Pakistan Pipeline
12. März 2013Die Idee, Pakistan mit iranischem Erdgas zu versorgen, ist nicht neu. 1994 begannen beide Seiten Gespräche über das Projekt. Ein Jahr später wurde ein Vorvertrag unterzeichnet. Auch Indien unterzeichnete 1999 einen solchen Vertrag mit dem Iran. Wegen angeblich zu hohen Kosten und Sicherheitsrisiken stieg Indien 2009 aus dem Projekt aus.
Die US-Regierung steht dem Pipeline-Projekt wegen des Streits um das iranische Atomprogramm ablehnend gegenüber. Auch die jetzige pakistanische Regierung steht unter dem Druck der USA, aus dem Projekt auszusteigen. Direkt Bezug nehmend auf das Treffen der Präsidenten Mahmud Ahmadineschad und Asi Ali Zardari zeigte sich US-Außenamtsprecherin Victoria Nuland am Montag (11.03.2013) "besorgt"darüber, dass das amerikanische Gesetz über Sanktionen gegen den Iran zur Anwendung kommen werde, sollte das Pipeline-Projekt konkrete Gestalt annehmen: "Wr haben unseren pakistanischen Kollegen dies klar gemacht."
Pakistans chronische Energiekrise
Der pakistanische Sicherheitsexperte Ikram Sehgal glaubt nicht an die amerikanische Sanktionsdrohung. "Die Energieknappheit macht unserer Wirtschaft zu schaffen. Industriebetriebe müssen schließen, Dienstleistungen werden eingestellt. Es gibt mehr Arbeitslose und höhere Inflation.“ Die amerikanische Regierung wisse selbst am besten, dass, wenn die pakistanische Wirtschaft zusammenbricht, dies zu einer massiven Krise im Land führen würde. "Ich glaube deshalb, dass es mit diesem Projekt weitergehen wird", so Ikram Sehgal.
Auch Pakistan-Experte Christian Wagner von der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) hält die Sanktionsdrohung für stumpf angesichts der Tatsache, dass Pakistan faktisch pleite sei. Auch könnten die USA an einem Abgleiten Pakistans ins Chaos nicht interessiert sein. Er rechne allenfalls mit symbolischen Sanktionen als Reaktion der USA auf Fortschritte bei dem Projekt. Pakistans Informationsminister Qamar Zaman Kaira sagte, man sei sich der Androhung von Sanktionen bewusst, aber die nationalen Bedürfnisse Pakistans hätten Priorität. "Wir werden die Amerikaner überzeugen, ihre Sanktionen nicht anzuwenden", so Kaira.
Laut Wagner ist das Pipeline-Projekt von enormer Bedeutung, um die Energiekrise des Landes in den Griff zu bekommen. Strom- und Gasengpässe sind an der Tagesordnung. Es kommt fast täglich zu Demonstrationen und Ausschreitungen gegen die Regierung. Darüber hinaus sei das Projekt auch Zeichen einer gewissen Annäherung an den Iran, was gerade angesichts der jüngsten blutigen Attentate auf die schiitische Minderheit Pakistans nicht zu unterschätzen sei, meint Südasien-Experte Wagner.
Alles nur Wahlkampf?
Für Beobachter ist es kein Zufall, dass das Projekt gerade jetzt, kurz vor dem Ablauf der Regierungszeit von Präsident Zardari und seiner Pakistanischen Volkspartei (PPP), öffentlichkeitswirksam vorangetrieben wird. So sagt der frühere Staatssekretär im Außenministerium, Shamshad Ahmad Khan, die Regierung habe aus reinem Opportunismus kurz vor Ablauf ihrer Amtszeit und vor den Wahlen das Pipeline-Projekt mit dem Iran weitergetrieben und den Vertrag mit China über den Seehafen Gwader abgeschlossen. "Wenn es hier um Interesse des Landes ginge, hätte man die Entscheidungen schon vor fünf Jahren treffen sollen. Die Energie- und Stromknappheit dauert schon fünf Jahre und wurde immer schlimmer“, so Shamshad Ahmad Khan. Tatsächlich aber habe die Regierung von Präsident Zardari jahrelang keine Rücksicht auf die Leiden der Bevölkerung genommen.
Die Gesamtlänge der geplanten Pipeline beträgt mehr als 2000 Kilometer, davon 1220 auf der iranischen und 780 Kilometer auf der pakistanischen Seite. Bislang sind erst 900 Kilometer Pipeline von den iranischen Gasfeldern South Pars in Richtung pakistanische Grenze verlegt worden. Ob das Projekt wie geplant bis Ende 2014 fertig gestellt werden kann, wird von Beobachtern bezweifelt. Vor allem, weil unklar ist, wie Pakistan die geschätzten Kosten von 1,5 Milliarden US-Dollar aufbringen kann. Iran hat einen Kredit von 500 Millionen US-Dollar zugesagt. Pakistans Informationsminister Kaira versicherte jedenfalls, dass das Projekt schon seit Jahrzehnten diskutiert und jetzt nicht an einem "vergleichsweise geringen Geldbetrag" scheitern werde.