Trübe Aussichten
6. November 2008Angesichts der weltweiten Finanzkrise hat der IWF am Donnerstag (06.11.2008) seine erst im Oktober veröffentlichte Prognose korrigiert. Die globale Wirtschaft werde nur um 2,2 Prozent wachsen und nicht wie zuvor geschätzt um drei Prozent. Damit sind nach IWF-Kriterien die Voraussetzungen für eine Rezession erfüllt - davon wird bei einem Wirtschaftswachstum von unter drei Prozent gesprochen.
Besonders betroffen sind die Industriestaaten. Deren Wirtschaft zusammengenommen wird nach IWF-Angaben 2009 um 0,3 Prozent schrumpfen, in Deutschland werde das Minus sogar 0,8 Prozent betragen, in der gesamten Euro-Zone 0,5 Prozent. Vor einem Monat noch hatte der Währungsfonds für Deutschland zumindest ein so genanntes Nullwachstum prognostiziert.
In den USA sieht es nicht viel besser aus. Die Amerikaner müssen sich auf ein geringes Wachstum von 0,7 Prozent einstellen. Wegen schlechter Arbeitsmarktaussichten und nachlassenden Investitionen werde der Konsum nachlassen.
Positive Entwicklung in Schwellenländern
Die Entwicklung in den Entwicklungs- und Schwellenländern wird dagegen positiv gesehen. Dort erwartet der IWF für 2009 ein Wachstum von 5,1 Prozent, ein Prozent weniger als im Oktober vorausgesagt. Besonders die Staaten in Ost-Asien inklusive China präsentierten sich robust. Sie profitierten unter anderem von fallenden Rohstoffpreisen.
Allerdings werde auch der Wachstumsmotor in Asien etwas ins Stottern geraten. Für 2009 werde ein Plus von 7,1 Prozent erwartet, 0,6 Prozentpunkte weniger als im Vormonat geschätzt.
Olivier Blanchard, Chefökonom beim Internationalen Währungsfonds, warnte vor einer Verschlechterung der Kreditbedingungen für Schwellenländer. Auf dem Weltfinanzgipfel in Washington am 15. November müssten die 20 führenden Wirtschaftsnationen zudem globale Finanzmaßnahmen treffen. Geschehe das, so Blanchard, könnten sich die Prognosen für 2009 noch verändern. Außerdem gebe es in einer Reihe von Staaten genug Raum für weitere Zinssenkungen, um die Wirtschaft anzukurbeln.
EZB senkt Leitzins erneut
Die Europäische Zentralbank beherzigte den Ratschlag. Sie senkte am Donnerstag die Zinsen erneut. Der für die Banken wichtige Leitzins im Euroraum wurde um 0,5 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent gesenkt. Andere Zentralbanken - die britische Zentralbank, die Schweizer Notenbank und die Dänische Zentralbank - schlossen sich an.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet betonte die große ökonomische Unsicherheit angesichts der sich immer weiter zuspitzenden Finanzmarktkrise. "Außergewöhnliche Herausforderungen liegen vor uns", so Trichet. Das Direktorium habe sogar überlegt, den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte zu senken. Er schloss eine erneute Senkung in naher Zukunft nicht aus.
Mehrfach unterstrich der EZB-Präsident auch die Verantwortung der Geldinstitute. "Wir erwarten, dass der Bankensektor seinen Beitrag dazu leistet, Vertrauen wieder herzustellen".
Bankenverbände in Deutschland begrüßten die EZB-Entscheidung. So bezeichnete der Sparkassen- und Giroverband die Leitzinssenkung als "weiteren wichtigen Beitrag zur Entschärfung der Situation auf den Geldmärkten". Der Bundesverband deutscher Banken sprach von einer richtigen Reaktion angesichts der sich verschlechternden wirtschaftlichen Aussichten im gemeinsamen Währungsraum. (hy)