Team; Bochum gewann das Spiel 3:2.
Von langer Eingewöhnungszeit, wie sie Manager Thomas Ernst befürchtet hatte, also keine Spur. Denn nicht nur auf dem Spielfeld hat sich Chong gut eingeführt, auch neben dem Platz hat er innerhalb kürzester Zeit Anschluss gefunden. Er lernt fleißig Deutsch, lacht viel und ist bei seinen Mannschaftskollegen sehr beliebt. Chong ist keiner, der sich abschottet, er genießt das Leben und will dazugehören.
Multikulturelle Wurzeln
Seinen ersten großen Auftritt hatte Chong bei der Weltmeisterschaft im Trikot der Nordkoreaner. Bei der Nationalhymne seines Landes musste er weinen, die Bilder gingen um die Welt - Chong Tese war berühmt! "Es war schon immer ein großer Traum für mich, einmal Nationalspieler zu werden. Als ich die Hymne hörte, haben mich meine Gefühle einfach überwältigt," sagt Chong.
So viel Patriotismus für ein Land, in dem er selbst nie gelebt und das er vor der Weltmeisterschaft nur für ein paar Wochen besucht hat? Die Antwort ist in seinen multikulturellen Wurzeln zu finden. Geboren und aufgewachsen ist der 26-Jährige nicht in Nordkorea, sondern in Japan. Sein Vater ist Nordkoreaner und seine Mutter Südkoreanerin. In Japan besuchte er Schulen, die von der nordkoreanischen Regierung finanziert wurden. Chong Tese selbst besitzt die südkoreanische Staatsbürgerschaft, hat aber auch einen nordkoreanischen Reisepass. Er hätte auch für Japan oder Südkorea Fußball spielen können, entschied sich vor drei Jahren aber für das Heimatland seines Vaters.
Verpflichtung nicht ganz einfach
In Bochum war der 26-Jährige schon lange vor seinem WM-Auftritt bekannt. Durch eine DVD wurde der Klub aus dem Ruhrgebiet auf den asiatischen Stürmerstar aufmerksam. Nach einigen persönlichen Beobachtungen des Spielers entschieden sich die Bochumer für eine Verpflichtung. Bereits vor der Weltmeisterschaft wollten die Bochumer um Manager Thomas Ernst den Vertrag mit Chong Tese in trockenen Tüchern wissen; doch die endgültige Unterschrift des Nordkoreaners fehlte. Während der WM wurde die nordkoreanische Nationalmannschaft abgeschottet – Bochums Manager Thomas Ernst musste warten. "Man weiß nie, was im Fußball passieren kann, gerade wenn ein Spieler auf einer Bühne wie der WM steht." Ernsts Befürchtungen, ein anderer Verein könne an einer Verpflichtung interessiert sein, blieben aus und kurze Zeit nach dem Turnier unterschrieb Chong Tese seinen ersten Profivertrag in Deutschland.
"Auf eine gute Saison"
Aufgrund seiner Spielweise wurde Chong Tese bekannt als der `Wayne Rooney Asiens´. Neben dem englischen Nationalspieler zählte aber auch Didier Drogba zu seinen Vorbildern. Während der WM konnte sich Chong seine Idole aus nächster Nähe ansehen. "Eigentlich war Drogba mein Vorbild, doch dann habe ich bei der WM Wayne Rooney gesehen. Und jetzt möchte ich lieber mit ihm verglichen werden", erzählt der 26-Jährige.
Für Manager Thomas Ernst ist Chong Tese schon jetzt eine Bereicherung für den VfL Bochum. "Er ist ein sehr körperbetonter Spieler, der direkt den Weg zum Tor sucht, einen tollen Schuss hat, aber auch gute Bewegungen im 16-Meterraum drauf hat." Mit Chong soll der direkte Wiederaufstieg in die erste Bundesliga gelingen. Trifft er weiter, dann wird es eine gute Saison für die Bochumer. Ganz so, wie es der 26-Jährige bei seiner Vorstellung am 20. Juli auf Deutsch verkündete: "Auf eine gute Saison," wünschte er sich und den Bochumer Fans.
Autor: Thomas Klein
Redaktion: Wolfgang van Kann