Griechenland-Türkei Streit geht weiter
24. Januar 2008Der griechische Regierungschef Kostas Karamanlis hat bei seinem historischen Besuch der Türkei gemeinsam mit seinem türkischen Amtskollege Recep Tayyip Erdogan einen Ausbau der Zusammenarbeit der beiden Länder angekündigt. Beide waren sich am Mittwoch (23.01.2008) einig, dass eine Friedenslösung für die geteilte Insel Zypern, langzeitiger Streitpunkt der Nachbarstaaten, gesucht werden müsse. Wie so eine Lösung aussehen könnte, wurde jedoch nicht angekündigt. Ankara müsse seine Beziehungen zu der Regierung des griechischen Teils von Zypern verbessern, so Karamanlis.
Forderungen werden gestellt
Die Zypern-Frage ist eins der großen Probleme der Türkei auf ihrem angestrebten Weg in die Europäische Union. Karamanlis, der die Bewerbung der Türkei um einen Beitritt zur Europäische Union unterstützt, forderte deshalb am ersten Tag seines dreitägigen Besuchs Erdogan dazu auf, das internationale Recht und die Rechte von Minderheiten einzuhalten. Das gehöre zu den wichtigsten Kriterien für einen Beitritt in die EU, sagte Karamanlis. Erdogan erwiderte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz, Griechenland müsse seinen Verpflichtungen zum Schutz der türkisch-sprechenden muslimischen Minderheit in Nordgriechenland nachkommen. Karamanlis forderte zudem, die Türkei müsse das griechisch-orthodoxe Seminar bei Istanbul wieder öffnen. Erdogan zufolge wird derzeit an einer Lösung gearbeitet.
Nachbarschaftsstreit mit Versöhnung?
Die Türkei und Griechenland waren lange verfeindet. Die Wurzeln reichen zurück bis zum Unabhängigkeitskrieg der Griechen gegen das Osmanische Reich 1821 bis 1830. Seit 1959, als Karamanlis' Onkel Konstantin Karamanlis in die Türkei kam, hat kein griechischer Regierungschef mehr dem Nachbarn einen offiziellen Besuch abgestattet. Die beiden Hauptstreitpunkte sind das geteilte Zypern und der Verlauf ihrer gemeinsamen Grenze im Mittelmeer.
Mit seinem Besuch in Ankara beantwortet Karamanlis einen Besuch Erdogans in Athen vor vier Jahren. Den beiden wird ein gutes Verhältnis nachgesagt. Im November 2007 hatten Karamanlis und Erdogan gemeinsam eine knapp 300 Kilometer Erdgasleitung zwischen beiden Ländern eingeweiht. Diese Art gemeinsamer Projekte ist Teil der türkisch-griechischen Aussöhnung, die nach den schweren Erdbeben in beiden Ländern im Jahr 1999 begann, und wurde als Zeichen für eine Verbesserung der Beziehungen der beiden Länder gedeutet.
Spannungen bleiben
Besonders in Griechenland zweifelt jedoch die Bevölkerung, dass Karamanlis und Erdogan am Ende des Besuchs bahnbrechende Vereinbarungen bezüglich der wichtigsten Streitfragen verkünden werden. Denn erst am vergangenen Wochenende gab es wieder Spannungen zwischen griechischen und türkischen Kriegsschiffen in der Ägäis. Wie im Jahr 1996, als beinahe ein Krieg zwischen den beiden NATO-Partnern ausgebrochen wäre, ging es erneut um die Abgrenzung der Hoheitsgewässer um eine unbewohnte Felseninsel in der Ägäis, die bei den Griechen Imia heißt und bei den Türken Kardak.
Karamanlis hatte vergangene Woche gesagt, seine Regierung sehe seinem Türkei-Besuch "weder mit übermäßigem Optimismus noch Pessimismus" entgegen. Ziel sei eine "schrittweise Wiederherstellung gegenseitigen Vertrauens", um die griechisch-türkischen Beziehungen zu normalisieren. Seit 1999 halten sich beide Seiten an den Grundsatz: Man kann über alles reden, was Vertrauen schafft, aber man sollte über nichts sprechen, was das neu gewonnene Vertrauen aufs Spiel setzen könnte. Die richtig schwierigen Themen werden während des restlichen Besuchs deshalb wohl ausgeklammert. (rbb)